Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 410 Geisenheim, Kath. Pfarrkirche zur Kreuzauffindung (1528/1529)/1536

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Epitaph für Friedrich von Stockheim und seine Frau Irmel von Karben an der Nordinnenwand des Chores. Großes, dreizoniges Grabmal aus farbig gefaßtem Stuck mit kastenartig eingetiefter Mittelzone, darin das fast lebensgroße, einander zugewandte Ehepaar: links Friedrich von Stockheim in zeittypischer Rüstung mit Sturmlanze, neben ihm seine Frau in langem Kleid mit Haube und einem Rosenkranz in den Händen. Im Sockelbereich des Epitaphs auf querrechteckiger Tafel die Grabinschriften (A) des Paares, flankiert von je einem Vollwappen. Auf Pilaster und Gebälk der Ädikula florales Rankenwerk mit eingearbeiteten Drolerien, auf dem Gebälk Vollwappen des Paares. Oberer Abschluß des Epitaphs in Form einer mit sparsamem Rollwerk verzierten Muschellünette, Bibelspruch (B) auf deren nach innen abgeschrägtem Rahmen. Wappenbeischriften auf Architekturrahmen, rechts mit Herstellungsjahr (C) in Form erhaben gearbeiteter, untereinander gestellter Ziffern bezeichnet, ebenso links (D), hier allerdings Ziffern vertieft und vertauscht. Gut erhalten, einheitlich mit dunkelgrauer Farbe überstrichen.

Maße: H. ca. 400, B. 180, Bu. 1,8 (C)-3 (A) cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/4]

  1. A

    ANNO D(OMI)NI MDXXVIII DEN XXVIII DAG IVLII IST VER/SCHEIDEN DER EDEL VND ERNFEST FRIEDERICH VO(N) STOCK/HEIM DER ELTER SEINS ALTERS IM 66 IAR DE(M) GOT GENADE / ANNO CHRISTI MDXXIX DEN X DAG IVNII STARB / DIE EDEL VND DVGENTSAME FRAW IRMEL VON CAR/BEN IM XXXXV IAR IRES ALTERS VND IM XXVIII / IAR IRES ELICHEN STANTS SEIN ELICHER GEMAHEL DIESER VND / ALLER CRISTGLAVBIGEN SELEN GOT GENEDIG VND BARMHERTZIG SIE

  2. B

    RO(EMER) 6 WIR MIT CHR(IST)O GESTORB(EN) GLAVB(EN) WERD(EN)AVCHa) MIT IM LEB(EN)1)

  3. C

    1536

  4. D

    6135b)

  5. Wappen mit Beischriften: 
    STOCKHEIM, BELLERSHEIM; CARBEN, RVEDENNc). 

Kommentar

Die Grabinschriften sind in einer gleichmäßigen Kapitalisschrift unter Verwendung einiger litterae insertae und Ligaturen eingehauen. Das M besitzt schräg gestellte Hasten und einen fast bis zur Grundlinie reichenden Mittelteil, die Cauda des R ist geschwungen. Die Inschrift (B) ist zwar auch mit Linksschrägenverstärkung geschrieben, hat aber M mit geraden Hasten und R durchgehend mit konkav gebogener, stachelartiger Cauda.

In der Meisterfrage des Epitaphs vermutete Kautzsch einen nahen Bezug zur Backoffen-Schule, dem später auch Lühmann-Schmid folgte, die das Denkmal dann Peter Schro zuwies.2) Kahle und Luthmer hatten hingegen die Werkstatt des Meisters Lienhart Syfer namhaft gemacht;3) Seeliger-Zeiss wiederum erkannte Berührungspunkte zu den Doppelgrabmälern des sog. „Oppenheimer Meisters“.4)

Friedrich von Stockheim d.Ä. wurde 1462 als einer von sechs Söhnen des Ehepaares Philipp von Stockheim und Katharina von Bellersheim geboren.5) Als Neunundreißigjähriger heiratete er 1501 die damals siebzehnjährige Irmel von Karben;6) dieser Verbindung entstammten sechs Kinder.7) Friedrich von Stockheim war 1505-1521 Rheingauer Viztum.8)

Textkritischer Apparat

  1. Über WERD(EN) in sehr kleinen Buchstaben eingefügt.
  2. 1 wie 7.
  3. Rüd von Kollenberg.

Anmerkungen

  1. Röm 6,8.
  2. Kautzsch, Backoffen 75; auch Dehio Hessen (1942) 368, Lühmann-Schmid.
  3. Kahle 38f., Luthmer. Schaefer, Begegnung 122 zitiert die angebliche Meistersignatur M L Z P V H, wohl aufzulösen als M(EISTER) L(IENHARD) S(YFER) P(ILDHAVER) V(ON) H(EIDELBERG).
  4. Seeliger-Zeiss, Lechler 172.
  5. Möller, Stammtafeln AF II Taf. LXXXI.
  6. Nach Möller ebd. war sie die Tochter Hermanns von Karben und Magdalenas Rüd von Kollenberg. Ihr Vater war jedoch Karl.
  7. Die zweite Ehefrau seines Sohnes Friedrich Johann, Agnes von Koppenstein, wurde in Eltville beigesetzt, vgl. Nr. 437f.
  8. Witte 229 Nr. 47; vgl. zu dem Grabmal Gerd Hagenow, Die Grabmäler des Rheingauer Domes. 1. Das Grabmal des Ehepaares Friedrich von Stockheim und Irmel von Carben. In: Beitr. z. Kultur u. Gesch. d. Stadt Geisenheim. Zusammengest. v. Paul Claus. Bd. 1. Geisenheim 1991, 22f.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 281.
  2. Würdtwein, Epitaphienbuch 369.
  3. Zaun, Landkapitel 246.
  4. Roth, Geschichtsquellen III 289.
  5. Luthmer (1902) 76; (1907) 77.
  6. Kdm. 175f.
  7. Lühmann-Schmid 2, 80f.
  8. Hagenow (1991) 22f.
  9. Laufs, Rheingauer Dom 25 (Abb.).
Addenda & Corrigenda (Stand: 30. September 2021):

   
Wappen
Stockheim Karben
Rüd von Kollenberg Rüd von Kollenberg

Hinweis:

Die Schriftformen der Inschrift (A) gleichen denen auf dem Epitaph für Konrad von Liebenstein († 1536, fertig 1541) in der Memorie des Mainzer Doms, vgl. DI 2 (Mainz) Nr. 372 und Mainzer Inschriften 3, Nr. 7.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 410 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0041002.