Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 87 Santa Maria dell’Anima 1528

Beschreibung

Epitaph für Melchior von Frundsberg, ehemals „juxta paruam portam versus altare Crucifixi“1), heute innen an der Westwand links vom südlichen Seitenportal in die Wand eingelassen2). Dreiteiliges Grabdenkmal aus hellem (Bunt-)Marmor. Als Sockel dient eine leicht nach innen gewölbte „tabula ansata“ mit der siebenzeiligen Grabinschrift, darüber folgt eine hochrechteckige Tafel mit einem Totenkopf und dem Vollwappen des Verstorbenen, die von einem Fries mit vier einzelnen nebeneinanderstehenden Wappenschilden bekrönt wird.

Maße: H. 222, B. 102, Bu. 2,5-3,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Santa Maria dell’Anima, Rom (Dr. Ingo Seufert) [1/6]

  1. MELCHIORI Aa) FROINDSPERGb) GEORGII EQVITIS SPLENDIDISS(IMI) / CAESARIANIQ(VE) GERMANICIc) PEDITATVS BELLO ITALICO / PRAEF(ECTI) FILIO • QVI DVM HONESTISS(IME) ORDINES DVCERET • / IN VRBE IDIB(VS) IANVARII • M • D • XXVIII • IMMATVRA MORTE / INTERCEPTVS EST XXI AETATIS SVAE ANNO / GASPAR SVVEGLER ALVMNVS QVAESTOR EXERCITVS / MILITVM TRIBVNVS B(ENE) M(ERENTI)d) P(OSVIT)

Übersetzung:

Für Melchior von Frundsberg, den Sohn Georgs, des hochberühmten Ritters und Anführers des kaiserlich deutschen Fußvolkes im italischen Krieg, welcher solange aufs Ehrenvollste die Heeresabteilungen geführt hatte, bis er in Rom an den Iden des Januar 1528 (13. Januar) durch einen allzu frühen Tod in seinem 21. Lebensjahr hinweg genommen worden ist. Kaspar Schwegler, der Oberzahlmeister des Heeres, hat dieses (Denkmal) dem Wohlverdienten gesetzt.

Wappen:
Frundsberg3)
Rechberg4)Frundsberg5)Frundsberg6)Schrof(f)enstein7).

Kommentar

Die mit breitem Strich ohne Linksschrägenverstärkung ausgeführte, auffallend sporenreiche Kapitalis zeigt erhöhte Versalien, zudem M mit bis zur Grundlinie reichendem Mittelteil, Q mit auffällig weit nach rechts ausgezogener Cauda und T mit weitem, sich über zwei Buchstaben erstreckendem Balken.

Melchior8) wurde am 17. Februar 1507 geboren, als jüngster Sohn des Georg von Frundsberg und seiner Frau Katharina, Tochter des Oswald von Schrof(f)enstein und seiner Frau Praxedis von Wolkenstein. Melchior war gemeinsam mit Adam Reißner, dem späteren Biographen der Familie9), 1523 in Wittenberg inskribiert. 1524/25 ist er als Domherr in Augsburg nachweisbar. Offensichtlich resignierte er kurz danach, denn am 2. November 1526 erscheint er in Tirol als Hauptmann im Gefolge seines Vaters, der im Kampf gegen die päpstlich-französische Liga als oberster Feldhauptmann Kaiser Karls V. ca. 12000 Landsknechte in Tirol versammelt hatte. Gemeinsam mit seinem Bruder Kaspar marschierte er nach der wegen ausstehender Soldzahlungen ausgelösten Revolte der Landsknechte mit diesen nach Rom und nahm am sogenannten Sacco di Roma10) teil. Melchior von Frundsberg hielt zu Beginn der Eroberung der Stadt am Morgen des 6. Mai 1527 mit fünf Fähnlein zwischen der Porta San Pancrazio und der Porta Settimiana die Stellung, um einen Ausfall der päpstlichen Truppen aus Trastevere zu verhindern. Nach der Einnahme und Plünderung der Stadt überstand er als Mitglied des achtköpfigen Kriegsrates die folgenden Monate in Rom offensichtlich unbeschadet11), fiel dann aber doch – wie viele seiner Landsleute – der Pest zum Opfer. Obwohl die kaiserlichen Truppen auch die Anima nicht verschont hatten, fand Melchior – wie schon im Jahr zuvor der kaiserliche Hauptmann Heinrich von Flitzingen12) – sein Grab in der Kirche, bezeichnenderweise wie dieser vor dem Kreuzaltar. Stifter des Denkmals war sein Freund Kaspar Schwegler, Oberzahlmeister des Landsknechtheeres; beide werden aber im Bruderschaftsbuch der Anima nicht erwähnt.

Textkritischer Apparat

  1. Zwischen den ersten beiden Wörtern hochgestellt.
  2. R über dem O, I dem O eingestellt. – Arfionsperg Chacon.
  3. Schluß-I dem C eingestellt, N zwischen A und I hochgestellt.
  4. Denkbar wäre auch die Auflösung B(ONAE) M(EMORIAE), zum guten Gedächtnis.

Anmerkungen

  1. Lib. Mort. fol. 13. – Die Ausstattung der vorne links im südlichen Seitenschiff gelegenen, 1510 geweihten Kreuz- oder Zenturiokapelle wurde ab 1514 durch Markgraf Albrecht von Brandenburg, Kurfürst und Erzbischof von Mainz finanziert, daher auch die heutige Bezeichnung Markgrafen-Kapelle, vgl. dazu Nr. 63.
  2. Vermutlich fand die Translation im Jahr 1774 im Zusammenhang mit der Anlage der Krypta statt, oder bereits um 1750 während der durchgreifenden Barockisierung der Kirche; vgl. dazu Einleitung Kap. 6 sowie Knopp/Hansmann, Anima 25ff. und 66.
  3. Quadriert:1/4. Sechsberg, unten rund ausgeschlagen, 2/3. Strauß mit Hufeisen im Schnabel.
  4. Zwei Löwen gegeneinander (das Wappen bezieht sich auf Barbara von Rechberg, die Mutter Georgs von Frundsberg).
  5. Frundsberg (Sechsberg-Wappen).
  6. Frundsberg (Straußen-Wappen).
  7. Oberhalber, am Schnitt blutender Steinbock.
  8. Vgl. zum Folgenden Europ. Stammtafeln Bd. 16, Taf. 12.
  9. Historia Herrn Georgen und Hr. Casparn von Frundsberg, Vater und Sohn (…) Frankfurt am Mayn 1568.
  10. Vgl. dazu immer noch Gregorovius, Rom III,2 601ff., mit reichem Bildmaterial Chastel, Sacco di Roma pass. sowie jüngst Reinhardt, Blutiger Karneval pass.
  11. Noch am 16. Juni 1527 schrieb er von Rom aus einen Brief an seinen Vater über die Gefallenen und die Auseinandersetzungen zwischen Deutschen und Spaniern; vgl. dazu und zum Vorhergehenden die Hinweise bei Schulz, Sacco di Roma 8, 104 und 110.
  12. Vgl. Nr. 82.

Nachweise

  1. Chacon, Inscriptiones fol. 182.
  2. NN., Inschriften fol. 290.
  3. Barthold, Frundsberg 480.
  4. Forcella 3 Nr. 1088.
  5. NN., Inschriften fol. 324.
  6. v. Graevenitz, Deutsche in Rom, Abb. 50.
  7. Fischer, Frundsberg 27f. mit Abb. 2.

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 87 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0008702.