Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 453 Rüdesheim, Brömserhof, Ahnensaal 1559

Beschreibung

Gemalte und beschriftete Ahnenprobe des Heinrich Engelhart IV. Brömser von Rüdesheim im Gewölbe des Ahnensaales, 1898 restauriert.1) 32 beschriftete Vollwappen von fünf Generationen sind auf die 14 Felder der Gewölbekappen verteilt: Die Wappen sind nach den Stämmen der Großeltern geordnet und haben gruppenweise die entsprechenden Beischriften. Pro Feld sind zwei numerierte und tingierte Ahnenwappen aufgemalt; in der Mitte des Fensterfeldes ein Wappenhalter. Je vier Wappen in den äußeren Kappenzwickeln bilden die väterlichen Ahnenproben der Eltern, nämlich Heinrichs III. Brömser (A, Nrr. 1-8) auf der Osthälfte des Gewölbes und Walburgas von Greiffenclau zu Vollrads (C, Nrr. I-VIII) auf der Westhälfte. Diesem äußeren Kreis entspricht ein innerer Kreis im Sterngewölbe: Dort befinden sich in jedem Gewölbezwickel zwei Wappen in einem beschrifteten Kreisfeld, in der Osthälfte die acht mütterlichen Ahnen der Vaterseite (B, Nrr. 1-8), in der Westhälfte als Pendant die mütterlichen Vorfahren der Mutterseite (D, Nrr. I-VIII). Jedes Wappen ist tingiert, mit Helm, Decke, Kleinod und Beischrift wiedergegeben.

An drei Wänden des Ahnensaales befinden sich weitere Wandmalereien: Auf der Ostwand Bäume und Waldtiere mit den beiden Hauptwappen; auf der Südwand der Meersturz des Jonas, im Scheitel darüber die aufgemalte Künstlersingatur (E); auf der Westwand ebenfalls eine Darstellung aus dem Jonas-Zyklus: Jonas erwartet den Untergang Ninives, wobei dieses Fresko die älteste Darstellung der Stadt Mainz bietet.2)

Maße: D. 75, Schriftb. ca. 45-76 (A-D), 35 (E), Bu. 4,5-6 (A-D), 3-3,5 (E) cm.

Schriftart(en): Fraktur.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/20]

  1. A

    [...3) / Rüd]esheim · 2 / Boss von Waldeck / 4 · hunsteina) / 5 · Eltz · / · 6 · spor / 7 · geÿspisheim / Rewelskirhenb) · 8

  2. B

    Disz sein mein acht anchen von der mutter henrich brumsser von Rüdeszheim (et cetera) / 1 Ingelheim / 2 Brendell / 3 spanheimc) / 4 Roder / 5 Werwerckd) / 6 Clehen / 7 leÿbensteine) / 8 Zeÿszcum

  3. C

    [... / ...]4) Langennau · III / Hasen / Von Diuelich · IIII / Rocznnhausen vom scheneckf) V / Falckenburgk · VI / Weidt kaldenffelsg) VII / Waltmuszhausen VIIh) /

  4. D

    Disz sein mein acht anchen von der mutter walburg greiffencloin von volraiths / I Buches vo(n) staden / II Vrsell / III fechenbach / IIII buches · niderrosbach / V low von steinfort / VI waÿsz · vo(n) feurbach / VII Bellerszheim / VIII Fetzer

  5. E

    · 15 · I(ORG) · R(ITTER) · V(ON) · W(ETZLAR) · M(ALER)i) · 59 ·

Wappen:
Brömser von Rüdesheim; Greiffenclau zu Vollrads.
(A) Brömser von Rüdesheim, Boos von Waldeck, Vogt von Hunolstein, Eltz, von der Spor, Geispitzheim, Reipolskirchen
(B) Ingelheim, Brendel von Homburg, Wolf von Sponheim, Röder von Rodeck, Werberg, Cleen, Löwenstein, Zeiskam
(C) (…), Langenau, Hase von Dieblich, Ratsamhausen von Schöneck, Falkenburg, Steinkallenfels, Waltmannshausen
(D) Buches von Staden, Ursel, Fechenbach, Buches von Niederrosbach, Löw von Steinfurt, Wais von Fauerbach, Bellersheim, Fetzer von Geispitzheim

Kommentar

Eine ausführliche Ahnenaufschwörung5) wie die des damals 20jährigen Heinrich IV. Engelbrecht (Nr. 469), Sohn Heinrichs III. Brömser (Nr. 459) und der Walburga von Greiffenclau zu Vollrads,6) stellte bis weit ins 17. Jahrhundert eine wesentliche Voraussetzung bei Bewerbungen um ein Kirchen- oder Staatsamt oder um die Aufnahme in eine adlige Verbindung dar.

Die Wappendecke und der Bildschmuck der Seitenwände stammen von demselben Künstler, den Heinzelmann mit dem aus Wetzlar stammenden Maler Jörg Ritter identifizerte. Dieser hatte 1548 die Mainzer Domorgel gefaßt und u.a. die Faßmalerei am dreiteiligen, von Dietrich Schro 1550 gefertigten Grabmal Philipps zu Solms in Lich besorgt.7)

Textkritischer Apparat

  1. Vogt von Hunolstein.
  2. Reipelskirchen.
  3. Wolf von Sponheim.
  4. Werberg.
  5. Löwenstein.
  6. Ratsamshausen von Schöneck.
  7. Steinkallenfels.
  8. Waldmannshausen, richtig VIII.
  9. Nach Heinzelmann auch auflösbar mit M(AINZ).

Anmerkungen

  1. Durch den Kunstmaler Gustav Ballin, der darüber eine kleine Schrift verfaßte, vgl. Ballin 16 Anm. *, vgl. auch Kratz, Rüdesheim 82f.
  2. Vgl. Fritz Viktor Arens, Die älteste Gesamtansicht von Mainz. In: Mzer. Almanach Jg. 1958, 67.
  3. Wappen Brömser von Rüdesheim. Die Benennung der Ahnen stimmt gemäß den Stammtafeln (Humbracht, Möller), nicht jedoch ihre Position in der Stammfolge.
  4. Hier fehlen das Wappen Greiffenclau zu Vollrads und ein unbekanntes (vielleicht Ippelbrunn); weder Benennung noch Position der Ahnen lassen sich in den Stammtafeln (Humbracht, Möller) in dieser Form verifizieren.
  5. Dieses zeittypische Interesse den eigenen Ahnen gegenüber verknüpft mit offensichtlichem Repräsentationsbedürfnis wird auch deutlich bei dem heute auf Schloß Johannisberg befindlichen Brömserschen Gemäldezyklus, vgl. Nr. 506. Daß die Brömser damit einem zeittypischen Trend folgten und solche Ahnenproben auch bei anderen Familien beliebt waren, zeigen z.B. der Sickingensche Wirkteppich (Nr. 474) und die Kronberger Tischplatte, vgl. zu dieser Einleitung Kap. 6.
  6. Kratz, Rüdesheim 82.
  7. Heinzelmann, Genealogische Randnotizen I 50; die Auflösung der Initialen bei dems., Bei- u. Nachträge 91.

Nachweise

  1. Ballin 9.
  2. Luthmer (1902; 1907) 40-41.
  3. Kdm. 322-323 mit Abb. 690 und 691.
  4. Heinzelmann, Bei- und Nachträge 91.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 453 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0045304.