Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 34 Kemel, Ev. Kirche 1.V.14.Jh.?

Beschreibung

Bibelspruch auf der größten, ca. 454 kg schweren Glocke des Geläutes. Schlichte Glocke mit Sechshenkelkrone, doppeltem Seilstab auf den Henkeln und einzeiliger Inschrift auf dem von drei oberen und zwei unteren Rundstegen begleiteten Band. Die Oberfläche des Mantels zeigt Beschädigungen.

Maße: H. m. Krone 91, Dm. 85, Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Gotische Majuskel.

[1/2]

  1. AUEa) · MARIAb) · GRACIAc) · PLENA DOMINUSd) T(ECVM)e,1)

Kommentar

Die weitmaschig aufgereihten und unterschiedlich großen Buchstaben sind teilweise durch den Guß beschädigt. An den mäßig breiten Bogenschwellungen, insbesondere bei U, zeigt sich an der scharfkantigen Erhebung eine Asymmetrie, wie sie bei der Kerbe ausgereifter Majuskeln in eingetieften Inschriften charakteristisch, bei Glocken hingegen selten anzutreffen ist. Wegen der Gußprobleme nur bei U in AUE erkennbar, sind Bogenenden eingerollt, Schaftenden sonst verbreitert. Unziale Formen von E und M mit Abschlußstrichen stehen neben kapitalem T. Als Worttrenner dienen erhabene Punkte. Luthmer datierte die Glocke ins 13. Jahrhundert; das ist nicht auszuschließen, jedoch kommt die symmetrische Variante des unzialen M mit Abschlußstrich nur höchst selten vor 1300 vor, so daß in der Zusammenschau der Merkmale eine Datierung ins erste Viertel des 14. Jahrhunderts mit einer Präferenz zur Jahrhundertwende anzusetzen ist.

Der Mariengruß findet sich vereinzelt seit dem 13. Jahrhundert, verstärkt dann auf Glocken des 15. Jahrhunderts.2)

Textkritischer Apparat

  1. A steht kleiner fast auf der Zeilenmitte.
  2. Großer Abstand zwischen I und A.
  3. Bei Luthmer (1921) ist die Wortstellung verdreht: PLENA GRATIA. Nach GRACIA kleiner v-förmiger Worttrenner?
  4. D seitenverkehrt, sieht aus wie C.
  5. Ein V ist sehr klein über die Zeilenmitte gerückt; kein Kürzungszeichen, also möglicherweise Worttrenner wie bei Anm. c. Befund bei Lotz und Luthmer (1914) COMINVST, (1921) DOMINUS TECUM.

Anmerkungen

  1. Vgl. Lc. 1, 28.
  2. Vgl. die Beispiele bei Walter 174f.

Nachweise

  1. Lotz (1880) 352.
  2. Luthmer (1914) 181; (1921) 124.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 34 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0003404.