Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 61 Eberbach, Klosterkirche 1345

Neuer Standort: Die Grabplatte befindet sich aktuell im Südseitenschiff der Klosterkirche. Sie ist aufgestellt im ersten Joch von Westen an der Westwand als rechter von drei Steinen.

Beschreibung

Grabplatte der Adelheid von Schöneck, ursprünglich im Boden vor dem am 7. südlichen Langhauspfeiler stehenden Altar der hll. Agnes, Simon und Juda, heute im Boden der mittleren der Ostkapellen des südlichen Querhauses (Plan K Nr. 27). Figurenplatte aus rotem Sandstein. Im Bildfeld ein schlichter, eingetiefter Spitzbogen ohne architektonisches Beiwerk, darunter das Flachrelief der Verstorbenen in fußlangem Gewand. Die eine Hand ist emporgeführt zur Brust, während die andere ein Buch umgreift. Infolge starker Abtretung und eines dreifachen Bruchs der Platte ist die Grabinschrift in Resten nur links oben und am rechten unteren Rand erkennbar, was aber für eine Zuschreibung der Platte an die Verstorbene ausreicht. Ursprünglich verlief die Grabinschrift auf dem Plattenrand zwischen Linien. Bereits Helwich überlieferte sie nicht ohne Lücken, und Pater Bär konnte das Datum sowie den Vornamen nicht mehr vollständig entziffern. Zwei Wappen.

Erg. nach Helwich.

Maße: H. 227, B. ca. 104, Bu. 6-7 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

  1. + ANNO [DOMINI M · CCC · XLVa) · AGATEb) VIRGINIS OBIIT PUELLA ALHEYDI]Sc) · DE · SCH/ONEC[KEN MATERd) DEUOTISSIMA CUIUS ANIMA REQUIESCAT IN PA]CE · AM[EN]

Übersetzung:

Im Jahre des Herrn 1345, am Tag der Jungfrau Agathe (5. Februar) starb Jungfrau Adelheid von Schöneck, die sehr fromme Mutter. Ihre Seele ruhe in Frieden. Amen.

Wappen:
Schöneck; Buches von Staden.

Kommentar

Die Ähnlichkeit des Grabbildes zu dem der Katharina von Rüdesheim (Nr. 84) mag auf dieselbe ausführende Hand hindeuten. Zumindest ist die Verwendung des sonst üblicherweise Klerikern beigefügten Buchattributs1) bei einer Frau ungewöhnlich; es tritt im Bearbeitungsgebiet auffallenderweise nur zweimal bei diesen beiden relativ zeitnahen Frauen-Grabplatten auf. Der Ausdruck PUELLA läßt darauf schließen, daß die Verstorbene unverheiratet und Begine war.2) Die Formulierung MATER DEUOTISSIMA weist auf ihre Wohltäterfunktion für die Abtei hin.

Helwich überliefert als auf der Grabplatte befindliche Wappen einen roten Balken auf goldenem Grund – das Wappen der Ritter, die auf der nördlich von Gondershausen im Hunsrück gelegenen, 1222 ersterwähnten Burg Schöneck3) saßen. Die Burg war Lehen des Reichsministerialen und Kämmerers des weltlichen Gerichts zu Mainz Philipp von Schöneck, ab 1354 dann trierischer Lehnsbesitz.4) Humbracht nennt eine „Jungfer Adelheid“ als Tochter des Anton von Schöneck und der Adelheid Buches von Staden, Tochter des Ehepaares Wigand Buches von Staden und Jutte von Ortenburg. Ihre Eltern gehörten selbst zu den Wohltätern Eberbachs und dotierten den Agnesaltar in der Klosterkirche.5)

Textkritischer Apparat

  1. Anonymus, Bär, Würdtwein XII.
  2. Fehlt bei Anonymus und Bär.
  3. Anonymus ergänzte den Vornamen zu L(uc)ardis, Bär las ohne Ergänzung L[..]ardis.
  4. Beim Eberbacher Anonymus heißt es m(ate)r (nostra) devotissima; Bär las Schönecke und setzte mater hinzu, während an dieser Stelle bei Helwich eine Textlücke besteht.

Anmerkungen

  1. Dieses zählt in der christlichen Kunst zu den ältesten und im Mittelalter zu den am häufigsten vorkommenden Attributen Heiliger, Propheten und Evanglisten, Märtyrer, Personen geistlichen Standes, heiliger Laien und Jungfrauen, trat dagegen seltener als profanes Attribut und Symbol – meist in Zusammenhang mit Wissenschaft und Gelehrsamkeit, dem Rechtsleben angehörenden Tätigkeiten oder in Verbindung mit den sieben freien Künsten (Grammatik) und Tugenden (Weisheit) – auf, vgl. RDK II Stichwort „Buch als Attribut“ Sp. 1339-1343.
  2. Vgl. Nr. 77 Clara von Bechtolsheim, die als Begine in Oppenheim nachweisbar ist.
  3. Gemeinde Herschwiesen, Rhein-Hunsrück-Kreis.
  4. Humbracht Taf. 288; Dehio Rheinland-Pfalz (1984) 943; Möller, Stammtafeln AF III 286-287.
  5. Bär/Stoff, Eberbach III 57 Anm. 73 mit Auszug aus dem Seelbuch.

Nachweise

  1. Helwich, Syntagma 164.
  2. Anonymus ed. Roth, Geschichtsquellen III 83.
  3. Bär, Epitaphiensmlg. fol. 2v.
  4. Würdtwein, Epitaphienbuch 238.
  5. Bär/Stoff, Eberbach III 57 Anm. 73.
  6. Roth, Geschichtsquellen III 261.
  7. Beitr. Gesch. Erzstift 27.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 61 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0006101.