Inschriften: Santa Maria dell’Anima

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

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DIO 3: Santa Maria dell’Anima, Rom (2012)

Nr. 1 Santa Maria dell’Anima, Innenhof (aus Santa Prassede) (1087) 1332

Beschreibung

Fragmente vom Grabdenkmal für den 1087 verstorbenen Kardinal Benedictus Caius, 1332 gestiftet von seinen Nachfahren Quintilius und Hannibal Caius. Aus Santa Prassede stammend1), gelangten die Fragmente um bzw. nach 1873 in die Anima und wurden im Rahmen der musealen Ausgestaltung des Innenhofes2) an dessen Südwand befestigt (Plan Nr. 110). Erhalten haben sich zwei zusammengehörige Fragmente des Mittelteils einer großen Grabplatte aus weißem Marmor mit umlaufender Inschrift (A) auf schmaler Leiste, die durch ein parallel laufendes Mosaikband aus grünem und rotem Porphyr sowie weißem Marmor vom Feld getrennt wird. Darin befindet sich ein in Ritzzeichnung ausgeführtes Wappen, darunter die zeilenweise angeordnete Inschrift (B), von der noch sieben Zeilen zu erkennen sind. Im unteren Bereich wird die Inschrift durch eine später eingeschnittene kreisrunde Öffnung gestört. Die in der Breite vollständige Platte war im verlorenen oberen Bereich offensichtlich mit einer (wohl kleinformatigen) figürlichen Darstellung des Verstorbenen versehen3).

Erg. nach Davanzati.

Maße: H. 60, Br. 67, Bu. 3, 5 (A), 3 (B) cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Dr. Eberhard J. Nikitsch [1/3]

  1. A

    [† HICa) REQVIESCIT / BENEDICTVS CAIVS CALARITANVSb) ANASTASII F]ILIVS PRESBITE[R CARDINALIS / TITVLI SANCTE / PRAXEDIS] CREATVS A GRE[GORIO SEPTIMO OBIIT AN(N)O D(OMI)NI MLXXXVII]

  2. B

    QVINTILIVSa) • ET / ANIBAL • DE • CAIIS / QVI • PRO • REGIBVS / ARAGONIE • IN / SAR[DINIA CL]ARIS/[SIMAS VICTORI]AS / [CONTRA PISANO]S / [GLORIOSE / REPORTARVNT / SEPVLCHRVM HOC GENTILI SVO / INSTAVRARVNT / MCCCXXXIIc)

Übersetzung:

(A) Hier ruht Benedictus Caius aus Cagliari, Sohn des Anastasius, Kardinalpriester der Titelkirche Santa Prassede, erhoben von Gregor VII.; er starb im Jahr des Herrn 1087. – (B) Quintilius und Hannibal von den Caiern, die für die Könige Aragoniens in Sardinien hochberühmte Siege gegen die Pisaner glorreich errungen haben, haben dieses Grab für ihren Verwandten erneuern lassen 1332.

Wappen:
Caius4).

Kommentar

Bei der Schrift handelt es sich um eine für die erste Hälfte des 14. Jahrhunderts typische gotische Majuskel mit Schaftverbreiterungen, Bogenschwellungen und der Tendenz zur Abschließung offener Buchstaben, hier anschaulich am geschlossenen C und E zu sehen. Die auffallend feinstrichig gearbeiteten Majuskeln weisen in der Umschrift regelmäßige, verhältnismäßig weite, in der Inschrift (B) eher enge Spatien auf. A erscheint sowohl trapezförmig mit weit überstehendem Deckbalken als auch in der pseudounzialen Variante, G und N durchgehend unzial. Auffällig ist L mit geradem Balken und senkrechtem Sporn, sowie T mit senkrecht ansetzenden, weit nach unten gezogenen Sporen. Als Worttrenner dienen kleine Dreiecke.

Benedictus Caius5) stammte aus Cagliari (Sardinien). Er wurde von Papst Gregor VII. zum Kardinalpriester von Santa Prassede in Rom erhoben, errichtete dort den Kreuzgang, ließ zwischen 1075 und 1083 Arbeiten in der Krypta durchführen6) und starb 1087 unter Papst Viktor III. Benedictus' inschriftlich erwähnter Vater Anastasius Caius soll zusammen mit Onkel und Großvater das Hospiz der Sarden in Rom erbaut haben7). Die Brüder Quintilius und Hannibal Caius, die sich laut Inschrift um die um 1323 begonnene aragonesische Eroberung Sardiniens verdient gemacht hatten, ließen das vorliegende gemeinsame Denkmal offensichtlich an Stelle eines älteren, vermutlich ursprünglichen setzen und verbanden so das Gedächtnis an ihren ruhmreichen Vorfahren Benedictus mit ihren eigenen Verdiensten.

Textkritischer Apparat

  1. Davanzati läßt beide Inschriften mit einem unzeitgemäßen D. O. M. beginnen.
  2. Fehlt bei Davanzati.
  3. MCCCXXXIII Chacon.

Anmerkungen

  1. Nach Davanzati 208 lag die Platte vor dem Altar der „Capella dei SS. Martiri“, also in der Krypta.
  2. Vgl. dazu Einleitung Kap. 6. – Die Grabplatte wird von Forcella in seiner 1873 erschienenen Publikation noch am ursprünglichen Standort in Santa Prassede überliefert.
  3. Nach Davanzati war die Figur des Verstorbenen in Pontifikalkleidung zu sehen. – Auf der von Forcella schematisch wiedergegebenen Ansicht der Platte ist zwar das Wappen in der Mitte angedeutet, nicht aber die figürliche Darstellung.
  4. Unter Schildhaupt gespalten, rechts unkenntlich, links sechs 2:2:2 gestellte Ringe. – Davanzati, der die Platte offensichtlich in einem besseren Zustand sah, beschreibt das Wappen folgendermaßen: Im Schildhaupt ein auffliegender Adler mit einem Aal in den Krallen einen Stern anblickend, rechts einen Turm, daraus ein bekrönter Löwe wachsend, links sechs Kugeln. Dieser Zustand entspricht der Abbildung des Wappens bei Chacon 867.
  5. Vgl. zum Folgenden ausführlich Blittersdorf/Garms 106.
  6. Vgl. die beiden entsprechenden Bauinschriften bei Forcella 2 Nr. 1490 und 1491 sowie zusammenfassend Suckale, Bild 100.
  7. Vgl. dazu Forcella 2, Nr. 494 mit dem entsprechenden Hinweis in der 1501 von Francesco Caio erneuerten Inschrift über dessen Grab in S. Crisogono in Trastevere. Das benachbarte Hospital lag in der Nähe der Porta Settimiana, vgl. dazu Colonna, Repertorio 174.

Nachweise

  1. Chacon, Vitae I, 868.
  2. Davanzati, Notizie 209.
  3. Galletti, Inscriptiones pedemontanae 14 Nr. 1.
  4. Forcella 2 Nr. 1501.
  5. Blittersdorf/Garms, Grabmäler 1, 106 mit Abb.73.

Zitierhinweis:
DIO 3, Santa Maria dell’Anima, Rom, Nr. 1 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-dio003r001k0000104.