Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 262(†) Eberbach, Klosterkirche 1483/(1500)

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Grabplatte für Kraft von Allendorf und seine Ehefrau Elisabeth Wolf von Sponheim. Deren Begräbnisstätte lag nach Helwich vor dem Annenaltar, im 18. Jahrhundert außerhalb der Barbarakapelle „ante januam ferream“1), seit 1936/37 im Boden der südlichsten Querhauskapelle nahe der Wand (Plan K Nr. 32). Platte aus grauem Sandstein mit dem Flachrelief des gerüsteten Ritters und seiner ihm zugewandten Frau in zeitgenössischer Tracht mit Rosenkranz in den Händen. Über beiden Figuren ein spätgotischer Kielbogen. Nach einem Foto des LfD 1935/7 besaß der Stein glatte, nachträglich aufgeputzte Ränder. Das Wolf von Sponheimer Wappen war ergänzt. Diese ehemals nachgearbeiteten Teile sind heute nicht mehr vorhanden. Die stark beschädigte und abgetretene Platte zeigt von den ehemals auf dem Rand umlaufenden Grabinschriften (A) und (B) nur noch den Beginn von Inschrift (A) in der Kopfzeile.

Erg. nach Helwich.

Maße: H. 207, B. ca. 95, Bu. 10 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/2]

  1. A

    [A]nn[o] d(omi)ni m · cccc · [l]xxxiiia) [vf den iiiib) Tag Octobris starb der ehrnuest Krafft von Allendorff dem Gott gnade]

  2. B

    [Anno d(omi)ni xvc vf den vii dag Februarii starb die ersame Fraw Lysa Wölffinc) von Sponheim des obgedachten Crafft etc. elyged) hußfraw gewest ist.e)]

Wappen:
Allendorf, Staffel; Wolf von Sponheim, Brendel von Homburg.

Kommentar

Da die Grabinschrift des Mannes weitgehend zerstört und diejenige seiner Ehefrau nicht mehr vorhanden ist, lassen sich keine Aussagen über die Art der Schriftgestaltung machen. Als Worttrenner sind kleine Quadrangel sichtbar. Nur die Grabinschrift des Mannes besitzt die Fürbitte dem Gott gnad am Schluß, während sie bei der Inschrift seiner Frau fehlt. Möglicherweise ist dies als Indiz dafür zu werten, daß die Inschrift der Elisabeth Wolf von Sponheim nach ihrem Tode an die ältere Grabinschrift angefügt wurde oder daß beide Inschriften von Anfang an auf dem Stein standen und der noch freigelassene Platz für das Sterbedatum der Ehefrau erst nach ihrem Tode gefüllt wurde. Zumindest ist eine Entstehung der Platte unmittelbar nach dem Tode des Kraft von Allendorf sehr wahrscheinlich.

Der Rüstungstyp des sogenannten „Eisenfressers“, d.h. des mit Schallerhelm und bis zur Nase emporreichendem sog. „Bart“ geschützten Ritters, ist typisch für die 2. Hälfte des 15. Jahrhunderts, ebenso wie die Form des Frauengewandes mit Schleier, Kinnbinde und langem Überwurf. Bei der künstlerischen Behandlung der Physiognomie des einander zugewandten Paares werden erste Ansätze von Individualisierungen sichtbar: Falten um Augen- und Mundpartien weisen es als gealtert aus. Der in seiner Verzierung reduzierte Kielbogen mit dem ineinander verschlungenen Astwerk wie auch die Form der Schilde als Tartschen zeigen einen sich langsam vollziehenden Wandel spätgotischer Bildnis- und Architekturauffassung, wie er mit den Todesdaten des Ehepaares vereinbar ist.

Der Verstorbene entstammte der Ehe zwischen Adam von Allendorf und Margaretha von Staffel, die beide in Eberbach bestattet wurden (Nr. 212). Der ab 1456 nach dem Tod seines Vaters als Ritter bezeichnete und zwischen 1467 und 1474 als Mainzer Schultheiß belegte2) Kraft von Allendorf heiratete Elisabeth, Tochter des Heinrich Wolf von Sponheim und der Margareta Brendel von Homburg.3) Zwei Söhne entstammten dieser Eheverbindung.4)

Textkritischer Apparat

  1. So gegen Helwich, Anonymus und Bär, jeweils lxxiiii; vorgeritzte Kerben des l und der Quadrangel von x deutlich erkennbar. Nach der Jahreszahl vier undifferenzierte Hasten.
  2. Bär xiii.
  3. Bär Wolfyn.
  4. Anonymus des obgedachten Krafft Ehgelibste; Bär ie ehgelibste; Würdtwein sien ehgelibste.
  5. Die letzten drei Worte nur bei Helwich.

Anmerkungen

  1. Nach Anonymus.
  2. Vgl. Heinrich Schrohe, Die Stadt Mainz unter kurfürstlicher Verwaltung (1462-1792). Mainz 1920, 66.
  3. Gensicke, Allendorf 213 Nr. 28.
  4. Adam (Nr. 376) und der 1524 als Kanoniker zu St. Alban in Mainz nachgewiesene Nikolaus.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 162.
  2. Anonymus ed. Roth, Geschichtsquellen III 81.
  3. Bär, Epitaphiensmlg. fol. 2.
  4. Würdtwein, Epitaphienbuch 237.
  5. Roth, Geschichtsquellen III 260.
  6. Foto LfD N 10511.
Addenda & Corrigenda (Stand: 05. Oktober 2021):

Hinweis: Im November 2000 wurde die als fragmentarisch angesehene Platte Allendorf/Wolf von Sponheim gehoben. Auf der Rückseite fand sich die fast vollständig erhaltene Grabplatte des Abtes Martin Rifflinck (Nr. 339). Wie die dazu schräge Stellung der älteren Plattengestaltung zeigt, kann es sich dabei nicht um die von Helwich autopsierte Platte gehandelt haben; er muss eine andere gesehen haben, denn nach 1506 war nur die neue Plattenvorderseite (Rifflinck) sichtbar, die Helwich in der Abtsgrablege notierte, während er die Allendorf-Platte vor dem Annenaltar fand. Es dürfte sich also bei dem Allendorfschen Denkmal um ein verworfenes Stück gehandelt haben. Das von Helwich gesehene Denkmal war vollständig.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 262(†) (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0026201.