Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 339† Eberbach, Kapitelsaal 1506
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Beschreibung
Grabinschrift des Abtes Martin Rifflinck. Wahrscheinlich zeigte die verlorene Grabplatte die in Eberbach stereotyp verwendete, figürliche Darstellung des stehenden Abtes im Ordenskleid, mit Buch und Stab sowie eine auf der Randleiste umlaufende Grabinschrift.
Nach Helwich.
Anno domini m d vi quarto nonas octobris obiit reverendus in Christo pater ac dominus dominus Martinus Bopardiensisa) abbas Ebirbacensis xxiv cuius anima requiescat in pace amen.
Datum: 4. Oktober 1506.
Textkritischer Apparat
- Fehlt in Catalogus.
Anmerkungen
- Schnorrenberger 121 mit Anm. 3.
- Bei Wiesbaden-Biebrich.
- HHStAW 22/1810.
- Im Catalogus ed. Roth 113f. heißt es knapp „Totum templum una cum ambitu pingi et renovari fecit anno MD qui jubilaeus fuit, organum procuravit, summum altare sculpi instituit“, auch zum folgenden.
- Vgl. Anhang zu Ocul. mem. II, HHStAW 22/436, ab fol. 95.
Nachweise
- Helwich, Syntagma 178.
- Catalogus fol. 31v; ed. Roth, Geschichtsquellen III 116.
- Series abbatum fol. 101v.
- Roth, Geschichtsquellen III 269; IV 116.
Addenda & Corrigenda (Stand: 06. Oktober 2021):
Nr. 339Kloster Eberbach, südliches Seitenschiff1506
Beschreibung
Grabplatte des Martin Rifflinck aus grauem Sandstein, heute zwischen den beiden westlichen Kapellen des südlichen Seitenschiffs senkrecht aufgestellt. Die als verschollen geglaubte Platte wurde bei der Hebung von Platten im Jahre 2000 auf der Rückseite der Grabplatte Nr. 262 aufgefunden, offenbar als Rückseitenverwendung; das früher als Teil der Grabplatte Allendorfs und Wolfs von Sponheim identifizierte Objekt kann nicht die gültige Grabplatte der 1483 und 1500 Verstorbenen gewesen sein, da man diese nicht schon 1506 wiederverwendet hätte. Aufschlussreich ist die Feststellung, dass Helwich die Grabinschriften des Abtes wie auch des adligen Ehepaares ohne besonderen Kommentar mitteilt. Er sah also nicht die Rückseite der Rifflinck-Platte mit den Inschriften der Allendorf, sondern wohl eine davon getrennte Platte des Ehepaares, die eine verworfene und quasi herrenlose Platte durch eine neue und gültige Fassung ersetzte.
Zwischen Linien umlaufende Inschrift. Im Feld in Flachrelief die in Eberbach stereotyp verwendete figürliche Darstellung eines stehenden Abtes im Ordenskleid mit Buch und Stab. Die Figur ist in eine Blendarkade von aus Astwerk gebildetem Maßwerk gestellt. Als Worttrenner dienen Quadrangel, die zum Teil mit zwei senkrechten oder vier Zierhäkchen versehen sind, und senkrecht gestellte Doppelschleifen; ein Quadrangel ist zu einer Art Lilienkreuz (vor octobris) ausgebaut.
Maße: H. 204, B. 89, Bu. ca. 7 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.
-
[Anno] d(omi)ni mo cccccvi·• quarto • /·nonas • octobris • O(biit) • reverend(us) • ina) Chr(ist)ob) pater • ac • d(omi)n(u)s dominus / • Martinusc) • abbas • ebir/bacen(sis) • xxiv • cui(us)·a(n)i(m)a • requiescat • ina) ·pa[ce·amen]
Übersetzung:
Im Jahre des Herrn 1506, am vierten Tag vor den Nonen des Oktobers starb der ehrwürdige Vater in Christo und Herr, Herr Martin aus Boppard, 24. Abt von Eberbach, dessen Seele in Frieden ruhen möge. Amen.
Datum: 4. Oktober 1506.
Kommentar
Die Minuskel steht in einem Vierlinien-Schema und ist inkonsequent mit Schaftspaltung versehen, nämlich ausschließlich bei Unterlängen von p und q. Von den Versalien der Minuskel ist nur das M im Wort Martinus besonders dekorativ gebildet, indem der linke Schaft mit Spitzen besetzt ist und die Verdopplungslinie unten eine Schleife erhielt. Den Einfluss der Moderne erkennt man an dem größtenteils ohne Brechung geschriebenen Hauptbogen des C im Wort Cuius und am ganz ohne Brechung geschriebenen O in Obiit.
