Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 375 Lorch, Kath. Pfarrkirche St. Martin (1480)/1517?

Beschreibung

Epitaph des Ehepaares Philipp IV. Hilchen von Lorch und Elisabeth von Bicken. Es befand sich nach Helwich ehemals „extra chorum a dextris“ und ist heute an der Südwand des Langhauses neben der Kanzel angebracht. Im rechteckigen, leicht eingetieften Feld der Platte aus rotem Sandstein Darstellung des Ehepaares in Flachrelief: der Ritter in Vollrüstung mit Schaller und Hellebarde, den Rosenkranz in den betend aneinandergelegten Händen, seine Frau rechts daneben in zeitgenössischer Tracht mit Fache, Haube und weitem Mantel, ebenfalls den Rosenkranz in Händen. Umschrift auf gerader Leiste, je ein Wappenschild ist den Füßen vorgelegt. Zu Häupten der Figuren befinden sich ihre beiden einander zugeneigten Vollwappen mit ineinander verschlungenen Helmdecken. Steinmetzzeichen neben dem Kopf der Frau (Nr. 7), untere Schriftleiste beschädigt.

Maße: H. 285, B. 150, Bu. 6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/2]

  1. Anna) · d(omi)ni · xvc · xvii · starbeb) / der · ernveste · philippsc) · hilchin · von · lorche · here [zu] / dernbached) v[nd] m cccc · lxxx · / Jungfrauwee) · elizabeth · vo(n) · bicke(n) · sy(n) · eliche · huschf(raw) · welche · sele ·f)

Wappen:
Hilchen von Lorch, Grenzau; Bicken, Itter.

Kommentar

Die Kleinbuchstaben der zu den späteren Minuskeln des Bearbeitungsgebiets gehörenden Grabinschrift sind sorgfältig ausgeführt; das s im Vornamen ist – anders als bei starb – rund und deutlich größer als die restlichen Buchstaben. Auch die Buchstaben der oberen Querleiste sind größer als die übrigen, dicht gedrängten Gemeinen. Senkrecht mit Zierstrichen ausgezogene Quadrangel dienen als Worttrenner.

Die Figurenplatte ist eine weitere Variante des architekturlosen, für eine Wandanbringung konzipierten Denkmaltyps, wie er in Lorch 1496 (Nr. 294) und 1512 (Nr. 359) vorkommt. Inwieweit dieses Denkmal ebenfalls für eine Wandanbringung konzipiert war, läßt sich nicht entscheiden; insgesamt ist es dem spätgotischen Grabplattentyp noch eng verhaftet, da die Grabinschrift das Figurenfeld einrahmt und die Inschrift vom Platteninneren aus zu lesen ist. Weder in der Kleidung noch in der Rüstung der Verstorbenen ergeben sich Anhaltspunkte für eine genauere Datierung: Der Rüstungstyp ist zum Ende des 15. Jahrhunderts ebenso wie kurz nach 1500 verbreitet und wurde noch einige Jahrzehnte darüber hinaus beibehalten. Nur die Hellebarde entspricht bereits dem Stechwaffentyp nach 1500. Aufgrund der fehlenden Angaben zum Todestag könnte man vermuten, daß das Monument nachträglich von den Nachkommen als Memorialdenkmal in Auftrag gegeben wurde. Daß das Ehepaar als alt dargestellt wird, unterstützt diese Einordnung. Die genauen Todesdaten dürften sich auf den von Helwich nicht überlieferten Grabplatten befunden haben.

Der Verstorbene1) war der einzige Sohn Friedrichs IV. Hilchen und der Adelheid von Grenzau, Erbin von Dernbach. 1452 angeblich dem geistlichen Stand geweiht, aber zurückgetreten, vermählte sich Philipp IV. mit Elisabeth von Bicken, der einzigen Tochter Konrads von Bicken zum Hain und einer namentlich unbekannten Frau von Itter.2)

Textkritischer Apparat

  1. Sic! für Anno, so auch Helwich.
  2. Sic! für starben.
  3. Rundes, fast versalienartig großes S mit nach außen gebogenen Zierbögen.
  4. Trotz Verwitterungsspuren in dieser Ecke sind die Buchstaben schwach erkennbar; Helwich überliefert mit Spatium zu der[...]mbache, Stramberg verlas den Text zu Herr Johann.
  5. Schwertspitze ins Schriftfeld ragend, über u steht we kleinformatig auf den Rand geschrieben.
  6. Die Inschrift wurde nicht weitergeführt, trotz eines für die sonst übliche Fürbitte ausreichenden Platzes.

Anmerkungen

  1. Möller, Stammtafeln AF III Taf. CXIV.
  2. Zwei Söhne entstammten dieser Eheverbindung.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 295.
  2. v. Stramberg, Rhein. Antiquarius II 10.
  3. Zaun, Landkapitel 323.
  4. Roth, Geschichtsquellen III 301.
  5. Luthmer (1907) Abb. 83.
  6. Klingelschmitt, Gotische Grabmäler 12, Abb. 639.
  7. Lorch im Rheingau 58 (Abb.).
  8. Kdm. 256 Nr. 4 Abb. 639.
  9. Schaum-Benedum 190.
  10. Struppmann, Chronik Lorch 96 u. 97 Abb. 1.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 375 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0037508.