Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 287 Eberbach, Klosterkirche 1492?

Neuer Standort: Die Grabplatte befindet sich aktuell im Südquerschiff der Klosterkirche. Sie ist aufgestellt an der Westwand als mittlerer von drei Steinen.

Beschreibung

Wappenbeischriften auf dem sonst inschriftlosen Wanddenkmal des Grafen Philipp II. von Nassau-Saarbrücken-Weilburg. Es befand sich nach Dors im Chor „uf der rechten Seiten des Altars“, also an der Südwand. Bei der Höherlegung des Chorbodens 1707 versetzt, wurde der Stein 1834 an die Biebricher Mosburg verbracht und war dort links neben dem Eingang zum Wohntrakt der Burg bis 1936 aufgestellt, dann nach Eberbach zurückgebracht.1) Heute ist die gelbgraue, hohe Sandsteinplatte an der Westwand des südlichen Querhausarmes aufgerichtet (Plan K Nr. 35). Sie zeigt die reliefierte Figur des als junger Mann wiedergegebenen, barhäuptigen Ritters in Vollrüstung mit Langschwert, Sturmlanze und einem zu Füßen liegenden Symboltier als Halter des zusammengefügten Wappens Nassau-Lothringen. Zu Häupten des Ritters sind auf dem schmalen Denkmaloberteil architektonisches und florales Beiwerk samt einem Engel als Wappenhalter wiederum des nassau-lothringischen Wappens zu sehen. Auf beiden Randleisten Ahnenprobe mit je acht erhabenen Wappenschilden und insgesamt 16 Beischriften. Trotz der ehemaligen Aufstellung im Freien ist das Denkmal bis auf Abwitterungen im Sockelbereich und bei Engelskopf und oberem Wappen recht gut erhalten.

Maße: H. ca. 400, B. 117, Bu. 3,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/5]

  1. nassa[w] / furstenbe(r)g / hessen / osterich / sarbruck / barea) / gulchb) / franckrich // lotringe(n) / lutzelburg / flander / behem / wedemu(n)tc) / wirte(n)berg / bravant / de dieckd)

Wappen:
Nassau-Saarbrücken und Lothringen (zweimal).

Kommentar

Sowohl Helwich als auch Dors berichten übereinstimmend, daß dem Denkmal keine Grabinschrift beigegeben war. Eine bei Winkelmann und Wenck überlieferte Grabinschrift für einen Philipp von Katzenelnbogen († 1472)2) wies Luthmer diesem Denkmal zu,1) obwohl Wenck eine Verwechslung mit Grabinschriften Philipps d.J. (Nr. 210) oder Philipps d.Ä. (Nr. 256) vermutete. Nur das Allianzwappen Nassau-Saarbrücken-Lothringen zu Füßen des Verstorbenen ergibt eine Identifizierung mit dem Grafen Philipp II. aus dem Hause Nassau, wie sie Dors bereits vornahm. Es ist eigenwillig zusammengefügt: Der mit drei Adlern belegte lothringische Schrägbalken ist als Pfahl in das nassau-saarbrückische Wappen eingestellt. Die Wappennamen der Urgroßelterngeneration sind zwar vorhanden, jedoch nicht der Abstammung gemäß aufgelistet. Die Abstammungslinie läßt sich nicht mit den weiteren Wappen vereinbaren; es besteht sogar der Verdacht, daß höherrangige Ahnenwappen hinzuerfunden wurden.

Graf Philipp II. entstammte der zweiten Ehe des Grafen Philipp I. von Nassau-Saarbrücken-Weilburg mit Elisabeth von Lothringen.3) Geboren am 12. März 1418, verheiratete sich Philipp 1440 in erster Ehe mit Margarethe von Loon-Heinsberg, die bereits 1446 verstarb.4) 1462 setzte Erzbischof Adolf von Nassau den Grafen in das Rheingauer Viztumsamt ein, das er jedoch nur ein Jahr versah.5) 1472 übertrug Philipp seinem ältesten Sohn Johann (III.) die Regierungsgeschäfte und übersiedelte endgültig nach Mainz.6) Im Alter von 59 Jahren nahm er 1477 Veronika, Gräfin von Sayn-Wittgenstein, Tochter Graf Georgs I., zur zweiten Ehefrau;7) Philipp starb am 19. März 1492 in Mainz.8)

Die Frage nach dem Künstler, der das repräsentative Grabmal schuf, suchte Klingelschmitt mit dem Verweis auf den Strohutmeister, Magister Valentinus lapicida, zu klären.9)

Textkritischer Apparat

  1. Baar.
  2. Jülich.
  3. Vaudémont.
  4. Teck.

Anmerkungen

  1. Luthmer (1914) 218 mit Abb. 236.
  2. Winkelmann, Hess. Chronic I 115 Nr. XVI, mit der Bemerkung „aufgerichtet in der Mauer“ und dem Text Anno domini M. CCCC. LXXII V. Kal. Mart. obiit nobilis Domicellus Dominus Philippus Comes de Katzenelnbogen strenuus miles cuius anima requiescat in pace amen, auch bei Wenck, Hess. Landesgesch. I UB, Grabschriften 278 Nr. 28.
  3. Ihre Tumba befindet sich in der Stiftskirche St. Arnual in Saarbrücken, vgl. Dors 188ff. Nr. 46.; ebd. auch Stammtafel Nassau-Saarbrücken; im weiteren s.a. Europäische Stammtafeln NF I Taf. 110, 122, VI Taf. 130, 149.
  4. Vgl. zu ihrem Grabmal in der Weilburger Schloßkirche Dors 207 Nr. 53; ihrer Ehe entstammten zwei Söhne, vgl. zu dem 1471 bereits verstorbenen, jüngeren Philipp Dors 205 Nr. 52; zu Johann (III.) vgl. Anm. 6.
  5. Witte 229 Nr. 42 zur Bestallung nur für 1462. Bis 1467 übernahm Philipps Vorgänger Emmerich von Rheinberg das Amt.
  6. So Dors 245 Nr. 70 Anm. 211; Johann (III.) verstarb 12 Jahre vor seinem Vater am 15. Juli 1480, vgl. ebd. 212ff. Nr. 55.
  7. Ihr Grabmal befand sich in der Marienkapelle des Mainzer Doms, vgl. DI 2 (Mainz) Nr. 302; vgl. Ziemer, Die beiden Gräfinnen 55; vgl. zur Stammfolge auch Europ. Stammtafeln NF I Taf. 110.
  8. So Dors; Todesjahr 1482 bei Europ. Stammtafeln.
  9. Klingelschmitt, Magister Valentinus 59.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 152.
  2. Dors, Genealogia 245 Nr. 70 Abb. 117f.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 287 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0028705.