Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

  • ««
  • »»
  • Zu Datensatz springen
  • Gesamtübersicht

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 120(†) Santa Maria dell’Anima (1527) 1559

Beschreibung

Grabplatte aus Marmor für Dr. Johann Copis, Bischof von Terracina, ehemals vor der Sakristei, heute als im Jahr 1774 neu angefertigte Platte1) im Boden des Mittelschiffs vorne rechts vom Chor (Plan Nr. 50).

Nach NN.

Santa Maria dell’Anima, Rom (Dr. Ingo Seufert) [1/1]

  1. IO(ANNI) COPIS BRABANTIO TERRACINEN(SI) / EP(ISCOP)O VTRIVSQVE SIGNATVRAE / REFEREN(DARIO) AC LITTERARVM AP(OSTO)LICARVM / ABBRE(VIATORI) CORRECTORI(QVE) / ISTIVS TEMPLI AC HOSPITALIS / PROVISORES ET FRATRES / BENEFICII MEMORES POSVERE / AN(NO) MDLVIIIIb) / OBIIT ILLE XVIIIa) KAL(ENDAS) / SEPTEMB(RIS) MDXXVIIc)DISCE MEO EXEMPLO3) TEMPLIS / DARE MVNERA MAGNAQVANDO HOC PRO PARVIS HEC MONVMENTA DEDITATQ(VE) SVIS PRECIBVS CELI IN REGIONE LOCAVITVIRGO PARENS ANIMAM QVIS MELIORA DABIT

Übersetzung:

Für Johann Copis aus Brabant, Bischof von Terracina, den Referendar beider Signaturen, Abbreviator und Korrektor der päpstlichen Urkunden, haben die Provisoren und Brüder dieser Kirche und des Hospitals eingedenk der Wohltaten (dieses Denkmal) aufstellen lassen im Jahr 1559. Jener starb an den 18. Kalenden des Septembers (15. August) 1527. – Lerne durch mein Beispiel, den Kirchen große Geschenke zu machen. Denn diese Kirche hat für meine geringe Gabe hier ein Denkmal gegeben; und die jungfräuliche Mutter hat durch ihre Fürbitten meine Seele in der Himmelgegend mit einem Platz bedacht; wer wird etwas Besseres geben?2)

Versmaß: Zwei Distichen.

Wappen:
Copis3).

Kommentar

Der aus Brabant stammende Dr. Johann Copis4), Doktor des Kirchenrechts und Archidiakon zu Lüttich, lässt sich seit 1479 in Rom als päpstlicher Protonotar, Abbreviator „de maiori praesidentia“ und Korrektor der Kanzlei nachweisen. Er gehörte seit seinem Beitritt zur Bruderschaft im Jahr 1490 gemeinsam mit Johannes Burkhard, Johannes Sander und Bernhard Sculteti zu den Spitzen der Anima, die sich für einen Neubau der Kirche einsetzten; er selbst steuerte 1509 200 Dukaten bei. Bereits seit 1493 Obödienzgesandter des Erzbischofs von Köln, fungierte er 1495 als zweiter und 1496 als erster Provisor der Anima und wurde schließlich 1522 zum Bischof von Terracina ernannt. 1526 unterhielt er einen 15-Personen-Haushalt im Rione Ponte. Über sein unrühmliches Ende gibt das Bruderschaftsbuch der Anima eindrücklich Auskunft: „(…) dives in vita obiit pauper spoliatus ab exercitu Imperiali tempore capte urbis et illius desolationis die 15. augusti 1527 requisitus coram Io. Colardi notario archivii nullum testamentum fecit nec hospitali nostro quidquam reliquit qui immo illius debitor remansit et a confratribus hospitalis sepultus ante sacristiam“5).

Die Beisetzung im Boden der Kirche vor der Sakristei erfolgte zunächst offenbar ohne jedes weiteres Grabdenkmal. Zwar versprachen die Nachlassverwalter von Copis im Jahr 1535 eine gewisse Summe für die Errichtung eines Grabdenkmals („pro sepultura et memoria“) beizusteuern6). Doch erst im Jahre 1559, als die Anima in den Besitz zweier Häuser aus der Copis'schen Erbschaft gekommen war, wurden im Auftrag der Bruderschaft zwei Grabdenkmäler in Auftrag gegeben7); ganz im Sinne der beiden die Inschrift beschließenden Distichen.

Textkritischer Apparat

  1. MDLIX Galletti; Mon. Sepulcralia.
  2. XVIIII Galletti; XXVIII Mon. Sepulcralia.
  3. MCCCCLVIIII Kopie.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Einleitung Kap. 6. – Die aus hellem Marmor gefertigte, 186 x 94 cm messende Neuanfertigung zeigt oben das Copis'sche Wappen und darunter die Inschrift in neun Zeilen, wobei dem zeitgenössischen Usus folgend V durch U ersetzt ist. Die beiden zuverlässig überlieferten Distichen wurden aus unbekannten Gründen nicht übernommen.
  2. Die Übersetzung beider Distichen verdanke ich meinem Bonner Kollegen Clemens M. M. Bayer, M. A.
  3. Der Anfang des Gedichtes (wohl nach Ovid, Heroides 17,97) findet sich auch anderswo, etwa 1597 in einem im Milieu der Universität Jena entstandenen Grabgedicht; vgl. DI 33 (Stadt Jena) Nr. 131.
  4. Fünf 1:3:1 gestellte Schildchen (Kreuzform).
  5. Johann Copis kann vielleicht mit einem der beiden folgenden Löwener Studenten identifiziert werden: Johannes Coppyns, aus dem Bistum Cambrai, Imm. 11. Dez. 1461 (vgl. Matricule II S. 93, Nr. 75 oder auch mit Jhoannes Cops, aus dem Bistum Cambrai, Imm. 23. Jan. 1465 (Matricule II S. 146, Nr. 131), freundlicher Hinweis von Dr. Michiel Verweij, Schreiben vom 9. November 2012. – Vgl. ansonsten zu ihm die Nachweise bei Schmidlin, Register sowie bei Schuchard/Schulz, Thomas Giese 30 Anm.154.
  6. Lib. Confr. 255 (Reich im Leben, starb er arm und ausgeplündert vom kaiserlichen Heer zur Zeit der Einnahme und Verwüstung der Stadt am 15. August 1527; gefragt von dem Notar Johann Colardi, machte er kein Testament und hinterließ unserem Hospiz nichts, ja, er blieb dessen Schuldner und wurde von der Bruderschaft des Hospitals vor der Sakristei begraben).
  7. Vgl. dazu Nagl, Urkundliches 34f., Reg. Nrn. 160f.
  8. Vgl. dazu Schmidlin 349 sowie die vorhergehende Nr.

Nachweise

  1. Chacon, Inscriptiones fol. 183v.
  2. Contatore, Hist. Terracinensi 418 (nur Distichen).
  3. NN., Inschriften Anima fol. 33 Nr. 77 und 78.
  4. Galletti Nr. 36.
  5. Grabplatte (1774).
  6. Mon. Sepulcralia 16.
  7. Forster, Inschriften fol. 16.
  8. Forcella 3 Nr. 1114.
  9. Nikitsch, Hadrian VI. 28.
  10. Nikitsch, Netzwerke 297f.

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 120(†) (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0012008.