Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 49† Santa Maria dell’Anima (1492) 1494

Beschreibung

Grabdenkmal für Florenz Burger aus Straßburg und den Domherrn Balthasar Trautmannsdorfer, gestiftet vom Protonotar Johannes Burckard, ehemals im Boden in der Mitte vor der Anna-Kapelle1), heute verschollen.

Nach NN.

  1. IOANNES BVRCKARDVS / ARGENTINEN(SIS) SEDIS AP(OSTO)LICE / PROTHONOTARIVS S(ANCTI) FLOREN/TII HASELAGEN(SIS) ET / COLVMBARIEN(SIS) AC GRAN/DIS VALLIS ARGENTINEN(SIS) / [ET BASILIEN(SIS) DIOC(ESIS) PRE/POSITVS AC DECANVS S(ANCTI) THOME ARGENTINEN(SIS)]a) / ECCL(ESI)AR(VM) CAPELL(AE) S(ANCTISSIMI) D(OMINI) N(OSTRI) / P(A)P(AE) MAG(ISTE)R CEREMONIAR(VM) / BALTHASARI TRAVTMAN/STORFER CANONICO SALTZ/BVRGEN(SI) QVI DIE XXI IVNII M CCCC LXXXXIVb) ET / FLORENCIO BVRGER ARGEN/TINEN(SI) CONSANGVINEO SVO / QVI DIE XIII SEPTEMBR(IS) M CCCC LXXXXII OBIERVNTa) / BENE MERENTIBVS POSVIT / HIC SEPVLTIS REQVIE/SCANT IN PACE AMEN

Übersetzung:

Johannes Burckard aus Straßburg, Protonotar des apostolischen Stuhls, Propst von St. Florentius in Haslach, Colmar und Granfelden in der Straßburger und Baseler Diözese sowie Dekan von St. Thomas in Straßburg, Zeremonienmeister der Kapelle unseres allerheiligsten Herrn des Papstes, hat dem Salzburger Domherrn Balthasar Trautmannsdorfer, der am 21. Juni 1494 verstorben ist, und seinem Verwandten Florenz Burger aus Straßburg, der am 13. September 1492 verstorben ist, dies den hier Begrabenen zum guten Gedächtnis setzen lassen. Sie mögen in Frieden ruhen, Amen.

Kommentar

Das gemeinsame Grabdenkmal für die sonst nicht näher in Erscheinung tretenden Balthasar Trautmannsdorfer und Florenz Burger wurde von Johannes Burckard errichtet, einem für die Anima maßgeblichen Protagonisten. Der vermutlich um 1450 im heutigen Niederhaslach bei Straßburg geborene Burckard2) studierte Jura und Theologie, erwarb 1477 das Straßburger Bürgerrecht und erhielt 1481 sein erstes Kanonikat zu St. Thomas in Straßburg, zudem fungierte er seit 1485 als Propst der Stiftskirche St. Florentius zu Haslach (heute Pfarrkirche St. Johannes Baptista in Niederhaslach, Dép. Bas-Rhin, Frankreich) und ab 1489 als Dekan von St. Thomas in Straßburg. Seit 1467 ist Burckard in Rom nachweisbar, ab 1472 als Familiar verschiedener Kardinäle, schließlich als Familiar Papst Sixtus' IV. 1476 empfängt er die Priesterweihe. 1481 fungiert er als Sekretär des Bischofs von Straßburg in Rom, wurde dann päpstlicher Protonotar, avancierte zum „clericus ceremoniarum“ der päpstlichen Kapelle, um dann von Sixtus IV. am 29. November 1483 gegen die Zahlung von 450 Dukaten das einträgliche Amt eines päpstlichen Zeremonienmeisters zu erhalten. In dieser Funktion und in Kenntnis der Feierlichkeiten und Festlichkeiten an der Kurie entstand ab 1485 (neben anderen liturgischen Büchern) nicht nur eine mehrfach nachgedruckte Ausgabe eines Pontificale mit dem Titel „Liber Pontificalis“, sondern im Lauf der Jahre auch sein viel zitiertes, berühmt-berüchtigtes Tagebuch, das eine der aussagekräftigsten zeitgenössischen Quellen über das Leben am Hof der Renaissance-Päpste bietet3).

Burckard gehörte zu den bestimmenden Kräften, die sich vor 1500 für einen Neubau der Anima-Kirche einsetzten4). Er wurde am 7. November 1489 in die Bruderschaft der Anima aufgenommen, war von 1494 bis 1499 deren Provisor und gehörte bis 1502 dem Bauvorstand an. Auf ihn geht die 1496 erfolgte Stiftung des bis heute bestehenden Priesterkollegiums zurück. Hinterlassen hat er eine Art Bautagebuch5), das allerdings Anfang 1502 mit seiner Ernennung zum Bischof von Orte und Cività Castellana abbricht und das von seinen Nachfolgern nur noch reduziert fortgeführt wurde. Ein bezeichnendes Licht auf seine Persönlichkeit wirft die vorliegende, von ihm in Auftrag gegebene Grabinschrift, in der er mehr von sich als von den ihm befreundeten bzw. verwandten Toten spricht. Er selbst starb am 16. Mai 1506 in Rom und wurde nicht in der Anima, sondern in S. Maria del Popolo begraben6). Sein heute noch vorhandenes, in der Via del Sudario 43-45 „nach deutscher Art“7) im spätgotischen Stil erbautes Haus mit dem hofseitigen, zur Erinnerung an Straßburg die Inschrift ARGENTINA tragenden Turm8), hat wohl dem benachbarten Largo di Torre Argentina seinen Namen gegeben.

Textkritischer Apparat

  1. Fehlt bei NN., erg. nach Galletti.
  2. XI IVLII MDCCCCLXXXIV Galletti.
  3. Sic!

Anmerkungen

  1. Lib. Mort. fol 5v.
  2. Vgl. über ihn Laucher, Burchard pass., sowie ausführlich Oliger, Burckard pass. und zuletzt Schimmelpfennig, Burckard pass.
  3. Hg. von Celani, Liber Notarum.
  4. Schmidlin 221 bezeichnet ihn sogar als „letzte Instanz“, der in Zusammenarbeit mit den Hospizvorstehern über das Bauprojekt bestimmte.
  5. Vgl. dazu Lohninger, Anima 46ff.
  6. Dies befremdet umso mehr, als Burckard der Anima noch im Januar 1505 immerhin 88 Dukaten zukommen ließ, vgl. ASMA, Lib. Rec. 1 fol. 308. – Vgl. zu den Umständen seines Todes und zu seinem Begräbnis Celani, Liber Notarum 2 512f.
  7. So Pastor, Rom 86.
  8. Der Turm ist inzwischen in den heutigen „Palazzetto del Burcardo“ eingebunden und von außen nicht mehr sichtbar; vgl. dazu die Skizze bei Oliger 201 Abb. 1.

Nachweise

  1. Chacon, Romanas Epitafios fol.225.
  2. Schrader; Monumenta Italiae 143t.
  3. NN, Inschriften Anima fol. 42 Nr. 109.
  4. Magalotti Nr. 745.
  5. Galletti Nr. 54.
  6. Mon. Sepulcralia 8.
  7. Gaillard, Épitaphes 44.
  8. Forcella 3 Nr. 1062.
  9. NN., Inschriften fol. 303
  10. Oliger, Burckard 207 Anm. 4.

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 49† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0004905.