Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 526† Eltville, Kath. Pfarrkirche St. Peter und Paul 16.Jh.

Beschreibung

Spruchinschrift über einem Bild der hl. Dreifaltigkeit („in superiori parte supra imaginem SS. Trinitatis“), vielleicht als Malerei oder als Teil eines Epitaphs ausgeführt. 1614 kopial überliefert.

Nach Helwich.

  1. Arrius ex Hebionea) ex Arrio Aetius olimDogma venenosum sumpserat in triadem.Nos autem Christi veri documenta sequentesCredimus in triadem pectore et ore sacram.Ens unum deitatis et emanatio trinaO pater o fili flamen o alme deusTu nostri miserere manes qui trinus et unusNumine confirma pectora nostra tuo.

Übersetzung:

Einst hatte Arius von Hebion, und von Arius dann Aetius die unheilvolle Lehre gegen die Dreieinigkeit übernommen. Wir aber sind immer der Lehre des wahren Christus gefolgt, und wir glauben mit Herz und Stimme an die heilige Dreifaltigkeit. Ein Wesen der Gottheit und drei Ausprägungen, o Vater, o Sohn, hl. Geist, o gütiger Gott, erbarme dich unser, der du dreifach und eins bist, stärke durch dein göttliches Wirken unser Herz.

Versmaß: Vier Distichen.

Kommentar

Die Inschrift spielt mit der Nennung des Arius auf die im 4. Jahrhundert ausgebrochene Kontroverse zwischen Kirchenvätern und Arianern um die Gottheit Christi an.1) Arius hatte die Wesensähnlichkeit von Gott und Christus vertreten, während das Konzil von Nicaea 325 die Lehre von der Wesenseinheit durchsetzte. Später bestritt Aetius jedoch jegliche Gleichheit des Sohnes mit dem Vater. Mit Hebion sind die Eboniten als judenchristliche, christologische Irrlehren vertretende Sekte gemeint.2) Die Intention des unbekannten Verfassers der Inschrift war jedoch nicht die historische Auseinandersetzung mit dem Arianismus, sondern die Betonung der Wahrung des rechten Glaubens durch die mit wir bezeichnete katholische Kirche. Die Inschrift hängt also mit der nachtridentinischen Trinitätsdiskussion zusammen und stellt eine im Rahmen der zeitgenössischen Religionsauseinandersetzungen geäußerte Kritik an den Lutheranern dar. Interessanterweise bemüht auch eine Denkschrift im Vorfeld des Religionsgespräches von Speyer/Hagenau (1539) den Vergleich zur Irrlehre des Arius.3) Ebenso könnte an Zusammenhänge mit den u.a. die Dreifaltigkeit betreffenden Katechismuspredigten etwa des Michael Helding gedacht werden, die dieser 1542 bis 1544 im Mainzer Dom hielt.4) Möglich wären zudem Einflüsse der „Institutio christiana“, die als deutscher Katechismus 1549 und 1551 in Mainz gedruckt wurde und weite Verbreitung erlangte.5)

Inschrift und Dreifaltigkeitsbild gehörten offenbar zusammen. In ihrem Kampf gegen die Arianer hatten sich die Kirchenväter u.a. auf die Psalmen 2,7 und 109,1 als wichtige Grundlagen der Trinitätsvorstellung6) bezogen, wobei letzterer Psalm vor allem im 12. und 13. Jahrhundert häufig illustriert wurde. Er wird seither als Grundlage eines der wichtigsten Trinitätsbilder, nämlich der Darstellung der dreieinigen Gottheit, Gottvater, Sohn und hl. Geist, in Form des sog. Gnadenstuhls angesehen.7) In der Eltviller Kirche findet sich diese Darstellung auf dem 1539 angefertigten Epitaph des gelehrten Theologen Adam Helsinger (Nr. 414). So bietet sich die Vermutung an, daß dieses Epitaph auch mit dem vorliegenden Trinitätsbild, das möglicherweise in Form einer beschrifteten Wand- oder Tafelmalerei ausgeführt war, in Zusammenhang gestanden hat.

Eine weitere Möglichkeit ergibt sich aus der Analyse des Helwichschen Manuskriptes. Helwich schloß die obige Inschrift unmittelbar an die Inschrift des (verlorenen) Epitaphs der 1572 verstorbenen Loretta Frei von Dehrn (Nr. 482) an und fügte dann die oben zitierte Standortangabe hinzu. Vergleichbare Angaben vermerkte er auch bei dem ebenfalls benachbarten Epitaph der Elisabeth von Schöneberg (Nr. 524).8) So kann nicht ausgeschlossen werden, daß die vorstehende Inschrift Bestandteil des dann mit einer Trinitätsdarstellung geschmückten Dehrnschen Epitaphs gewesen sein könnte. Im Unterschied zum Schöneberg-Epitaph, wo beide Inschriften in lateinisch abgefaßt wurden, bediente man sich beim Dehrnschen Denkmal der deutschen Sprache. Im vorliegenden Fall verwandte man jedoch wiederum das Lateinische. Eine solche Kombination einer deutschen Grabinschrift mit einer räsonierenden lateinischen Spruchinschrift ist selten; in den bekannten Fällen zog man knappe Texte oder Bibelzitate heran.9) Das obige Bekenntnis zum Glauben an die Dreieinigkeit muß also nicht unbedingt in einen engeren sepulkralen Zusammenhang gehören.

Textkritischer Apparat

  1. Zaun Hebrone.

Anmerkungen

  1. Vgl. TRE 12 199-201 zur Dogmatisierung des hl. Geistes als Gottheit; hier 200 über Athanasius; zum Arianismus vgl. LThK 1 (1993) Sp. 984-89, bes. 984ff.; auch TRE 3 693-719, besonders 698f. zu Arius. – Für hilfreiche Hinweise zu Übersetzung und Kommentar danke ich Dres. Rüdiger Fuchs und Sebastian Scholz.
  2. Vgl. LThK 3 Sp. 633f.
  3. Frdl. Hinweis Dr. Rüdiger Fuchs auf L. Cardauns, Zur Geschichte der kirchlichen Unions- und Reformbestrebungen 1538 bis 1542. Rom 1910 (Bibliothek d. kgl.-preuß. hist. Inst. in Rom. 5.) 131-138 Nr. 7.
  4. Vgl. dazu Jürgensmeier 189f.
  5. Vorbild war u.a. der Katechismus des Dominikaners und Mainzer Theologieprofessors Johann Dietenberger (†1537), den dieser als sein letztes Werk zur Verteidigung des kath. Glaubens publizierte, vgl. ebd. 190.
  6. Vgl. zur Dreifaltigkeit LThK 3 Sp. 543-562.
  7. Vgl. LCI 1 Sp. 533.
  8. Dort fügte er allerdings hinzu, daß sich die entsprechende Inschrift im oberen Denkmalteil („in superiori parte epitaphii“) unterhalb einer Auferstehungsszene befand.
  9. Vgl. etwa Nr. 613 u. DI 29 (Worms) Nr. 593, 665, 690; DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 385, 470, 537, 583.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 244.
  2. Zaun, Landkapitel 40.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 526† (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0052603.