Inschriftenkatalog: Landkreis Schaumburg

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 104: Landkreis Schaumburg (2018)

Nr. 154 Schaumburg 1539

Beschreibung

Wappenstein. Provenienz unklar. Der Stein, der sich zuvor auf dem Gut Höckersau bei Petzen oder in Unterlübbe (Kreis Minden-Lübbecke, Nordrhein-Westfalen) befunden haben dürfte,1) ursprünglich aber anderswoher stammte, ist am Georgsturm angebracht. Wann der Stein auf die Schaumburg gelangte, ist nicht bekannt.2) Er zeigt ein Vollwappen, darunter ist die Inschrift erhaben ausgehauen.

Maße: H.: 115 cm; B.: 102 cm; Bu.: 8,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Akademie der Wissenschaften zu Göttingen (Inga Finck) [1/1]

  1. Johan Granea) · tho · holsten / Schowenborch · vn(n) tom st(er)/neb(er)ge ein here to Geme(n) 1539

Wappen:
Grafen von Holstein-Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gemen3)

Kommentar

Kastenförmiges a. Schaft-s ins Mittelband gestellt.

Die Inschriftentafel rührt wahrscheinlich von Graf Johann von Holstein-Schaumburg her, einem Sohn Jobsts I. Er wurde vor dem 25. November 1512 geboren und starb am 10. Januar 1560. Johann dürfte seinen Bruder Adolf XIII. (Nr. 157) bei der Regierung unterstützt haben, ohne formell als Mitregent zu firmieren.4) 1534 hatte er bei einem Vergleich mit seinem Bruder das Amt Bückeburg erhalten. Möglicherweise stammt der Wappenstein daher aus Bückeburg. Johann unterstützte Heinrich d. J. von Braunschweig-Wolfenbüttel im Kampf gegen den Schmalkaldischen Bund und geriet dadurch in Opposition zu Landgraf Philipp von Hessen. Beschwichtigend wirkte bei diesen Differenzen Adolf XIII. von Holstein-Schaumburg, der 1545 zusammen mit Otto IV. (Nr. 159) dafür sorgte, dass das Amt Bückeburg von den Ständen verwaltet wurde, somit Johann der Zugriff auf dessen materielle Ressourcen entzogen war.5) Gudrun Husmeier bescheinigt Graf Johann einen impulsiven Charakter, der ihn wiederholt zu „territorialpolitischen Störmanöver[n]“ veranlasst habe; beispielsweise erhob er ungerechtfertigt Steuern oder ließ sich eine Zweckentfremdung von Geldern zuschulden kommen.6)

Johann war verheiratet mit Elisabeth, einer Tochter des Grafen Enno II. von Ostfriesland und der Anna von Oldenburg.7)

Textkritischer Apparat

  1. Grane] statt Graue.

Anmerkungen

  1. Im Nachlass des Bauernhausforschers Gerhard Eitzen (ALWMH Eit 277, ohne Seitenzählung) findet sich in einem Skizzenheft eine Wiedergabe der Inschrift. Die Zeichnungen des Skizzenhefts sind nur schwer einem Ort zuzuordnen. Auf der Seite, auf der die Inschrift wiedergegeben ist, steht „Unterlübbe“, unmittelbar davor befinden sich Zeichnungen des Guts Höckersau. Für den Hinweis danke ich Ulrich von Damaros (Rinteln).
  2. Er ist in Kdm. Kreis Grafschaft Schaumburg und bei Wehrhahn, Schloß Schaumburg, nicht erwähnt.
  3. Wappen Grafen von Holstein-Schaumburg und Sternberg, Herren zu Gemen (Herzschild Nesselblatt mit drei in der Mitte zusammentreffenden Nägeln belegt, diese in der Mitte mit einem Schildchen belegt (Holstein-Schaumburg); quadriert: 1. u. 4. Stern (Sternberg), 2. u. 3. Balken mit drei Pfählen belegt (Gemen)); vgl. Siebmacher, Wappenbuch, Bd. 1, Abt. 1, Teil 2, S. 35 u. Tafel 39; hier abweichend: Herzschild Stern, quadriert: 1. und 4. Nesselblatt mit drei in der Mitte zusammentreffenden Nägeln belegt, Schildchen fehlt.
  4. Vgl. Husmeier, Graf Otto IV., S. 49. Die Behauptung Spangenbergs, Adolf XIII. habe 1538 die Regierung an Johann übertragen, ist ansonsten nicht belegbar (Husmeier, Graf Otto IV., S. 48 mit Anm. 109).
  5. Böhme, Kaiser, Konfession und Schmalkaldischer Krieg, S. 7; vgl. Bremme, Graf Johann, S. 106–109.
  6. Husmeier, Graf Otto IV., S. 125; vgl. auch Bremme, Graf Johann, S. 98–101.
  7. Bei der Wieden, Schaumburgische Genealogie, Nr. 107, S. 135f.; Bremme, Graf Johann, S. 112–115.

Nachweise

  1. ALWMH Eit 277, ohne Seitenzählung (Skizzenheft von Gerhard Eitzen).

Zitierhinweis:
DI 104, Landkreis Schaumburg, Nr. 154 (Katharina Kagerer), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di104g020k0015402.