Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 80 Rüdesheim, Kath. Pfarrkirche St. Jakob nach 1352?

Beschreibung

Grabplatte wohl des Heinrich von Spor, ursprünglicher Standort unbekannt. Heute ist die Rotsandsteinplatte an der Innenwand des nördlichen Seitenschiffes aufgerichtet. Hohe, rechtsseitig abgeschlagene Platte mit dem Halbrelief des stehenden, gerüsteten Ritters im Waffenrock mit tiefgegürtetem Kurzschwert. Die Hände sind vor der Brust gefaltet. Links neben ihm die kleinformatige Figur einer Tochter oder Ehefrau in zeittypisch langem Gewand, Nuschenmantel und Schleier. Zu Haupte des Ritters der krabbenbesetzte, ehemals in eine Kreuzblume auslaufende Kielbogen, links daneben das abgeschlagene Vollwappen des Verstorbenen. In der linken oberen Ecke des Steines ein erhabenes Wappen. Inschrift zwischen Linien auf der linken Randleiste und dem linken Teil der oberen Leiste mit Verlusten erhalten, Grabplatte insgesamt stark zerstört, Wappen, Teile des Kopfes des Ritters abgeschlagen, abgetreten.

Maße: H. 262, B. erh. 85, Bu. 5,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Bender_Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz [1/4]

  1. [a]nno · d(omi)ni · m · ccc · li[..]a) [...]ilisb) heinricus · de · S[...]c) [m]iles · cvi(vs) · / a(n)i(m)a · re[...]d)

Wappen:
Spor von Rüdesheim (Flügel); ? (abgespitzt, nur Hz.)

Kommentar

Die bisherige Zuschreibung des Steines an den 1422 verstorbenen Johann Brömser und seine 1444 verstorbene Ehefrau Edelindis von der Spor1) ist nicht haltbar. So weisen nicht nur das Datum mit dem Worttrenner nach ccc und die Form der noch frühen Minuskel, sondern das gesamte Erscheinungsbild der Figurenbildung, der Rüstung und des Kleidungstyps in die Zeit um die Mitte des 14. Jahrhunderts. Damit gehört der Figurenstein gemeinsam mit den Grabplatten zweier Fuchs von Rüdesheim (Nrr. 95, 148) zu den drei frühesten erhaltenen Grabmälern der alten Rüdesheimer Pfarrkirche, die gegen Ende des 14./Anfang des 15. Jahrhunderts umgebaut wurde.2)

Bei dem verstorbenen Ritter dürfte es sich um den 1352 belegten3) Heinrich (Heinz) von der Spor gehandelt haben, dessen Helmzier einen Hahnenfederbusch aufwies, wie er auf der Grabplatte erhalten ist.4)

Textkritischer Apparat

  1. Aufgrund der geringen Buchstabenabstände kann hier nur eine weitere Zahlangabe, etwa i oder ii gestanden haben, wovon ein unteres Hastenende noch erkennbar ist.
  2. Vielleicht zu honorabilis zu ergänzen.
  3. Durch den geringen zur Verfügung stehenden Platz stand hier ein kurzes Wort, höchstwahrscheinlich Spor.
  4. An dieser Stelle folgte die übliche Fürbittformel für den Seelenfrieden, etwa requiescat in (sancta) pace amen.

Anmerkungen

  1. So etwa in Kdm. 332; auch auf der neben dem Grabmal angebrachten Informationstafel. Das Ehepaar gilt als Stifter des Kirchenneubaus E.14./A.15. Jh.
  2. Vgl. Einleitung Kap. 2.3.
  3. Roth, Geschichtsquellen I 337 Nr. 43 zu 1352 Dezember 2: Heinrich von der Spor, Simon von Kaub und ihre beiden Gattinnen namens Veme bekunden, daß ihnen Dompropst Kuno von Falkenstein die Ablösung des Backhauses („baghus“) zu Geisenheim von Gisen von Geisenheim gegen 200 Pfd. Heller gestattete, welches Erzbischof Heinrich von Mainz 1343 diesem verpfändet hatte.
  4. Vgl. Gruber 115.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 80 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0008007.