Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 352(†) Eberbach, Klosterkirche 1511

Neuer Standort: Die Grabplatte befindet sich aktuell an der Westwand der ersten Südkapelle von Westen in der Klosterkirche.

Beschreibung

Verlorene Grabinschrift (A) auf dem erhaltenen Epitaph des Frankfurter Patriziers Wigand von Heinsberg (Hengsberg), der vor dem Allerheiligenaltar bestattet wurde. Nach mehreren Platzwechseln fand das Grabdenkmal seinen heutigen Aufstellungsort an der Westwand der Margarethenkapelle (Plan K Nr. 42). In der oberen Architekturzone stark unterarbeitete Platte aus gelbem Sandstein mit der flachreliefierten Gestalt des Verstorbenen in zeitgenössischer Tracht mit pelzbesetzter, barettartiger Mütze auf dem Kopf, die Hände zum Gebet aneinandergelegt, zwischen den Fingern ein Rosenkranz. Die Gestalt ist umgeben von einem Kielbogen mit eingeschriebenem Kleeblattbogen; in den oberen Zwickeln je ein Wappenschild. Längsrand mit je einem aus einem Sockel aufsteigenden Säulchen, das eine mit Halbkugeln verzierte Konsole trägt. Die wahrscheinlich in die Nischen eingestellten Heiligenfigürchen sind verloren. Die von Helwich überlieferte Grabinschrift (A) befand sich höchstwahrscheinlich auf dem Sockel zu Füßen der Figur. Auf dem Brustlatz des Gewandes auf schmaler Borte die erhaltene, erhaben gehauene Inschrift (B). Oberer Abschluß des Denkmals verstümmelt, Figur beschädigt.

Nach Helwich (A).

Maße: H. ca. 220, B. ca. 100, Bu. 2,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis (B).

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/2]

  1. A

    Anno domini m d xi nonasa) septembris obiit circumspectus vir Wigandus Hengszberger civis Frangfurdensis benefactor huius monasterii cuius anima feliciter in pace requiescat amen.

  2. B

    Ob) · GOT ·

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1511, an den Nonen des September (5. September) starb der umsichtige Mann Wigand Heinsberg, Frankfurter Bürger, Wohltäter dieses Klosters, dessen Seele glücklich in Frieden ruhe. Amen.

Wappen:
Heinsberg; Heringen.

Kommentar

Das Epitaph galt lange als zwischen 1511 und 1514 entstandenes Werk Hans Backoffens.1) Goeltzer schloß das Epitaph hingegen aus dessen Oeuvre aus, freilich ohne eine andere Künstlerhand namhaft machen zu können, und schlug eine enger gefaßte Entstehungszeit „um 1512“ vor.2)

Der Verstorbene war der älteste Sohn des Frankfurter Patriziers Karl von Heinsberg und der Guda von Heringen. Wigand3) verheiratete sich 1502 mit einem Mädchen „niederen Standes“, verließ Frankfurt4) und wurde Mainzer Bürger. Sein Anniversar wurde im Eberbacher Seelbuch zum Sterbetag notiert; als Gegenleistung zu der gleichfalls verzeichneten, hohen Geldstiftung des Ehepaares wurde die Anniversarfeier im Chor der Klosterkirche abgehalten.5)

Textkritischer Apparat

  1. Sic! statt nonis.
  2. Kleines Stück des rechten Bogens vom O erkennbar.

Anmerkungen

  1. So etwa u.a. Kautzsch, Backoffen 44; Karl Simon, Das sogenannte Eselweckgrabmal von Hans Backoffen. In: Monatshefte f. Kunstwiss. 12 (1919) 283-285; Braune-Plathner 32; Kdm. 81; Kniffler 135; Dehio Hessen (1982) 178; weitere Literatur bei Goeltzer, Backoffen 2, 35 Anm. 253.
  2. Goeltzer, Backoffen 2, 35-39 zum gesamten Denkmal, hier 38. Er bezeichnet es ohne nähere Begründung als „aus dem Bestand der Werke Hans Backoffens“ zu lösendes Werk, das er einem „namentlich noch nicht faßbaren Meister“ zuschreibt, vgl. ebd. 39.
  3. Simon 283f.
  4. Bei der Eheabredung seines Bruders Karl mit Martha Rorbecher vom 18. Mai 1495 heißt es von Wigand „non erat in civitate“, vgl. Frankfurter Chroniken 250 und dort 423 Nr. VIII die Kurzgenealogie.
  5. Liber animarum 71; die Textstelle fehlt im Teilabdruck bei Roth.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 171.
  2. Anonymus ed. Roth, Geschichtsquellen III 84.
  3. Roth, Geschichtsquellen III 264.
  4. Simon 284.
  5. Lob des Rheingaus 152 (Abb.).
  6. Goeltzer, Backoffen 2, 35 Anm. 255 (A); 36 (B).

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 352(†) (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0035200.