Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 410 Diepholz (Lkr. Diepholz), St. Nicolai 1600 o. später

Beschreibung

Taufschale. Silber. Die leicht ovalrunde Schale stammt mit hoher Wahrscheinlichkeit aus Remeringhausen.1) Auf einem der beiden Henkel sind nebeneinander zwei Vollwappen und darüber die Initialen eingraviert. Der andere Henkel besteht aus einem von stilisierten Flügeln umgebenen Engelskopf im Relief. An der Außenseite der Schale eingraviertes Rankenmuster. Unterhalb des Rankenmusters läuft eine Inschrift aus jüngerer Zeit um.2)

Maße: H.: 8,3 cm; Dm.: 33 cm (mit Henkeln); Bu.: 0,3 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Katharina Kagerer) [1/1]

  1. · L(UDOLF) · V(ON) · M(UNCHHAUSEN) // · A(NNA) · V(ON) · B(ISMARCK)

Wappen:
Münchhausen,3) Bismarck4)

Kommentar

Die Form der Schale lässt darauf schließen, dass es sich ursprünglich um eine sogenannte „Branntweinkaltschale“ gehandelt hat, in der eine aus Branntwein und Lebkuchen zubereitete Kaltschale serviert wurde. Schalen dieser Art wurden seit dem 16. Jahrhundert auch als Taufschalen bezeichnet. Sie konnten als Taufgefäß bei Haustaufen genutzt werden. Auch erscheint es möglich, dass die Schale von der Familie zur Taufe mit in die Kirche gebracht wurde.5)

Zu Ludolf von Münchhausen und Anna von Bismarck vgl. Nr. 413 und Nr. 414. Einen Terminus post quem für die Datierung der Inschrift liefert das Datum der Hochzeit am 16. Mai 1600. Die Taufschale wurde laut Stifterinschrift im Jahr 1715 von Sophia Philippina von Münchhausen, einer Enkelin Ludolf von Münchhausens und Anna von Bismarcks, und ihrem Ehemann Andreas Christian von Voss6) an die Kirche in Diepholz gestiftet.

Anmerkungen

  1. Vgl. unten den Kommentar mit Anm. 6.
  2. Dise · Tauf · Schale Ist · An · der · Tieff//holtzschen · Kirchen · Geschencket // Von · A(ndreas) · C(hristian) V(on) · Voss · undt // S(ophia) · P(hilippina) · V(on) Münchausen · 1715 d(en) 5 o(cto)brij. Die 7 in 1715 ist verbessert aus einer 6. Vgl. zu der Stifterinschrift Katalog Adel im Weserraum, Kat. Nr. 33, S. 30; Hector Wilhelm Heinrich Mithoff, Kunstdenkmale und Alterthümer im Hannoverschen, Bd. 5: Herzogthümer Bremen und Verden mit dem Lande Hadeln, Grafschaften Hoya und Diepholz, Hannover 1878, S. 153f.
  3. Wappen Münchhausen (Mönch); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 3, Abt. 2,1, S. 274 u. Tafel 325.
  4. Wappen Bismarck (Kleeblatt, mit drei Eichenblättern besteckt); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 3, Reihe 3B, S. 5 u. Tafel 10.
  5. Anke Hufschmied, Geburt, Taufe und frühe Kindheit in adligen Familien, in: Katalog Adel im Weserraum, S. 43–54, dort S. 45f.; vgl. Heinrich Fincke, Branntweinkaltschale in Niedersachsen. Brauchtum und Brauchtumsgefäße, in: Rheinisch-westfälische Zeitschrift für Volkskunde 11 (1964), 151–172 (mit Abbildungen entsprechender Schalen).
  6. Sophia Philippina (1662–1740) war die Tochter von Ernst von Münchhausen (1613–1670) und Catharina Sophie von Ditfurth (1630–1698). Die Ehe der beiden letzteren wurde auf Remeringhausen geschlossen, wo auch einige ihrer Kinder geboren wurden. Dort fand auch die Hochzeit der Sophia Philippina mit Andreas Christian von Voss (1654–1733/35), Landeshauptmann der Grafschaft Diepholz, statt (von Lenthe/Mahrenholtz, Stammtafeln Münchhausen, Teil II, S. 128 u. 156–158; vgl. Hufschmied, Geburt, Taufe und frühe Kindheit (wie oben Anm. 5), S. 45).

Nachweise

  1. Mithoff, Herzogthümer Bremen und Verden (wie oben Anm. 2), S. 153.
  2. Katalog Adel im Weserraum, Kat. Nr. 33, S. 303; Abb. S. 46.

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 410 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0041005.