Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 474† Rüdesheim, Sickinger Hof 1569

Beschreibung

Memorial-, Herstellungs- und Stifterinschrift auf gewirktem Wandteppich. Zu sehen waren Franz Konrad von Sickingen mit seiner zweiten (?) Ehefrau und aus Wappen gebildete Stammbäume. In der Bildmitte lehnte Franz an einer Tafel, in die die Inschrift eingewirkt war. Keine näheren Angaben zu Herkunft, Anbringungsort und Verbleib des Inschriftträgers vorhanden.1)

Nach Schneegans.2)

  1. Franz Konrad von Sickingen ist seines Alters im 19. Jar an Keisers Karoli den Fünften Hoif kummen mit ir Majestät Anno 1532 gen den Türken fort in Italien vnd viber Meer in Hispanien auch zum zweitenmal wolged anno 1543 Pfalzgraue Ludwigs Churfürstlicher gnant Fridmacher Marschall vnd anno 1545 Pfalzgrave Friedrich Churfürstlicher Vizthumb in der Oberpfalz hernachen 1566 Keiser Maximiliani des Ander Reichshofrat worden. Hat seinen fünf Sonen zur erlichs Gdechtnus dis Tuch wirken lassen. Anno 1569.

Kommentar

Franz Konrad,3) 1511 als jüngster Sohn Franz von Sickingens und der Hedwig von Flersheim4) geboren, war beim Tod seines Vaters etwa 12 Jahre alt. Herangewachsen begleitete er seinen Bruder Hans auf dessen Zügen und diente u.a. unter Kaiser Karl V. in Afrika.5) Franz Konrad avancierte nach dem Tod seines älteren Bruders Schweickard IX. im Jahre 1562 zum Oberhaupt der Familie. Aus seiner ersten Ehe mit Lucia, Tochter des Johann Heinrich von Andlau und der Ottilie Kranch von Kirchheim, hatte er fünf Söhne.6) Seit 1553 versuchten Herzog Christoph von Württemberg und der in der Inschrift genannte Kurfürst Friedrich von der Pfalz erfolglos, Sickingen zur Übernahme der Feldmarschallstelle des Heidelberger Bundes zu überreden.7) Er wurde gewählter Ritterhauptmann links des Rheins, kurpfälzischer Obermarschall und Statthalter der Oberpfalz. Auf dem Augsburger Reichstag 1566 gehörte er gemeinsam mit seinem Sohn Hans Schweickard, dem Begründer der Ebernburger Linie, zu den prominentesten Figuren der Reichsritterschaft im Hofstaat Maximilians II. Von diesem wurde er schließlich zum kaiserlichen Reichshofrat ernannt.

Der Wirkteppich, der vermutlich zur Ausstattung des gegen Ende des 16. Jahrhunderts erbauten Sickinger Hofes in Rüdesheim8) zählte, gehört zu einzelnen Denkmälern memorialen oder genealogisch-historischen Charakters, die Franz Konrad in Auftrag gab, etwa die 1570 entstandenen Glasscheiben auf der Ebernburg mit Memorialinschriften für seine beiden Ehefrauen.9)

Anmerkungen

  1. Den heutigen Besitzern des Sickinger Hofes war der Wirkteppich unbekannt, frdl. Auskunft von Reichsfreiherr von Ritter zu Groenesteyn, Kiedrich, im Sommer 1994.
  2. Frdl. Hinweis von Dr. Eberhard J. Nikitsch, Mainz.
  3. Vgl. Möller, Stammtafeln AF II Taf. LXXVII.
  4. Zu ihr s. DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 245.
  5. Vgl. Wilhelm Schneegans, Die Ebernburg. Geschichte des edlen Geschlechts derer von Sickingen im Anschluss an die Geschichte der Ebernburg. Kreuznach o.J. (um 1880) 78f.; Zur Ebernburg (LKr. Bad Kreuznach) s. Otto Böcher, Die Ebernburg in Bad Münster am Stein-Ebernburg. Köln 1985 (Rheinische Kunststätten. 299.).
  6. Sie wurden Stammväter der Linien Schallodenbach, Sickingen, Ebernburg, Hohenburg und Landstuhl, vgl. auch Europ. Stammtafeln NF XI Taf. 64.
  7. Michael Benz, Sickingen-Bildnisse. München 1985 (Oberrhein. Quellen u. Forsch. 1.) 19f.
  8. Kdm. 325 ohne weitere Angaben zur Ausstattung. Der Hof gehört seit 1818 der Familie von Ritter zu Groenesteyn, Kiedrich, vgl. Kratz, Rüdesheim 101.
  9. Vgl. Europ. Stammtafeln NF VII Taf. 161. Seiner ersten Frau Lucia hatte er ein Denkmal in der katholischen Pfarrkirche St. Magdalena in Sickingen setzen lassen, vgl. DI 20 (Karlsruhe) Nr. 190. In zweiter Ehe war er kinderlos mit der verwitweten Alberta von Millendonk verheiratet. Zu den Scheiben auf der Ebernburg vgl. auch DI 34 (Bad Kreuznach) Nr. 330.

Nachweise

  1. Schneegans, Ebernburg 79.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 474† (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0047406.