Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 135 Eberbach, Klosterkirche 1392

Hinweis: Die vorliegende Online-Katalognummer ist im Vergleich zum gedruckten Band mit Ergänzungen und Korrekturen versehen. Sie finden diese am Ende des Artikels. [Dorthin springen]

Beschreibung

Grabplatte des Abtes Jakob aus Eltville, ehemals im Kapitelsaal, seit 1936 im Boden der zweiten gotischen Südkapelle von Westen (Plan Äbte Nr. 3). Rote Sandsteinplatte mit der Ritzzeichnung des stehenden Abtes und reliefiertem, aus der Platte herausgeschnittenem und zu einem unbekannten Zeitpunkt wiedereingesetztem Kopf. Abt im Ordenshabit mit dem Regelbuch in der linken und dem diagonal über den Körper gelegten Stab in der rechten Hand, dessen eingerollte, krabbenbesetzte Krümme in ein Blattornament ausläuft. Grabinschrift auf dem Rand zwischen Linien. Beschädigungen im Kopfbereich und am Rand. Die Grabplatte war nach Foto LfD um 1935/36 mit einem Farbanstrich versehen und die Beschädigungen mit Gips ausgebessert.

Maße: H. 212,5, B. 103,5, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/1]

  1. + Anno · d(omi)ni · mo · ccco · xciia) / · iib) · id(us) · noue(m)bris · o(biit) · d(omi)n(u)s · Iacob(us) · sacre · theologie · / p(ro)fessor · Abbas · mo(naster)ii · / eb(er)bacen(sis) · xvc) · c(uius) · a(n)i(m)a · req(ui)escat · i(n) · pace amen

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1392, am 2. Tag vor den Iden des November (12. November) starb Herr Jakob, Professor der heiligen Theologie, fünfzehnter Abt des Klosters Eberbach, dessen Seele in Frieden ruhe. Amen.

Kommentar

Die gleichmäßig gehauene Schrift hat Majuskelversalien mit teilweise tropfenartigen Schwellungen. Eine ausgeprägte Neigung zur dekorativen Schriftgestaltung läßt sich an feinen, mitunter der Abtretung zum Opfer gefallenen Zierstrichen ablesen: Sie finden sich durchaus üblich bei a, e und bei zahlreichen unteren Bogen- und Hastenenden, so beispielsweise bei d in idus und beim Schrägstrich des o in obiit. Die us-Kürzungen laufen gleichfalls in fein geschwungene, dekorativ wirkende Zierformen aus. Kleine Quadrangel dienen als Worttrenner.

Die Grabplatte steht mit derjenigen für Abt Heinrich III. (Nr. 101) am Anfang der Eberbacher figuralen Abtsgrabplatten, die sich in Varianten bis zur Mitte des 18. Jahrhunderts erhalten haben.1)

Jakob stammte aus dem nahegelegenen Eltville. Er hatte vor seiner Amtsübernahme als Nachfolger Konrads II. (Nr. 104) in Paris Theologie studiert, war zum Doktor promoviert worden und lehrte vor 1372 als Professor an der Sorbonne.2) 1372 zum Eberbacher Abt gewählt, verband ihn eine Freundschaft mit Heinrich Hembuche von Langenstein, der als Lizentiat möglicherweise schon bei Jakob gehört hatte und später selbst Professor der Theologie wurde.3) Hembuche und Jakob von Eltville standen beide in der 1378 ausbrechenden Kirchenspaltung auf Seiten des Papstes Urban VI., der Eberbach mehrfach begünstigte. Nachdem die Pariser Professoren dann Clemens VII. zuneigten, verließ Hembuche die Stadt und fand bei seinem mittlerweile Abt gewordenen Freund Jakob in Eberbach Unterkunft, dessen Initiative es zu verdanken gewesen sein dürfte, daß die Abtei Eberbach in Paris am Bernhardskolleg Zimmer für ihre Studenten einrichten konnte.4) Hembuche widmete dem Abt mehrere Traktate und Schriften, wie dies auch der Theologe Matthäus von Krakau, Lehrer zu Prag, Paris und Heidelberg tat, der seinem deutschen Beichtspiegel die Widmung an den „wirdigen vatter [...] Jacob“ voranschickte.5) Ein Jahr vor seinem Tod machte Abt Jakob von seinem Recht auf Amtsrücktritt Gebrauch.6) Im Eberbacher Seelbuch sind die 2. Nonen, also der 4. November angeben.7)

Textkritischer Apparat

  1. Catalogus 1393 v idus; dieses Datum auch bei Bausinger.
  2. Die Lesung des Datums auf der Platte ist korrekt, wenngleich die Angaben Erkenntnissen aus anderen Zeugnissen widersprechen; die Buchstabengruppen ii für die Zahl 2 sind durch i-longae gesichert. Die Datierung fehlt irrtümlich bei Monsees 29.
  3. Helwich schrieb die Zahl aus: quintus decimus.

Anmerkungen

  1. Vgl. Monsees, Entwicklung passim.
  2. Bär, Eberbach I 143.
  3. So F(erdinand) W(ilhelm) E(mil) Roth, Heinrich Hembuche, Jakob von Eberbach und Matthaeus de Cracovia als literarische Freunde. In: Nassovia 14 (1913) Nr. 23, 283-286, hier 283. Zu Langensteins Biographie vgl. ausführlich Georg Kreuzer, Heinrich von Langenstein. Studien zur Biographie und zu den Schismatraktaten unter besonderer Berücksichtigung der Epistola pacis und Epistola concilii pacis. Paderborn 1987 (Quellen u. Forschungen aus d. Gebiet d. Gesch. N.F. 6.); auch Meyer zu Ermgassen, Rezension Kreuzer 330.
  4. Kreuzer ebd. passim.
  5. Meyer zu Ermgassen, Rezension Kreuzer 331.
  6. Bär, Eberbach I 143. Als Bestattungsort wurde von Helwich der Kapitelsaal angegeben, obwohl ein Amtsrücktritt eigentlich einen Grabplatz im Kreuzgang erwarten ließe.
  7. Roth, Geschichtsquellen III 54.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 177.
  2. Catalogus fol. 18v; ed. Roth, Geschichtsquellen III 107; IV 110.
  3. Series abbatum fol. 89.
  4. Roth, Geschichtsquellen III 268.
  5. Foto LfD N 10548.
  6. Monsees, Entwicklung 28f. Abb. 3.
Addenda & Corrigenda (Stand: 01. Oktober 2021):

Neuer Standort: Heute ist die Grabplatte im zweiten Joch des Nordseitenschiffs von Osten aufgestellt. Es handelt sich um den linken von drei Steinen.
Literaturhinweise: L[eopold] Bausinger: Jakob von Eltville – Ein berühmter Sohn seiner Heimat. In: Rheingauer Heimatbrief 74 (1970) 13.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 135 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0013508.