Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 202 Eberbach, Klosterkirche 2.V.15.Jh.?
Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]
Beschreibung
Namensinschrift oder Heiligenanrufung (A) auf der nach außen abgeschrägten Sohlbank der Altarnische in der Wand des Nordseitenschiffes. Rechtecköffnung der Nische mit reich gestäbter Umrahmung, in den Gewänden stehen je zwei Fialen übereck, deren Basen auf kleinen Köpfen ruhen. Rechts befindet sich auf der inneren Fialenbasis ein erhabenes, verschlungenes Jesusmonogramm (B), links sind die Basen zerstört. Der Sturz ist mit zwei kleinen Wappenschilden belegt, links über dem rechten Wappen Steinmetzzeichen (Nr. 6). Als oberer Nischenabschluß dient ein Zinnenkranz.1)
Maße: B. (Sohlbank) 62, Bu. 7-8 cm.
Schriftart(en): Gotische Minuskel.
- A
s(anc)ta elyzabeth la(n)tg(ravia)
- B
ih(esu)sa)
Lewenstein; ? (sieben- oder achtmal geteilt).2) |
Textkritischer Apparat
- In die Buchstaben ih das s eingeflochten.
Anmerkungen
- Die in Eberbach einmalige Gestaltungsform ist eng mit derjenigen des Kiedricher Sakristeischränkchens verwandt.
- Vgl. die Identifizierungshypothese in Anm. 7.
- Vgl. Einleitung Kap.5.5.
- Hierzu ausführlich Geibig, Elisabeth 187-192.
- Rossel, Kirche 22.
- Als Sohn Johanns d.J. von Lewenstein (Burg bei Niedermoschel, Donnersbergkr.) war er möglicherweise zuerst geistlich, heiratete dann jedoch Katharina, Tochter Karl Büßers von Ingelheim, vgl. Möller, Stammtafeln AF I Taf. XXX. Mit dem Tod Wolframs XII. erlosch der Familienzweig im Mannesstamm.
- Roth, Geschichtsquellen III 56. Das rechte Wappen könnte dann das jenes Emmerich gewesen sein, da es nicht in die Stammlinie Wolframs paßt.
Nachweise
- Rossel, Kirche 9.
- Luthmer (1902) 154.
- Kdm. 78.
Addenda & Corrigenda (Stand: 18. Oktober 2021):
Kommentar: Der 1450 verstorbene Wolfram XII. von Lewenstein dürfte in der Tat der Stifter gewesen sein. Das am Elisabethaltar zu feiernde Anniversar eines Wolfram von Löwenstein und eines Emmerich genannt Limmelzun von Lewenstein bezieht sich allerdings auf zwei gemeinsam das Kloster Eberbach 1344 beschenkende Vertreter der Familie, so Riedel 2010, der die Stiftung des spätgotischen Altars und seiner Inschrift auf um 1450 datiert.
Vgl. Riedel, Wolfgang: Die Kanonisation der Landgräfin Elisabeth von Thüringen und Kloster Eberbach. In: Rhg.-Forum 19 (2010) H. 2, 46-48.
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 202 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0020209.
Kommentar
Die ornamental wirkenden Buchstaben der erhabenen Minuskel sind sorgsam gehauen, Schaft- und Bogenenden tragen eingerollte Zierstriche. Eine solche erhaben ausgeführte Minuskelschrift findet sich außer auf Glocken nur zweimal im Bearbeitungsgebiet.3)
Nach dem Tode der Elisabeth von Thüringen und vornehmlich nach ihrer Heiligsprechung intensivierte sich ihre Verehrung innerhalb des Zisterzienserordens. Vor allem Cäsarius von Heisterbach befaßte sich mit Elisabeth und widmete ihrer Translatio eine eigene Predigt.4) An ihrem Heiligsprechungsprozeß 1236 waren Abt Raimund von Eberbach ebenso wie der Mainzer Erzbischof Siegfried III. an hervorragender Stelle beteiligt. Der Abt setzte sich erfolgreich dafür ein, daß innerhalb des Ordens ihr Jahrgedächtnis begangen wurde. Zudem erhielt Eberbach Elisabeth-Reliquien, die sorgsam verwahrt wurden.5)
Der Zeitpunkt der Weihe des Eberbacher Elisabethaltars ist unbekannt. Aufgrund des Löwen-Wappens könnte es sich bei dem Stifter um den 1450 verstorbenen Wolfram XII. von Lewenstein6) handeln, dessen Anniversar nach dem Eberbacher Seelbuch zusammen mit dem eines Emmerich „dictus Limmelzun“ am 19. November, dem Elisabeth-Tag, eben vor ihrem Altar mit der Aufstellung von vier Kerzen begangen wurde.7)