Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 83† Santa Maria dell’Anima 1527

Beschreibung

Grabdenkmal für Heinrich von Soye, scutifer Papst Hadrians VI., ehemals im Boden vor dem Altar der Barbara-Kapelle1), heute verschollen.

Nach Galletti.

  1. D(EO) O(PTIMO) M(AXIMO) / HENRICO DE SOYEa) DECANO ECCL(ESIAE) S(ANCTI) / IOANNIS EVANGELISTAE LEODIEN(SIS) / ADRIANI VIb) PONT(IFICIS) MAX(IMI) SCVTIFERO / AMICI AMICO OB MORVM COMITA/TEM SVAVISSIMO POSVERVNT OBIIT / IDIBVS AVGVSTI M D XXVII QVASI / FVGIENS CALAMITATEM TEMPORIS / INFELICISSIMI

Übersetzung:

Dem besten und größten Gott. – Für Heinrich von Soye, Dekan der Kirche St. Johannes Evangelist in Lüttich, scutifer Papst Hadrians VI., haben die Freunde dem wegen seines liebenswürdigen Charakters so süßen Freund (dieses Grabdenkmal) errichtet. Er starb an den Iden des August (13. August) 1527, gleichsam vor der Not dieser sehr unglücklichen Zeit fliehend.

Kommentar

Der aufgrund seines Namens wohl aus dem französischsprachigen Teil des Bistums Lüttich stammende Heinrich von (Henri de) Soye, Dekan des Stiftes St. Johannes Evangelist in Lüttich und spätestens seit 1517 in Rom nachweisbar2), schrieb sich am 31. August 1525 in das Bruderschaftsbuch3) der Anima ein; Stiftungen von ihm sind allerdings nicht überliefert. Er verdankt sein Grab in der Anima wohl seiner Stellung als Familiar Papst Hadrians VI., die er als scutifer ausübte. Die quellenmäßig gut bezeugten, von ihrer Funktion her aber schwer fassbaren scutiferi4) zählten zum persönlichen Gefolge des Papstes und dürften als Banner- oder Wappenträger bei Pontifikalverrichtungen fungiert oder auch Aufgaben der späteren Kammerherren ausgeübt haben. Der überraschende Schluss der Inschrift spielt sicherlich auf den Sacco di Roma5) an, der auch die Anima in Mitleidenschaft gezogen hatte.

Textkritischer Apparat

  1. SOYR Schrader; LOYE Forcella.
  2. V Chacon.

Anmerkungen

  1. Lib. Mort. fol. 12v.
  2. Vgl. Munier, Nederlandse Curialen 214.
  3. Lib. Confr. 133.
  4. Vgl. dazu Sleumer, Kirchenlateinisches Wörterbuch 704 sowie Schuchard, Kurie 140. – Das „officium scutiferatus“ war käuflich und kostete zu Zeiten Hadrians VI. zwischen 600 und 800 Dukaten, die Resignationsgebühr betrug 40 Dukaten; vgl. dazu Göller, Ämterkauf 386 sowie Schimmelpfennig, Ämterhandel 29 und 41.
  5. Vgl. dazu die vorhergehende Nr. mit Anm. 3.

Nachweise

  1. Chacon, Romanas Epitafios fol. 223.
  2. Schrader, Mon. Italiae 144.
  3. Magalotti 5 S. 695.
  4. Galletti Nr. 151.
  5. Mon. Sepulcralia 16.
  6. Gaillard, Épitaphes 62.
  7. Forcella 3 Nr. 1085.
  8. NN., Inschriften fol. 306.
  9. Nikitsch, Hadrian VI. 34.
  10. Nikitsch, Netzwerke 304.

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 83† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0008306.