Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 78 Eberbach, Klosterkirche 1351

Neuer Standort: Die Grabplatte befindet sich aktuell im Südseitenschiff der Klosterkirche. Sie ist aufgestellt im ersten Joch von Westen an der Westwand als mittlerer von drei Steinen.

Beschreibung

Fragment der Grabplatte für einen Ritter, wahrscheinlich Tilmann von Rüdesheim. Sein Grab lag am Fenster der Margarethenkapelle im Südseitenschiff. Platte im 19. Jahrhundert verstümmelt, seit 1936 im Boden der mittleren Ostkapelle des Nordquerhauses (Plan K Nr. 13). Die gesamte untere Plattenhälfte fehlt, Figur nur im Oberkörperbereich erhalten. Ritter in zeitgenössischer Rüstung mit tiefgegürtetem Schwert, der obere Teil des Schildes in Hüfthöhe sichtbar, die linke Hand im Eisenhandschuh umgreift einen Schwertknauf. Der Kopf des Ritters ruht auf einem kleinen, mit Quasten verzierten Kissen, quer darauf liegt der Helm mit Helmzier. Verlust der beiden oberen Plattenecken mit erheblichen Textverlusten der auf dem Rand zwischen Linien umlaufenden Grabinschrift, insgesamt schlechter Erhaltungszustand, starke Auswaschungen und Abtretungen der Oberfläche.

Erg. nach Helwich.

Maße: H. 145, B. ca. 123, Bu. ca. 8 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/1]

  1. Anno · [do]minia) / [m]illesimo · trece[ntesimo quinquagesimo primo ii mensis decembrisb) obiit strenuus miles Dielmannus de Rüdeshe]im · cui(us) · a(n)i(m)a · req(ui)escat · i(n)c) Chr(ist)od)

Wappen:
Rüdesheim (auf Hz. gesenkter Flügel).

Kommentar

Das Fragmentstück ist durch die recht frühe Verwendung der gotischen Minuskel auf einer Laiengrabplatte bemerkenswert. Die in der Rüdesheimer Pfarrkirche befindlichen, allerdings schwer zerstörten Grabplatten zweier Angehöriger der Linie der Fuchs von Rüdesheim aus der Zeit um 1364 und der zweiten Hälfte des 14. Jahrhunderts (Nrr. 95, 148) zeigen auffallende Ähnlichkeiten in der Figurengestaltung mit dem quer unter dem Kopf liegenden Helm sowie in der Verwendung des gleichen Schrifttyps. Bei dem Eberbacher Stein ist aufgrund des schlechten Erhaltungszustandes die Schrift so sehr in Mitleidenschaft gezogen, daß eine genauere Untersuchung des Buchstabenbestandes kaum möglich ist. Als Worttrenner dienen kleine Quadrangel.

Die Zuordnung des Steines erfolgte aufgrund der Reste der Datumszeile im Vergleich mit Helwich. Stramberg ordnete Tilmann von Rüdesheim der Linie der Winter von Rüdesheim zu, die einen silbernen Flügel auf schwarzem Grund führten.1) 1321 taucht Tilmann in einer Verhandlung Binger und Rüdesheimer Richter auf,2) und 1332 wird sein Name im Zusammenhang mit der Aussöhnung der Stadt Mainz mit dem Domstift genannt, da er im Todesfalle des Schiedsmannes Nikolaus von Scharfenstein an dessen Stelle treten sollte.3) 1340 wirkte er neben den beiden Konrad von Rüdesheim als Vermittler in einer Streitsache des Klosters Eibingen mit dessen Kaplan.4) Zu seinem Seelenheil stiftete der Ritter 1346 dem Kloster Eberbach einen Jahreszins,5) und zwei Jahre später berichteten die Meisterin und der Konvent des Frauenklosters Klause, daß das Ehepaar Tilmann und Katharina von Rüdesheim bei ihrem Kloster eine Kapelle erbauen ließ.6) Die Kapelle war mit einer Meßstiftung zum Seelenheil des Ehepaares und seiner früh verstorbenen Töchter Sophie von Neisen (†15.8.1338) und Gudele von Rüdesheim (†22.12.1347) ausgestattet. Katharina von Rüdesheim starb 1354 und wurde in Eberbach neben ihrem Mann bestattet (Nr. 84).

Textkritischer Apparat

  1. Am Stein sind sieben aufeinanderfolgende Hastenreste und Quadrangel erkennbar.
  2. Bär konnte das Datum bereits nicht mehr lesen und überlieferte lediglich den Monatsnamen; die Lesung nach Helwich ist insofern problematisch, als die moderne Tagesdatierung in dieser Form sonst so früh nicht nachgewiesen ist.
  3. Kein Worttrenner zwischen beiden Buchstaben. i steht sehr nahe am Folgebuchstaben.
  4. Rest eines x, gefolgt von dem an seiner Unterlänge erkennbaren p und dem unteren Teil des o, also xpo für Christo. Bär entzifferte stattdessen pace.

Anmerkungen

  1. v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius II 10 wie bei Nr. 479; Oidtman, Die adeligen Geschlechter 270.
  2. NUB I 3 Nr. 1736 zu 1321 vor Dezember 13.
  3. REM I 2 Nr. 3222 zu 1332 Juni 23.
  4. Oidtman, Die adeligen Geschlechter 270.
  5. v. Stramberg, Rheinischer Antiquarius II 10 wie bei Nr. 479.
  6. NUB I 3 Nr. 2527 zu 1348 Dezember 13.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 163.
  2. Anonymus ed. Roth, Geschichtsquellen III 82.
  3. Bär, Epitaphiensmlg. fol. 2v.
  4. Würdtwein, Epitaphienbuch 238.
  5. Roth, Geschichtsquellen III 260.
  6. Beitr. Gesch. Erzstift 29.
  7. Foto LfD N 10520.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 78 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0007804.