Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 327 Kiedrich, Kath. Pfarrkirche St. Valentin (aus Kloster Eberbach?) 1500

Beschreibung

Jahreszahl auf Steinkonsole am ersten Pfeiler des Südseitenschiffs von Osten; darauf heute eine Mondsichelmadonna. Die Inschrift umläuft den oberen Plattenrand, die Buchstaben sind farbig ausgemalt.

Maße: B. ca. 58,5 (Sockel), Bu. ca. 2 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. Anno Iubtleoa) / Incarnationis / d(omi)ni Mo CCCCCo

Übersetzung:

Im Jubeljahre der Menschwerdung des Herrn 1500.

Kommentar

Die mit Versalien versehenen Minuskelbuchstaben sind gleichmäßig und scharfkantig mit kräftigen Quadrangeln eingehauen. Das A ist spitz, ohne Zierformen; die beiden I sind leicht gebogen und mit einer nur leicht unter die Grundlinie geführten unteren Spitze, aber breiterem, über die Zeile ragendem, oberem Hastenende versehen. Das links unzial geschlossene M trägt ein mäßig gebogenes, unter die Grundlinie gezogenes freies Bogenende.

Im Jahre 1300 erstmals ausgerufen, treten die sog. Jubeljahre in der Folgezeit in Jahresbezeichnungen auf;1) ursprünglich im 100-Jahres-Rhythmus geplant, wurden sie ab 1390 mit wechselndem Abstand festgesetzt und ab 1450 alle 25 Jahre begangen.

Eine Herkunft des Konsolsteines aus Kloster Eberbach ist nicht auszuschließen. 1807 wurde im Zuge der Inventarverschleuderung Eberbachs auf Ansuchen der Gemeinde Kiedrich nämlich eine zuvor „307 Jahre lang im Kloster Erbach“2) befindliche Marienstatue übereignet, die auf dem Kiedricher Kirchhof Aufstellung fand.3) Die präzise Angabe der Verweildauer der Statue in Eberbach wurde mit höchster Wahrscheinlichkeit aus einer inschriftlichen Bezeichnung derselben bzw. aus einer Jahreszahl gewonnen. Als der Kirchhof im 19. Jahrhundert aufgelassen wurde, dürfte man die Madonna mit Konsole ins Kircheninnere verbracht haben. Für eine Herkunft aus Eberbach spricht auch, daß dort im Jubeljahr 1500 zahlreiche Neuanfertigungen bzw. Verschönerungsarbeiten gestiftet und durchgeführt wurden,4) während entsprechende Nachrichten für St. Valentin vollständig fehlen.

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Steinmetzfehler statt Jubileo; I als i-longa.

Anmerkungen

  1. Vgl. Grotefend (1971) 11c.
  2. HHStAW 360/265 Kiedrich 28; für den frdl. Hinweis ist Dr. h.c. Josef Staab zu danken.
  3. Frdl. Hinweis Dr. h.c. Josef Staab.
  4. Vgl. Einleitung Kap. 2.3.

Nachweise

  1. Kdm. 230 Nr. 6.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 327 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0032709.