Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 384 Erbach, Friedhof um 1520?

Beschreibung

Kreuzigungsgruppe. Die vierteilige Golgatha-Szene besteht aus den überlebensgroßen Figuren Christi am Kreuz, der Muttergottes links unter dem Kreuz, dem Jünger Johannes rechts und der knienden Maria Magdalena am Kreuzfuß. Grau-gelber Tuffstein.1) Auf dem Lendentuch Christi erhaben angebrachter Bibelspruch (A), allerdings durch die Fältelung unterbrochen und schwer lesbar, auf dem Gewandsaum der Johannesfigur erhaben gearbeitete Inschrift (B); die beiden Frauengestalten inschriftlos. Gruppe insgesamt gut erhalten, moderne Inschrift auf dem Kreuzstamm unten.2)

Maße: H. Fig. ca. 178, Bu. 4 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/6]

  1. A

    MORS ERO MORS / MORS TVA · MORSVS [TVVS ERO] INFERNE3)

  2. B

    CH(RISTVS)a) IN · PRINC(I)PIOb) · ERATc)4)

Übersetzung:

Tod, ich werde, Tod, dein Tod sein, Hölle, ich werde dein Biß sein (A). – Christus war im Anbeginn (B).

Kommentar

Die aus dem Stein erhaben herausgearbeitete Kapitalisschrift ebenso wie der Spruch (A) finden sich im Bearbeitungsgebiet und darüber hinaus bei Arbeiten unterschiedlicher Qualitätsstufen, die bisher einem freilich nicht näher definierten Umkreis der Backoffenschule zugeschrieben wurden.5) Erhabene Rauten dienen als Worttrenner. Der Text auf dem Gewandsaum des Jüngers ist eine Paraphrase des Beginns des Johannes-Evangeliums „In principio erat verbum“ im Sinne der Analogisierung Christi mit dem Wort Gottes. Dieser Spruch findet keine Parallele bei den übrigen Kreuzigungsgruppen. Die Komposition der stark überarbeiteten Gruppe wurde allgemein als Werk der Backoffen-Werkstatt angesehen.6) Für Goeltzer stammt sie „wohl nicht aus der engeren Umgebung des Meisters“. Vielmehr er schreibt sie einem in „loser Abhängigkeit“ von Schro arbeitenden unbekannten Bildner zu.7)

Textkritischer Apparat

  1. Befund X.
  2. Obere Hälfte des letzten I zerstört, untere Hälfte des O fehlt.
  3. Beim T oberer Querstrich zerstört.

Anmerkungen

  1. Goeltzer, Backoffen 2, 4 zufolge handelt es sich um grau überstrichenen, roten Sandstein.
  2. Wortlaut: MISSION.
  3. Nach Os. 13,14.
  4. Paraphrase von Io. 1,1.
  5. Vgl. die Golgatha-Gruppen in Frankfurt a.M., Wimpfen, Hessenthal, Mainz und Eltville (Nr. 350), s. dazu u.a. M. Kaufmann, Der Frankfurter Kaiserdom. Seine Denkmäler und seine Geschichte. München 1922, 16; zu Wimpfen vgl. DI 4 (Bad Wimpfen) Nr. 93; zu Mainz DI 2 Nr. 1128.
  6. Kautzsch, Backoffen 21, Braune-Plathner 28, Kdm. 152, Dehio Hessen (1982) 210.
  7. Goeltzer, Backoffen 2, 3f.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 384 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0038407.