Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 414 Privatbesitz 1601

Beschreibung

Gemälde. Öl auf Holz. Porträt der Anna von Bismarck. Das Bild, das aus Remeringhausen stammen soll, zeigt Anna von Bismarck als Ganzfigur, umrahmt von einem grünen Vorhang. Sie ist bekleidet mit einem lachsrosafarbenen, gemusterten Kleid mit Radkragen und einem schwarz-grünen Umhang. Auf der Brust ein Goldgehänge, der Kopf mit einer perlenbesetzten Haube bedeckt. In den vor dem Körper zusammengelegten Händen hält sie ihre Handschuhe. Auf einem Tisch im Hintergrund ein Buch. Oberhalb ihres Kopfes ist die Inschrift A in Gold auf braunem Grund aufgemalt. Links und rechts der Inschrift jeweils ein Vollwappen. An ihrem rechten Handgelenk ein Armband, das an zwei querrechteckigen Gliedern jeweils ein Vollwappen zeigt; das obere Glied zeigt beiderseits des Oberwappens die Initialen B1, das untere Glied die Initialen B2. Das Armband an ihrem linken Handgelenk zeigt ebenfalls an zwei querrechteckigen Gliedern jeweils ein Vollwappen; das obere Glied zeigt beiderseits des Oberwappens die Initialen B3, das untere die Initialen B4. Zugehöriger, reich verzierter Rahmen. Das Gemälde bildet das Gegenstück zu dem Porträt Nr. 413.

Maße: H.: 215,5 cm; B.: 106,5 cm (ohne Rahmen), Bu.: 0,7 cm (A), 0,3 cm (B).

Schriftart(en): Kapitalis mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. A

    M(EINE) . H(OFFNVNG) . Z(V) . G(OTT) .1) / ANNA VON BISSMARCK ABRAHAMI FILIA NATA / A(NN)O 1584, HAEC IMAGO PICTAa) EST A(NN)O 1601 · / A . I . H .

  2. B1

    L(VDOLF) V(ON) // M(VNCHAVSEN)

  3. B2

    A(NNA) V(ON) // B(ISMARCK)

  4. B3

    A(NNA) V(ON) // B(ISMARCK)

  5. B4

    L(VDOLF) V(ON) // M(VNCHAVSEN)

Übersetzung:

Anna von Bismarck, die Tochter Abrahams, geboren im Jahr 1584. Dieses Bild wurde im Jahr 1601 gemalt von I. H. (A)

Wappen:
Bismarck2)Schenk3)
Münchhausen,4) Bismarck
Bismarck, Münchhausen

Kommentar

Anna von Bismarck wurde entgegen der Angabe auf dem Gemälde am 26. April 1585 in Krevese (Lkr. Stendal, Sachsen-Anhalt) als Tochter des Abraham von Bismarck auf Schönhausen und Krevese und der Anna Schenk von Flechtingen-Dönstedt geboren.5) Ihr Vater Abraham von Bismarck starb bereits 1589, die Mutter starb vor 1600 in Magdeburg.6) Anna von Bismarck wurde daraufhin von ihrer Tante Leveke Schenk, der Witwe des Jürgen von Mengersen, in Hess. Oldendorf (Lkr. Hameln-Pyrmont) erzogen.7) Leveke Schenk übernahm eine Vermittlerrolle bei der Eheanbahnung zwischen der 15-jährigen Anna von Bismarck und Ludolf von Münchhausen (Nr. 413).8) Immer wieder zitiert, wenn auch in verschiedenen Varianten, wird die Anekdote von Ludolfs Brautwerbung, der gesagt haben soll: Anneke! wult du, sau wult du! süss gifft et der Meumkens-Döchter noch mehr.9) Die Hochzeit wurde vom 19. bis zum 24. Mai 1600 in Hess. Oldendorf gefeiert.10) Die vorliegenden beiden Gemälde, die im Jahr danach entstanden, sind als Hochzeitsbilder einzustufen.11)

