Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 110(†) Santa Maria dell’Anima 1551

Beschreibung

Fragment des Grabdenkmals für Johannes Pavius aus Antwerpen (Plan Nr. 131). Das ursprünglich in der Nähe des Eingangs zur (ehemaligen) Sakristei1) angebrachte Grabdenkmal aus Marmor wurde offenbar im Zusammenhang mit der Barockisierung der Kirche um 1750 entfernt und transloziert2). Es bestand vermutlich aus einer inzwischen verschollenen Tafel mit der dreiteiligen Grabinschrift (A, B, C) und dem heute im Treppenhaus des Priesterkollegs (und früheren Hospizes) befestigten Relief mit der Darstellung des Gekreuzigten. Bekleidet mit einem langen Gewand kniet der Verstorbene unter dem mit dem Titulus (D) versehenen Kreuz, das von zwei stehenden mit Nimben geschmückten Frauen3) flankiert wird. Den unteren Abschluss bildet ein auf zwei Palmwedeln ruhendes ovales Wappen mit der oben umlaufenden, ehemals schwarz gefassten Beischrift (E).

Nach Schrader.

Maße: H. 120, B. 70, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Santa Maria dell’Anima, Rom (Dr. Ingo Seufert) [1/2]

  1. A

    †D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO)

  2. B

    †DVM ROMAE MOROR HINC TOTVMa) CONTEMPLER VTORBEM EXIGVA SPERANS MAXIMA CONDOR HVMOHOC TAMEN EXEMPLVM NOLIM TE TERREAT HOSPESEST ALIQVID STVDIO VEL PERISSEb) BONINEC NESCIRE NEFAS QVEM DISCERE FATA VOLENTEMIMPEDIVNT LAVDEMc) IVRE SCIENTIS HABET

  3. C

    †IOANNI PAVIOd) IOANNIS FILIO ANTVERPIANO QVI DVM LITERARVM COGNITIONI RERVM EXPERIENTIAM MIRO VIRTVTIS STVDIO ADIVNGERE VELLET ROMAE PROCVL A PATRIA IMMATVRA MORTE CORREPTVS EST PETRVS LOPEZ ET ROMOLDVS CAVALERIe) AMICO SINCERISSIMO OFFICII ERGO EX TESTAMENTO POSVERVNTf) VIXIT ANNOS XXX OBIIT ANNO M D LIg) PRIDIE KALENDAS AVGVSTIh)

  4. D

    I(ESVS) N(AZARENVS) R(EX) I(VDEORVM)4)

  5. E

    • Si) • IAN • DE • // PAW •

Übersetzung:

(A) Dem besten und größten Gott (geweiht). – (B) Als ich in Rom weilte, um von hier aus die ganze Welt zu beobachten, wurde ich, der das Größte erhoffte, in eine winzige Ecke gelegt. Ich möchte aber nicht, dass dieses Beispiel dich, Gast, zu sehr abschreckt, es ist auch schon etwas, beim Studium des Guten umgekommen zu sein. Und Nichtwissen ist kein Frevel, (denn) wenn das Schicksal einen Lernwilligen am Lernen hindert, dann hat er mit Recht das Lob des Wissenden.5) – (C) Für Johannes Pavius, Sohn des Johannes, aus Antwerpen, der als er zu seinen literarischen Kenntnissen mit außerordentlichem Eifer die Lebenserfahrung hinzufügen wollte, in Rom, fern der Heimat, von einem jähen Tod hinweggerafft worden ist. Petrus Lopez und Romoldus Cavalieri haben ihrem aufrichtigsten Freund laut seinem Testament (dieses Denkmal) errichten lassen. Er lebte dreißig Jahre und starb im Jahr 1551 am 31. Juli.

Versmaß: Drei Distichen.

Wappen:
Johannes Pavius6).

Kommentar

Der laut Inschrift im Jahr 1521 geborene Johannes Pavius (Jan de Pauw) stammte aus Antwerpen und immatrikulierte sich am 8. November 1540 an der Universität Löwen7). Er verstarb offensichtlich während seiner 'Grand Tour' in Rom. Petrus Lopez, einer der Testamentsvollstrecker, fungierte als Rota-Notar und päpstlicher Mundschenk und war 1566 Provisor der Anima8).

Textkritischer Apparat

  1. So Chacon; OTVM Schrader.
  2. Sic! für PERIISSE (metrisch bedingt).
  3. So Chacon; TANDEM Schrader.
  4. PAVLO Chacon; Galletti; Magalotti; Forcella.
  5. So Chacon; REMBOLD CANALLIERI Schrader.
  6. Befund PP.
  7. So Chacon; M D LX Schrader.
  8. Fehlt bei Schrader.
  9. Vermutlich mit S(IGILLVM) für Siegel bzw. mit S(IGNVM) für Zeichen aufzulösen; vielleicht auch mit S(CVTVM) für Schild. Die entsprechende lateinische Bezeichnung für Wappen wäre „insigne“.

Anmerkungen

  1. So Lib. Mort. fol. 16.
  2. Vgl. Einleitung Kap. 6 sowie den Hinweis bei Lohninger, Anima 141.
  3. Der Verstorbene hat den Blick auf die rechts vom Kreuz stehende Heilige gerichtet, die ihm ihrerseits mit der rechten erhobenen Hand ein Zeichen gibt.
  4. Joh 19,19.
  5. Die Übersetzung der Distichen verdanke ich den gemeinschaftlichen Bemühungen von Dr. Michiel Verweij, Brüssel und PD Dr. Michael Oberweis, Mainz.
  6. Drei 2:1 gestellte Pfauenrümpfe.
  7. Matricules IV S. 219 Nr. 45.
  8. Vgl. zu ihm und seiner nicht unproblematischen Amtsführung Schmidlin, Anima 365f. – Sein aus Middelburg (Prov. Seeland, Niederlande) stammender Vater war 1509 Provisor am Campo Santo Teutonico, vgl. den Hinweis bei de Waal, Campo Santo 102f.

Nachweise

  1. Chacon, Inscriptiones 183v.
  2. Schrader, Mon. Italiae 147.
  3. Galletti Nr. 367.
  4. Magalotti 5 S. 854.
  5. Mon. Sepulcralia 22.
  6. Forcella 3 Nr. 1105.
  7. NN., Inschriften fol. 300v.
  8. Lohninger, Anima 113 (E).

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 110(†) (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0011000.