Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 56† Santa Maria dell’Anima 1511

Beschreibung

Grabplatte für den Propst Marcus Fugger d. J. aus Augsburg, ehemals im Boden vor der Markus-Kapelle (sog. Fugger-Kapelle)1), heute verschollen. Nach Gualdi handelte es sich um eine mit einem Wappen versehene Marmorplatte mit der in Halbrelief ausgeführten Figur des Verstorbenen in Klerikertracht2).

Nach Galletti.

  1. HIC IACET R(EVERENDVS) D(OMINVS) MARCVS FVGGER AVGVSTEN(SIS) PROTO(NOTARIVS) AC SCRIPTOR / AP(OSTO)LICVS IVR(IS) DIVINI LICEN(TIATVS) RATISPON(ENSIS) S(ANCTI) GERMANI / ET MAVRITII SPIREN(SIS) S(ANCTI) IOAN(NIS) NOVI MONASTERII / HERBIPOLEN(SIS) S(ANCTI) STEPHA(NI) BAMBERGEN(SIS) S(ANCTI) PETRI / IN PERLACO AVGVSTEN(SIS) ECCL(ES)IAR(VM) PREPOS(ITVS) / AC S(ANCTI) SEPVLCRI DOMINICI LIGNICEN(SIS) VRATIS/LAVIEN(SIS) DIOC(ESIS)ARCHIDIAC(ONVS) QVI VIXIT ANN(OS) XX / MEN(SES) VIII DIES XXI OBIIT XXVIa) OCTOBR(IS) MDXIb)

Übersetzung:

Hier liegt der ehrwürdige Herr Marcus Fugger aus Augsburg, apostolischer Protonotar und Skriptor, Lizentiat des göttlichen Rechts, Propst der Kirchen in Regensburg, St. German und St. Mauritius in Speyer, des Neumünsters St. Johannis in Würzburg, St. Peter am Perlach zu Augsburg und Archidiakon der Heilig-Grab-Kirche in Liegnitz in der Diözese Breslau, der zwanzig Jahre, acht Monate und 21 Tage3) lebte, er starb am 26. Oktober 1511.

Wappen:
Fugger von der Lilie.

Kommentar

Marcus4) wurde am 6. Oktober 1488 geboren als zweites von sechs Kindern aus der Ehe des Augsburger Kaufmanns Georg Fugger und seiner Frau Regina Imhof. Der jung verstorbene Kleriker verfügte neben seinem Einkommen als päpstlicher Schreiber und Protonotar bereits über eine erstaunliche Anzahl an Pfründen, die nach und nach von der römischen Filiale des Bankhauses Fugger finanziert worden waren5): 1503 ein Kanonikat (nicht die Propstei) an der Neumünsterkirche zu Würzburg, 1504 eine Pension auf zwei Pfarrkirchen im Passauer Sprengel und das Archidiakonat der Heilig-Grab-Kirche zu Liegnitz, 1505 die Propstei St. German und St. Moritz zu Speyer sowie St. Stephan zu Bamberg, 1506 die Propstei St. Peter am Perlach zu Augsburg.

Die Begräbnisse seines Neffen Marcus und seines gleichnamigen bereits 1478 verstorbenen Bruders in der ehemaligen Nikolauskapelle der gotischen Kirche dürfte für Jakob II. Fugger (den Reichen), den damaligen Chef des Hauses, Anlass geboten haben, die im Zuge des Neubaus der Anima-Kirche an gleicher Stelle neuerbaute Kapelle mit dem Fuggerwappen, mit Malereien6) und einem bei Giulio Romano in Auftrag gegebenen Altarbild der Heiligen Familie7) auszustatten8).

Textkritischer Apparat

  1. XXVII Gualdi; 26 Galletti.
  2. 1511 Galletti.

Anmerkungen

  1. So Lib. Mort. fol. 6 mit einem längeren Eintrag, der die Inschrift fast wortgleich überliefert, allerdings ohne den abschließenden Sterbevermerk.
  2. „figura di homo togato habito ecclesiastico medievalo“. – Vgl. dazu die in Nachzeichnung überlieferte figürliche Grabplatte seines gleichnamigen 1478 verstorbenen Onkels (Nr. 38), der an gleicher Stelle begraben lag.
  3. Das angegebene Alter passt nicht mit den überlieferten Lebensdaten zusammen.
  4. Vgl. zum Folgenden Nebinger/Rieber, Genealogie des Hauses Fugger Taf. 4.
  5. Vgl. zum Folgenden Schulte, Fugger in Rom 27f.
  6. Durch den Tod Jakob Fuggers 1525 blieb das Projekt stecken und wurde erst 1549 durch seinen Neffen (und Erben) Freiherr Anton von Fugger weiterbetrieben. Mit den Arbeiten wurde Girolamo Sicciolante gen. il Sermoneta betraut, der die Kapelle mit fünf Szenen aus dem Marienleben ausmalte; vgl. dazu Knopp/Hansmann 45f. sowie Rohlmann, Antigisch 130ff.
  7. Das seit 1750 als Gemälde des Hochaltars dienende Bild wurde 1521/22 von dem Lieblingsschüler Raphaels, Giulio Pippi aus Urbino gen. Giulio Romano, gemalt und gilt als eines seiner Hauptwerke. Es zeigt die Heilige Familie vor einer antiken Architekturruine, flankiert von den knienden Aposteln Markus und Jakobus, den Namenspatronen der beiden hier Begrabenen und des Stifters; vgl. dazu Knopp/Hansemann 31ff. mit Abb. 1 sowie Nr. 77 mit der bislang unbekannten Stifterinschrift.
  8. Die Bedeutung der Familie für die Anima zeigt sich nicht nur in weiteren Schenkungen wie einer Kasel mit dem Fuggerwappen, sondern auch darin, dass sie Bankgeschäfte der Anima wahrnahm; zudem lassen sich insgesamt 21 Mitglieder der Familie im Bruderschaftsbuch nachweisen; vgl. dazu Schmidlin, Anima 242f.

Nachweise

  1. Galletti Nr. 146.
  2. Magalotti V cap. 755.
  3. Gualdi (B) fol. 365 (mit Nachzeichnung des Wappens).
  4. Forcella 3 Nr. 1069.

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 56† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0005609.