Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 110 Lorch, Treppe vom Pfarrhaus zum Hilchenhaus 3.V.14.Jh.?

Beschreibung

Bislang unbeachtetes Fragment der rechten Längsseite einer Grabplatte aus rotem Sandstein für eine Hebela, auf Trittstufenbreite zersägt und als siebte Stufe von oben eingebaut. 1819 wurde eine größere Anzahl von Grabplatten aus der Kirche entfernt und zu Mauerzwecken und als Treppenstufen verwendet.1) Das Fragment zeigt auf dem Rand zwischen Linien umlaufende Buchstabenreste der Grabinschrift. Stark abgetreten.

Maße: H. 224,5, B. erh. ca. 35, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/4]

  1. [...] OBIITa) HEBELA / MA[...]b)

Kommentar

Die geringen Buchstabenreste lassen eine sichere Datierung ins 14. Jahrhundert zu, eine genauere Eingrenzung ist jedoch nur bedingt möglich. Obwohl das E gegenüber den übrigen Buchstaben relativ klein und breit ist, überwiegt eine mittlere, schlanke Proportion; diese läßt eine Entstehung der Inschrift im mittleren Drittel des 14. Jahrhunderts erwarten, um die Jahrhundertmitte und danach ist auch der kräftig und weit nach oben gezogene Sporn des L vollstellbar.

Die Silbe MA ist entweder als MATER/MATRONA oder Namensbestandteil zu deuten. Eine Identifizierung der Verstorbenen mit der 1304 als Witwe des kaiserlichen Hofkanzlers Eberhard von Oberstein genannten Hebela, Tochter eines Marschall von Frauenstein,2) ist aus Gründen der Schriftform weniger wahrscheinlich. Unter den Frauen der in Lorch ansässigen Marschall von Waldeck sind weitere mit dem Namen Hebela bekannt: Die Ehefrau des Rheingauer Viztums Johann II. Marschall von Waldeck (†1353)3) wurde 1401 in Kloster Disibodenberg neben ihrem zweiten Mann Gerhard von Steinkallenfels bestattet.4) Ihre Tochter Hebela war verheiratet mit Johann II. von Kronberg, verwitwet spätestens 1354,5) eine Enkelin Hebela ist als Ehefrau des Hermann Kopp von Saulheim 1370 bezeugt.6) Schließlich ist zum gleichen Jahr eine Hebela von Leyen mit einer Schenkungsurkunde belegt, derzufolge sie gemeinsam mit dem Mainzer Domherrn Johann von der Borngasse, Hartmann Hilchen und anderen Lorchern die Lorcher Mittelmühle an das Kloster Eberbach schenkte.7)

Textkritischer Apparat

  1. Vom B nur die beiden Bogenschwellungen erhalten.
  2. Dem M folgt der linke Bogen und die gerade rechte Haste eines A, wobei jedoch Mittel- und Deckbalken fehlen. Ergänzungsvorschläge etwa zu MA[TER] oder MA[TRONA] sind weniger wahrscheinlich als die auf der vermuteten Verbindung zu den Marschall von Waldeck beruhenden Ergänzungsvorschläge MA[R- SCHALCI] oder MA[RSCHALCA].

Anmerkungen

  1. Zaun, Landkapitel 323.
  2. Ebd. 334, mit der Anniversarstiftung dieser Hebela zum Gedächtnis ihres Mannes auf den St. Lucientag wird die Lorcher Marien- und Georgskapelle erwähnt. Vgl. auch Möller, Stammtafeln AF III Taf. CXXII; ihrer Ehe entstammten drei Söhne: der 1331 in Eberbach beigesetzte Mainzer Domsänger Eberhard (Nr. 41), der Trierer Domherr Johann und der Böckelheimer Burggraf Andreas von Oberstein, der seine letzte Ruhe im Kloster Disibodenberg fand, vgl. zu ihm auch DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 23.
  3. Dieser war in erster Ehe verheiratet mit einer aus dem Hause Steinkallenfels, mit der er einen Sohn, Johann III. Marschall von Waldeck hatte, dessen Grabplatte in Lorch erhalten ist, vgl. Nr. 97; vgl. zu den genealogischen Zusammenhängen Klötzer, Lehenverzeichnis 29 (Stammtafel).
  4. DI 34 (Lkr. Bad Kreuznach) Nr. 101.
  5. NUB I,3 Nr. 2820 als Hebela von Kronberg mit ihrer Mutter im Erbvergleich genannt.
  6. Möller, Stammtafeln AF I Taf. XXXXI.
  7. Nach Bär/Stoff, Eberbach III 132.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 110 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0011004.