Anna erhielt jährlich 100 Reichstaler von Ludolf von Münchhausen, über die sie eigenständig verfügte. Die Beziehung zwischen Ludolf und Anna beschreibt Brage Bei der Wieden anhand des erhaltenen Briefwechsels als von aufrichtiger Zuneigung geprägt. Dieses Bild vermittelt auch die Leichenpredigt, die hier über die sonst übliche Topik hinausgeht: Wie Christlich / freundlich vnd lieblich er [= Ludolf] nu mit deroselben vber die viertzig Jahr gelebet / ist männiglichen wol bewust vnd bekand: Es ist gleichsam ein Hertz vnd eine Seele bey ihnen gewesen / vnd haben in einer so gewünscheten correspondentz vnd Einigkeit mit einander gelebet / daß sie billich vielen andern zu einem löblichen Bilde vnd Exempel der Nachfolge können vorgestellet werden.12) Zu Fragen der gemeinsamen Wirtschaftsführung äußerte Anna offen ihre Meinung.13)

Zwischen 1602 und 1623 gebar Anna von Bismarck 18 Kinder, darunter Ludolf (Nr. 573), Abraham (Nr. 543), Ernst Friedrich (Nr. 585), Christian (Nr. 623) und Gertrud (Nr. 627).14)

Anna von Bismarcks Todesjahr ist unbekannt; aus der 1644 im Druck erschienenen Leichenpredigt auf ihren Sohn Christian geht hervor, dass sie damals noch am Leben war.15)

Textkritischer Apparat

  1. PICTA] fehlt Kdm.

Anmerkungen

  1. Dielitz, Wahl- und Denksprüche, S. 188.
  2. Wappen Bismarck (Kleeblatt, mit drei Eichenblättern besteckt); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 3, Reihe 3B, S. 5 u. Tafel 10.
  3. Wappen Schenk (zwei nach links laufende Wölfe (?) übereinander); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 6, Abt. 11, S. 52 u. Tafel 30. Bei Siebmacher lautet die Blasonierung: zwei laufende Biber übereinander; angemerkt wird dazu: „Aeltere Siegel zeigen freilich Wölfe oder diesen ähnliche Tiere“.
  4. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  5. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 88, Anm. 84 mit Verweis auf die Remeringhäuser Chronik; vgl. von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 217, S. 105.
  6. Bernd-Wilhelm Linnemeier, Leveke von Mengersen geb. Schenk von Flechtingen (1564-1644). Eine altmärkische Adelige im weserländischen Exil, in: Jahresbericht des Altmärkischen Vereins für vaterländische Geschichte zu Salzwedel e. V. 82 (2012), S. 31–87, dort S. 42.
  7. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 89; Linnemeier (wie oben Anm. 6), S. 63.
  8. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 89; Linnemeier (wie oben Anm. 6), S. 63f. Zwischen Leveke Schenk und dem Ehepaar bestand reger Kontakt, auch brieflicher, nicht ohne den einen oder anderen Zwist zwischen Tante und Nichte. Anna von Bismarck und Ludolf von Münchhausen vertrauten ihr ihre Tochter Dorothea zeitweise zur Erziehung an (Linnemeier, S. 64–66). Für drei der Kinder Ludolfs und Annas fungierte Leveke Schenk als Patin (B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 99).
  9. „Anneke, willst du, so willst du. Sonst gibt es noch mehr Töchter von Müttern.“ (B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 88). Vgl. von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, Nr. 217, S. 105: Anneke, wutt Du meck oder wutt Du meck nich.
  10. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 89f.
  11. Katalog Adel im Weserraum, S. 126f.
  12. Leichenpredigt für Ludolf von Münchhausen, S. 33.
  13. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 91–94.
  14. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 278–284; vgl. auch S. 95–105.
  15. Leichenpredigt für Christian von Münchhausen, S. 3; vgl. B. Bei der Wieden, Außenwelt und Anschauungen Ludolf von Münchhausens, S. 88, Anm. 84.

Nachweise

  1. Kdm. Kreis Springe, S. 117f. u. Tafel 66b.
  2. Katalog Adel im Weserraum, S. 129 u. Kat. Nr. 98b, Abb. S. 127.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 414 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0041403.