Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 269 Kloster Marienthal, Kirche 1485

Beschreibung

Grabplatte des Ritters Johann von Hohenweisel, ursprünglich vor dem im Seitenschiff der Klosterkirche stehenden Kreuzaltar bestattet. Heute befindet sich die Platte aus rotem Sandstein aufrecht stehend an der überdachten nördlichen Außenwand der Kirche. Kastenartig eingetieftes Feld mit der reliefierten, leicht nach links gedrehten Figur des gerüsteten Ritters, mit in die Schriftzone hineinragender Sturmlanze und Schwert. Zu Häupten und zu Füßen der Figur beidseitig je ein Wappenschild. Auf dem erhabenen Rand umlaufende Grabinschrift mit deutlich sichtbarer Vorlinierung. Einzelne Fehlstellen mit Inschriftverlusten, beschädigte Randleiste beigeputzt und mit roter Steinfarbe übermalt. Im oberen Steindrittel Einzelbuchstaben aus späterer Zeit.1)

Erg. nach Helwich.

Maße: H. 252, B. 125, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/4]

  1. In dem gara) alsz man schrybet / nach cryst gebert m cccc lxxxv vf sant pete[r vnd pauelß /]b) abetc) starp der veste hene von hoenwyszel dem got genad

Datum: 28. Juni 1485.

Wappen:
Hohenweisel, Riedesel; Rheinberg, Hattstein.

Kommentar

Die Minuskelschrift wurde vom Steinmetz sorgfältig vorbereitet, da feine Vorlinien erkennbar sind, mit denen sowohl die Höhe der Einzelbuchstaben als auch die Größe der oberen und unteren Hastenbrechungen festgelegt wurde. Die Buchstaben tragen teilweise kleine, an den Enden gerollte Zierstriche. Das I-Versal am Textbeginn zeigt eine eigenwillige, schreibschriftlichen Vorbildern entlehnte Form. Eine Kennzeichnung der Worttrennung erfolgt nicht. Der Vergleich des geschlossenen Formulars mit dem zur Verfügung stehenden Platz auf der Platte läßt den Schluß zu, daß die untere Querseite des Steines von Anfang an inschriftlos konzipiert war. Die Drehung der Ritterfigur legt nahe, daß das Denkmal an der südlichen Innenwand so aufgerichtet war, daß der Ritter auf den Altar bzw. zum Sakramentshaus blickte.2)

Verwandtschaftlich mit den Winter von Rüdesheim verbunden,3) erbte Johann von Hohenweisel, Sohn Hermanns und der Margarethe von Rheinberg,4) von deren Geisenheimer Familienzweig umfangreiche Besitzungen in Lorch und Geisenheim.5) Vom 2. Oktober 1467 bis zum 6. Februar 1470 versah Hohenweisel das Geisenheimer Oberschultheißenamt und ist wiederholt als Bürge und Darlehensgeber für den Mainzer Erzbischof Adolf II. von Nassau urkundlich belegt, auf dessen Seite er während der Mainzer Stiftsfehde stand.6) Für seine Verdienste bei der Eroberung von Mainz erhielt er 1463 vom Erzbischof den Hof „Zur kleinen Eiche“ in Mainz als Lehen, den er drei Jahre später zurückgab.7) Nach Humbracht war Hohenweisel in erster Ehe mit Katharina von Engelstadt, 1456 in zweiter mit Clara Wolf von Lahnstein verheiratet.8)

Textkritischer Apparat

  1. Sic!
  2. Gesamte untere Leiste neu verputzt.
  3. Sic! Kdm. gebet.

Anmerkungen

  1. Die Kritzeleien bestehen meist aus Einzelbuchstaben und befinden sich oberhalb der Schulter der Grabfigur. Erkennbar ist ein eingeritztes Wappen mit einem achtstrahligen Sternchen und dem Datum A(nn)o 1688.
  2. Vergleichbare Ritterfiguren etwa in der Ingelheimer Burgkirche, vgl. Christian Rauch, Die Kunstdenkmäler des Kreises Bingen. Darmstadt 1934 (Die Kunstdenkmäler im Volksstaat Hessen. Provinz Rheinhessen.) 504-506 m. Abb. 419; zur „Ewigen Anbetung“ am Untermain vgl. Fritz Arens, Gotische Grabmäler mit der Darstellung der „Ewigen Anbetung“ in Deutschland. In: Das Münster 25 (1972) 333-341.
  3. Durch Henne Winter von Rüdesheim.
  4. Humbracht Taf. 282.
  5. Vgl. zu den Gütern Liedke, Marienthal 31; zu Geisenheim Struck, Geisenheim 110 mit Anm. 130.
  6. Schulz, Marienthal 26; zu seinen Darlehen vgl. Struck, Geisenheim 27 und 29.
  7. Liedke 31f.
  8. Humbracht Taf. 282; auch Bodmann 1, 324 Anm. a. Sein Sohn Bruno soll angeblich Rheingauer Viztum gewesen sein; dies läßt sich jedoch nicht bestätigen, vgl. Viztumliste bei Witte 228ff. Zur Grabplatte von Johannes‘ 1487 verstorbener Schwester Elisabeth (Lisa) und ihres Ehemannes Philipp von Lindau vgl. Nr. 283.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 379.
  2. Roth, Geschichtsquellen III 300.
  3. Kdm. 181.
  4. Schulz, Marienthal 27.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 269 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0026909.