Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)
Nr. 416 Sachsenhagen, Schloss 1595–1601
Beschreibung
Zwei Wandbrunnenschalen. Stein. Die als Gegenstücke gearbeiteten Wandbrunnenschalen wurden nachträglich zu einer einzigen achtseitigen Schale zusammengefügt, wobei die beiden Nahtstellen jeweils auf der Mitte einer Seite liegen.1) Die Brunnenschale, die im 20. Jahrhundert zwischenzeitlich im Ortsinneren von Sachsenhagen stand, dann in der Nähe des Schlosses in einer Wiese lag, wurde 2012 auf dem Platz vor dem Schlossturm auf einem neuen Sockel aufgestellt.2) Die Inschriften laufen jeweils erhaben in vertiefter Zeile am oberen Rand um. Die Schalen zeigen deutliche Verwitterungsspuren; zudem sind am oberen Rand einzelne Stellen ausgebrochen, so dass die Inschriften nicht mehr durchgängig lesbar sind. Auf den mittleren Wandungen der Schalen Beschlagwerkornamente und Engels- und Maskenköpfe, die äußeren Abschnitte der Wandung sind mit schlichteren Ovalen verziert.
Maße: H.: 57 cm; B.: 178 cm (I), 186,5 cm (II); Bu.: 6–6,5 cm (I), 7 cm (II).
Schriftart(en): Kapitalis.
- I
VON GOTTES / GNADEN ER[NST] GRAFF / ZV HO[ . . . . . . ]a) SCHOWEN/BVR[ . . . . . R]NEBER[ . ]Kb) HER/R ZV GEHMENc) (ET)Cd)
- II
[I]OH 4 · [F]ELIX / QVI SACROS FONTES ET / [FLVM]INAe) VITAE ·VNDE NEC / VLLA FAMES NEC SIT[IS] / VLLA BIBITf)3) ·
Übersetzung:
Selig, wer die heiligen Quellen und das Wasser des Lebens trinkt, wonach sich kein Hunger und Durst mehr einstellt. (II)
Versmaß: Elegisches Distichon (II).
Textkritischer Apparat
- Zu ergänzen zu HO[LSTEIN].
- Zu ergänzen zu SCHOWEN/BVR[G STER]NEBER[G]K.
- GEHMEN] Gehwen Hesse, Aus dem ehemaligen hessischen Kreise Grafschaft Schaumburg.
- Befund: et-Ligatur und C. ETC. fehlt Hesse, Aus dem ehemaligen hessischen Kreise Grafschaft Schaumburg.
- [FLVM]INA]] Numina Hesse.
- NEC / VLLA FAMES NEC SIT[IS] / VLLA BIBIT] Villa Fames Nec Sitis Villa Bibit Bruck; VILLA BIBIT NEC VILLA FAMES NECSITIS Soenke; Nec Villa Fames Sitis Villa Bibit Munk.
Anmerkungen
- So bereits auf einer Fotografie in Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, Tafel 130 zu sehen.
- Kreft/Soenke, Weserrenaissance, S. 309; Schaumburger Nachrichten vom 19.7.2012.
- Nach Io 4,13f.: Qui autem biberit ex aqua quam ego dabo ei, non sitiet in aeternum, sed aqua quam dabo ei fiet in eo fons aquae salientis in vitam aeternam. („Wer aber von dem Wasser trinkt, das ich ihm geben werde, den wird in Ewigkeit nicht dürsten, sondern das Wasser, das ich ihm geben werde, wird in ihm zu einer Quelle werden, deren Wasser ins ewige Leben sprudelt.“)
- Soenke, Johann Robyn, S. 133f.; Kreft/Soenke, Weserrenaissance, S. 309.
- S. Einleitung Kap. 3.1.; vgl. Bei der Wieden, Ein norddeutscher Renaissancefürst, S. 19.
Nachweise
- Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg, S. 103.
- Bruck, Ernst zu Schaumburg, S. 7.
- Hesse, Aus dem ehemaligen hessischen Kreise Grafschaft Schaumburg, S. 346.
- Hesse, Heimatkundliche Wahrzeichen, S. 193f., Nr. 640.
- Soenke, Johann Robyn, S. 134.
- Munk, Sachsenhagen, S. 43.
Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 416 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0041607.
Kommentar
Die Kapitalis gleicht derjenigen auf der Giebelbekrönung einer Utlucht am Stadthäger Rathaus (Nr. 358; vgl. die Schriftbeschreibung dort u. Einleitung Kap. 8.4) und auf der Sonnenuhr in Remeringhausen (Nr. 356). Hervorstechendste Gemeinsamkeit ist das leicht eingerollte untere Bogenende des C. Anhand sonstiger stilkritischer Merkmale hat bereits Jürgen Soenke vermutet, dass das Brunnenbecken ebenfalls von dem Bildhauer Johann Robin stammt.4)
Während das Becken mit der deutschsprachigen Inschrift, die die Titulatur des Grafen Ernst von Holstein-Schaumburg enthält, Maskenköpfe zeigt, ist das Becken mit der lateinischen Bibelparaphrase mit Frauen- und Engelsköpfen geschmückt. Dieses Becken repräsentiert mit seinem Bezug auf die Samariterin des Johannesevangeliums, die Wasser aus einem Brunnen schöpft, eher das weibliche Element.
Die Brunnenbecken entstammen der Zeit, als das Schloss Sachsenhagen Graf Ernst von Holstein-Schaumburg als Residenz diente. Er begann 1595 mit dem Ausbau der alten Wasserburg in Sachsenhagen (vgl. auch Nr. 362 u. 417). Nach Abschluss der Bauarbeiten heiratete er 1597 Hedwig von Hessen-Kassel. Das Paar lebte in Sachsenhagen, bis Ernst nach dem Tod seines Bruders Adolf XIV. 1601 an die Regierung der Grafschaft Schaumburg gelangte.5)