Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 50† Santa Maria dell’Anima 1494

Beschreibung

Grabplatte für den Protonotar und päpstlichen Kubikular Melchior Truchseß von Pommersfelden, ehemals im Boden in der Nähe des Chors zwischen den beiden Säulen zur Sakristei hin1), heute verschollen.

Nach NN.

  1. REVERENDO P(ATRI) D(OMINO) MEL/CHIORI TRVCHSESa) SED(IS) / AP(OSTOLICAE) PROTHON(OTARIO) S(ANCTI) GANGVL/PHI EXTRAa) MVROS BAM/BERGEN(SES) AC IN LINDOW / CONSTANCIEN(SIS) DIOCESIS PRAE/POSITO CANTORI SPIREN(SI) / ET EIVSDEM AC M(A)GVN/TINEN(SIS)b) ECCLESIAR(VM) CANONI/CO / S(ANC)TISS(IMI) D(OMINI) N(OSTRI) P(A)P(AE) CVBI/CVLARIO QVI OBIIT DIE / XXVIII OCTOBR(IS) / AN(NO) MCCCCXCIIIIc) // IO(ANN)ES BVRCHARDVS AR/GENTINEN(SIS) / CAPELLAE S(ANC)TISS(IMI) D(OMINI) N(OSTRI) / P(A)P(AE) MAGISTERb) CEREMONIARVM / ET LAVRENTIVS TRVCHSESd) MA/GVNTINEN(SIS) AC THOM(A)S TRVCH/SESd) / SPIREN(SIS) ECCL(ES)IARVM CA/NONICI EXECVTORES TESTAMENTI / AMICO ET CONSANGVINEO / B(ENE) M(ERENTI) POS(VERVNT)

Übersetzung:

Dem ehrwürdigen Vater Herrn Melchior Truchseß, Protonotar des apostolischen Stuhls, Propst von St. Gangolf außerhalb der Mauern von Bamberg und zu Lindau in der Konstanzer Diözese, Domkantor zu Speyer und Domherr zu Mainz, Kubikular (Kammerherr) unseres heiligsten Herrn des Papstes, welcher am 28. Oktober im Jahr 1494 starb, haben Johannes Burchard aus Straßburg, Zeremonienmeister der Kapelle unseres heiligsten Herrn des Papstes sowie Lorenz Truchseß und Thomas Truchseß, Domherren von Mainz und Speyer, die Testamentsvollstrecker, dem Freund und Verwandten (dies Denkmal) für gute Verdienste setzen lassen.

Kommentar

Melchior2) wurde um 1445/46 als Sohn des fränkischen Niederadeligen Braun Truchseß von Pommersfelden und seiner Frau Katharina von Schaumberg geboren. Er studierte im Wintersemester 1458/59 in Erfurt3) und lässt sich erstmals 1468 in Rom sowohl im Gefolge des Kardinals Theodor von Monferrato als auch als Kleriker an der Kurie nachweisen. Ab 1470 fungiert er für viele Jahre als päpstlicher Kollektor der Kollektorie/Kirchenprovinz Mainz. 1472 wird er zunächst Kanoniker, dann 1488 Kantor am Speyerer Dom, zudem 1474 Kanoniker am Würzburger und 1476 am Mainzer Dom. Laut Inschrift war er zudem Propst von St. Gangolf in Bamberg4). Seine hohen Stellungen als Protonotar und Kubikular Papst Alexanders VI. errang er gegen Ende seines Lebens. Truchseß nahm neben seinen kurialen Ämtern auch noch andere Aufgaben wahr, so war er etwa 1487 als markgräflich brandenburgischer Gesandter tätig5). Truchseß war seit 1474 Mitglied der Anima-Bruderschaft und hinterließ ihr 20 Dukaten für ein Jahrgedächtnis, zudem 3 Dukaten für priesterliche Gewänder6). Der päpstliche Zeremonienmeister Johannes Burckard, damals Anima-Provisor und einer der inschriftlich genannten Testamentsvollstrecker, war bereits im gleichen Jahr als Stifter eines Grabdenkmals7) vernehmlich in Erscheinung getreten. Lorenz Truchseß von Pommersfelden, ein Verwandter des Verstorbenen, Domscholaster von Mainz, Domherr von Würzburg und Archidiakon, wird am 10. Januar 1509 in die Bruderschaft7) aufgenommen; der „venerabilis dominus nobilis“ Thomas Truchseß von Pommersfelden hingegen am 12. Juli 15139).

Textkritischer Apparat

  1. TR ligiert, Galletti.
  2. MA ligiert, Galletti.
  3. XXVIII OCTOB(RIS) NN.; 27 OCTOBR(IS) AN(NO) 1494 Galletti; XXVIII OCTOBR(IS) MCCCCXCIII Schrader.
  4. Fehlt bei Galletti und Forcella.

Anmerkungen

  1. Lib. Mort. fol. 5v.
  2. Vgl. zum Folgenden die biographische Skizze bei Schuchard, Kollektoren 247 sowie dies., Deutsche Kuriale 42 Anm. 72.
  3. Offenbar zusammen mit seinem Verwandten Vitus (Veit), dem späteren Bischof von Bamberg, der 1464 in die Anima-Bruderschaft aufgenommen wurde (Lib. Confr. 103) und spätestens ab1469 als Kurialer nachweisbar ist, vgl. dazu Kist, Matrikel Nr. 1190.
  4. Ebenso Lib. Confr. 247.
  5. Johannes Burckard bezeichnet ihn im Jahr 1487 als „orator(i) illustrissimi marchionis Brande(n)burgensis“, vgl. Celani 180.
  6. Lib. Confr. 105, 247 und ASMA, Lib. Rec. 1, fol. 258v.
  7. Vgl. die vorhergehende Nr.
  8. Lib. Confr. 120.
  9. Ebd. 42.

Nachweise

  1. Schrader, Mon. Italiae 143.
  2. Rikemann, Epitaphiorum 88.
  3. NN., Inschriften Anima fol. 34 Nr. 81.
  4. Galletti 41 Nr. 170.
  5. Forcella 3 Nr. 1064.
  6. NN., Inschriften fol. 309
  7. Celani, Liber Notarum 1, 180 Anm. 3.

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 50† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0005005.