Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 38† Santa Maria dell’Anima 1478

Beschreibung

Grabplatte des Supplikenregister-Schreibers und Anima-Provisors Markus Fugger d. Ä., ehemals im Boden der Nikolauskapelle der gotischen Kirche, der späteren Markus-Kapelle1), heute verschollen. Die in zuverlässiger Nachzeichnung überlieferte Platte fiel vermutlich der im Jahr 1774 durchgeführten Neugestaltung des Kircheninnern zum Opfer2). Es handelte sich um eine große hochrechteckige Marmorplatte mit Umschrift auf erhöhter Leiste, die sich im unteren Mittelfeld in einer Zeile fortsetzte. Dargestellt ist die reliefierte Figur des Verstorbenen in Kanonikertracht3) mit gekreuzten Händen vor dem Leib, den Kopf auf einem die ganze Breite der Platte einnehmenden Kissen, darauf in den oberen Ecken zwei identische Wappen.

Nach NN. (Text) und Codex Albani (Nachzeichnung).

The Royal Collection © 2012, Her Majesty Queen Elisabeth II [1/1]

  1. HIC IACET VENERABIL(IS) D(OMINVS) MARCVS FVGGER / DE AVGVSTA CANONIC(VS) AVGVSTEN(SIS) B(EATAE) MARIAE RATISPONEN(SIS) ET S(ANCTI) IO(ANNIS) FRISINGEN(SIS)a) ECCL(ESIARVM) PREPOSITVS DECRET(ORVM) LICEN(TIATVS) AR(TIVM) / MAG(ISTE)R REGIS(TRI)b) SVPPLICAT(IO)NVM SCRIPTOR ET HVIVS / HOSPIT(AL)IS PROVISOR QVI AETATIS SVE XXX ANNORVM XXIII D(IES) OBIIT DIE XVIIIIc) APRIL(IS) ANN(O) SALVTIS M CCCC LXXVIIIId) // REQVIESCAT IN PACE

Übersetzung:

Hier liegt der ehrwürdige Herr Markus Fugger aus Augsburg, Domherr von Augsburg und Propst der Kirche der hl. Maria zu Regensburg und der Kirche des hl. Johannes zu Freising, Lizentiat des Kirchenrechts, Magister der freien Künste, Schreiber im Suppliken-Register und Provisor dieses Hospitals, welcher verstarb im Alter von dreißig Jahren und 23 Tagen am 19. Tag des Aprils im Jahr des Heils 1479. Er ruhe in Frieden.

Wappen:
Fugger von der Lilie4); Fugger von der Lilie.

Kommentar

Markus (Marx)5) wurde am 27. März 1448 als fünftes von insgesamt zehn Kindern aus der Ehe des Augsburger Kaufmanns und Ratsherrn Jakob Fugger und seiner Frau Barbara Bäsinger in Augsburg geboren. 1464 erwarb er an der Universität zu Leipzig das Lizentiat im Kirchenrecht und ist 1470/71 erstmals in Rom als Schreiber im päpstlichen Register der Bittgesuche („scriptor in registro supplicationum“)6) nachzuweisen. 1472 erscheint er als Familiar des englischen Kardinals Thomas Bourchier und im gleichen Jahr als „dilectus“ des Pfalzgrafen Friedrich sowie des Herzogs Sigismund von Österreich. Markus war an der 1473 eingereichten Massensupplik der 81 deutschen Kurialen in Rom an Papst Sixtus IV. beteiligt. 1474 erhält er ein Kanonikat am Augsburger Dom, erwirbt 1475 die Propstei der Alten (Marien-)Kapelle zu Regensburg und 1477 die Propstei von St. Johann in Freising. Ohne im Bruderschaftsbuch der Anima ausdrücklich als Mitglied verzeichnet zu sein, fungierte er ausweislich der vorliegenden Inschrift und des Eintrags im Totenbuch auch als Provisor des Anima-Hospitals7). Am 11. Juni 1478 wurde das von ihm der Anima zugedachte Legat von 15 Dukaten ausgezahlt, zudem wurde am 27. Mai ein „offertorium in commemoratione quondam Marci Fuckart“8) gehalten.

Offenbar war Markus der erste Vertreter der berühmten Fugger-Familie in Rom9), die frühestens 1476 in den Rechnungsbüchern der „Camera Apostolica“ als Kaufleute auftauchen und später mit das bedeutendste Bankhaus Roms betrieben.

Textkritischer Apparat

  1. ERSIGEN Galletti.
  2. Fehlt bei Galletti.
  3. XVIII Gualdi.
  4. Sic! für MCCCCLXXVIII; 1478 Galletti.

Anmerkungen

  1. Lib. Mort. fol. 4.
  2. Vgl. dazu Einleitung Kap. 6.
  3. Auf dem Kopf eine über die Schultern reichende bestickte Almutie, dazu ein weites Obergewand mit rundem Halsausschnitt und überlangen, am Unterarm zurückgeschobenen Ärmeln, darunter ein bodenlanges Untergewand und abgerundete Schuhe.
  4. Im gespaltenen Schild zwei Lilien (in verwechselten Farben).
  5. Vgl. zum Folgenden Nebinger/Rieber, Genealogie Taf. 2a, Schulte, Fugger in Rom 10f., Schwarz, Sixtus IV. 391 sowie künftig die zahlreichen Einträge in RG X (Sixtus IV.).
  6. Vgl. dazu und zum Tätigkeitsbereich Pitz, Supplikensignatur pass.
  7. Lib. Mort. fol. 4.
  8. ASMA, Lib. Rec. 1 fol. 200v-201.
  9. Vgl. dazu ausführlich Schulte, Fugger in Rom 11ff. – Der berühmte Kaufmann Jakob Fugger gen. der Reiche war sein Bruder und stiftete nach dem Tod seines Neffen Markus die gleichnamige Kapelle in der neuerbauten Anima-Kirche, vgl. dazu Nr. 56.

Nachweise

  1. Schrader, Monumenta Italiae 145t.
  2. Codex Albani fol. 82 (Nachzeichnung mit Wappen, aber ohne Inschrift).
  3. NN., Inschriften Anima fol. 37 Nr. 89.
  4. Gualdi (B) fol. 365r (mit Nachzeichnung des Wappens).
  5. Magalotti V c. 755.
  6. Galletti Nr. 136.
  7. Forcella 3, S. 439 Nr. 1053 (so für 1052).
  8. NN., Inschriften fol. 322.

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 38† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0003801.