Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 624 Geisenheim (aus Kiedrich, Kath. Pfarrkirche St. Valentin) 1.H.17.Jh.?
Beschreibung
Spruchinschrift auf Teilen des ehemals achteckigen Schalldeckels der alten Kiedricher Kanzel, etwa um 1865 abgebaut, gefunden im Stall des dortigen Pfarrhauses, heute Privatbesitz.1) Die hölzernen Einzelteile zeigen ein Schriftband, das oben von einem Zahnschnittfries begrenzt wird, darüber ein Gesims. Buchstaben flachgeschnitzt, moderne Fassung.
Maße: H. ca. 25, Bu. 7 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
DOMINVS · DABIT · VERBVM · EVANG[ELIZANTIBUS] · VIRTVTE · MVLTA · P2)
Übersetzung:
Der Herr wird das Wort jenen, die die frohe Botschaft verkünden, mit großer Kraft geben.
Anmerkungen
- Frdl. Hinweis Dr. h.c. Josef Staab, Johannisberg.
- Ps. 67,12. Das Schluß-P ist der Anfang für die Psalmenangabe.
- Frdl. Hinweise von Dr. Staab und Dr. Eberhard J. Nikitsch.
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 624 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0062403.
Kommentar
Die Kapitalisschrift zeigt ein A mit geradem Balken, E mit kurzem Mittelbalken, R mit leicht geschwungener Cauda, schmale Bögen beim B, ein M mit geraden Schäften und bis zur Mittellinie gezogenem Mittelteil; diese unauffälligen Formen erschweren eine engere zeitliche Einordnung. Als Anhaltspunkt mag die inschriftlich 1618/19 datierte, heute in der Oberweseler Totenkapelle St. Michael befindliche Kanzel dienen, die neben anderen Inschriften auch den vorstehenden Psalm trägt.3) Freilich unterscheidet sich die Kiedricher Kapitalis von dieser Oberweseler Kanzelinschrift, deren Buchstaben schmal, langgestreckt und in Einzelformen unterschiedlich sind wie etwa bei dem gebrochenen Mittelbalken des A, der unterschiedlichen Bildung der Cauda beim R, den unterschiedlichen Bögen bei B oder dem O mit Schwellungen am linken und rechten Bogen.
Ob der Kanzeldeckel bereits in Zusammenhang mit der Errichtung des Hochaltars von 1619 (Nr. 580), des Katharinenaltars (Nr. 583) von 1620 oder erst später entstand, läßt sich mangels weiterführender Hinweise und einer zeitlich nicht näher einzugrenzenden Schrift nicht schlüssig entscheiden.