Martin Rifflinck trat am 21. März 1479 in Eberbach ein und legte im November desselben Jahres die ewigen Gelübde ab. Der spätere Abt, der zwischen 1480 und 1483 an der Heidelberger Artistenfakultät studiert hatte und den Grad eines determinator artium erworben hatte, versah vor seiner Wahl seinen Dienst als Pfarrer in der Eberbacher Patronatskirche Mosbach2) und nahm seelsorgerische Tätigkeiten wahr.3) Bei seiner Wahl am 10. Oktober 1498 zum Nachfolger von Johannes IV. Edelknecht aus Rüdesheim (Nr. 296) fungierten die Äbte Jakob von Arnsburg, Johannes von Marienstatt und Johannes von Disibodenberg als Zeugen.1) Mit ihm gewann das Kloster eine dynamische, kunstsinnige und in der Abtschronik als „dignissimus“ bezeichnete Persönlichkeit, die mit dem Umbau und der Ausschmückung der Klostergebäude im Jubeljahr 1500 begann,4) nämlich mit der Ausmalung von Kirche, Kapitelsaal und Kreuzgang und der Verglasung von Kapitelsaal und Kreuzgang (Nrr. 328, 329), dem Umbau der Dormitoriumsfenster (Nr. 337a) und dem Bau des Bibliothekstraktes. Besondere Verdienste erwarb sich Rifflinck durch die Pflege und Erweiterung der Klosterbibliothek. In seinem Auftrag wurde die Eberbacher Bibliothek von seinem Nachfolger Nikolaus von Eltville und Johannes von St. Goar katalogisiert.5) Dieses Verzeichnis ermöglicht die Rekonstruktion des damaligen Bestandes an Handschriften und Inkunabeln, die bei der Plünderung Eberbachs im 30jährigen Krieg und durch die Säkularisation 1803 zerstört wurden. Ebenfalls wurde unter Abt Martin ein Reliquienverzeichnis erstellt, worin nahezu 400 Reliquien registriert sind. Er stiftete auch die Kusstafel (Nr. 335). Darüber hinaus erlaubt sein mit Fleiß geführtes Geschäftstagebuch Variae annotationes einen Einblick in das Klosterleben in Eberbach und in den mit der Abtei verbundenen Frauenklöstern.6)
Textkritischer Apparat
- Es folgt kein Spatium.
- Buchstabenbestand: xpo.
- Bei Helwich folgt, wohl nur als Erklärung, „Bopardiensis“.
Anmerkungen
- 1.Schnorrenberger 121 mit Anm. 3.
- 2.Bei Wiesbaden-Biebrich.
- 3.HHStAW 22/1810.
- 4.Im Catalogus ed. Roth 113f. heißt es knapp „Totum templum una cum ambitu pingi et renovari fecit anno MD qui jubilaeus fuit, organum procuravit, summum altare sculpi instituit“, auch zum folgenden.
- 5.Vgl. Anhang zu Ocul. mem. II, HHStAW 22/436, ab fol. 95.
- 6.Vgl. Michael Oberweis, Variae annotationes. Das Geschäftstagebuch Martin Rifflincks. Edition und Übersetzung mit editorischen Vorbemerkungen. In: Das Zisterzienserkloster Eberbach an der Zeitenwende. Abt Martin Rifflinck (1498-1506) zum 500. Todesjahr, hrsg. von Wolfgang Riedel. Mainz 2007, 449-674.
Nachweise
- Helwich, Syntagma 178.
- Catalogus fol. 31v; ed. Roth, Geschichtsquellen III 116.
- Series abbatum fol. 101v.
- Roth, Geschichtsquellen III 269; IV 116.
- Yvonne Monsees: Verloren und wiedergefunden – Zur Grabplatte des Abtes Martin Ryfflinck. In: Das Zisterzienserkloster Eberbach an der Zeitenwende. Abt Martin Ryfflinck (1498-1506) zum 500. Todesjahr. Hrsg. von Wolfgang Riedel (Selbstverlag der Gesellschaft für mittelrheinische Kirchengeschichte). Mainz 2007, 433-447, hier 433 u. Abb. 443.
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 339† (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0033904.
Kommentar
Der aus Boppard stammende Martin Rifflinck wurde am 10. Oktober 1498 vom Konvent im Beisein der als Zeugen fungierenden Äbte Jakob von Arnsburg, Johannes von Marienstatt und Johannes von Disibodenberg zum neuen Abt als Nachfolger des Johannes IV. Edelknecht aus Rüdesheim (Nr. 296) gewählt.1) Dem am 12. Oktober von Abt Johannes von Disibodenberg abgefaßten Wahlprotokoll zufolge hatte Martin Rifflinck vor seiner Wahl mit der Tätigkeit als Pfarrer zu Mosbach2) seelsorgerische Pflichten inne.3) Mit ihm gewann das Kloster eine dynamische, kunstsinnige und in der Abtschronik als „dignissimus“ bezeichnete Persönlichkeit, die mit dem Umbau und der Ausschmückung der Klostergebäude im Jubeljahr 1500 begann.4) Die Ausmalung von Kirche, Kapitelsaal und Kreuzgang sowie die Verglasung von Kapitelsaal und Kreuzgang (Nr. 328f.) standen als umfangreiche Umbaumaßnahmen im Vordergrund. 1501 folgten der Umbau der Dormitoriumsfenster und des romanischen Refektoriums mit Überbauung des Kreuzgangnordflügels sowie der Bau des zu Bibliothekzwecken eingerichteten Fachwerkgeschosses mit Überbauung des Klausurwestflügels. 1502 wurde auch die umfangreiche Klosterbibliothek inventarisiert.5) 1503 stiftete der Abt die Kußtafel (Nr. 335).