Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)
Nr. 5† Eberbach, Klosterkirche 1178
Beschreibung
Weiheinschrift des Altars St. Peter und Paul, der in der ersten südlichen Querhauskapelle stand. 1629 kopial überliefert, nach 1631 verloren,1) wohl eine Kopie im 18. Jahrhundert vorhanden, nach 1803 verschollen.
Nach Hensel, erg. nach Bär.
+ Anno incarnationis dominicaea) m c lxxviiib) xii kalendas augusti hoc altare consecratum est a venerabili Zwirniensic) episcopo domino Bernone in honorem sanctorum apostolorum Petri et Pauli et sancti Joannis evangelistae.
Übersetzung:
Im Jahre der Fleischwerdung des Herrn 1178, am 12. Tag vor den Kalenden des August (21. Juli) ist dieser Altar von dem ehrwürdigen Bischof von Schwerin, Herrn Berno, zu Ehren der heiligen Apostel Petrus und Paulus und des hl. Johannes Evangelist konsekriert worden.
Textkritischer Apparat
- Bär ergänzt dominicae, so auch Kraus.
- Kraus nennt die Jahreszahl M C LXXVII.
- Bei Bär heißt es Ewerniensi; ebenso Rossel, Roth. Es handelt sich um Schwerin.
Anmerkungen
- Bär/Stoff 317.
- Zu seiner Person vgl. Jürgen Petersohn, in: Series Episcoporum ecclesiae catholicae occidentalis ab initio usque ad annum MCXCVIII. Series V Germania, Tomus II, Archiepiscopatus Hammaburgensis sive Bremensis coad. Helmuth Kluger, Edgar Pack, Rolf Grosse curaverunt Stefan Weinfurter et Odilo Engels. Stuttgart 1984, 81f., frdl. Hinweis Dr. Rüdiger Fuchs, Mainz.
- Vgl. Bär/Stoff 316f. Anm. 3. Eberbach war durch sein Festhalten an Papst Alexander III. und durch die 1165 wirksam gewordene Absetzung Erzbischof Konrads I. in eine Krise geraten. Abt Eberhard und etliche Mönche verließen das Kloster, um nicht auf Druck des „seit September 1165 im Amt befindlichen, in ihren Augen unrechtmäßigen Ordinarius Christian I. (...) einen schismatischen Papst anerkennen zu müssen“, zit. Moßig 97, vgl. auch Einleitung Kap. 2.3. Nach Moßig 98f. habe sich eine Verbesserung der Beziehungen zwischen Erzbischof Christian und dem Kloster seit 1170 abgezeichnet; die Urkunde, Böhmer/Will II 27 Nr. 67 zu 1170 Januar 17, ist aber unbedeutend und hinsichtlich des Schismas irrelevant, die Weihehandlung von 1178 für derartige Rückschlüsse zu weit entfernt.
- Einsingbach, Eberbach (1986) 10. Hanno Hahn kam nach seinen ausführlichen bauhistorischen Untersuchungen zu dem Schluß, daß die zweite Bauphase in Eberbach, die die Aufgabe des burgundischen Ordensvorbildern verhafteten, ersten Bauplanes bedeutete, um 1170 anzusetzen sei, vgl. ebd. 310. Die Altarweihe sei demnach als Indiz für die „wahrscheinliche Vollendung der Chorpartie nach dem neuen Plan“ zu werten, vgl. ebd. 311. Zwar kann grundsätzlich die Errichtung und Weihe eines Altars nur mit der Erlaubnis des Ordinarius erfolgen, doch galt eine solche bereits mit der für den Bau der Kirche erteilten Genehmigung als gegeben, vgl. Hinschius, Kirchenrecht IV 399f.
- Vgl. Series Episcoporum V II, 82 Anm. 49.
- Bär/Stoff 317.
- Es handelt sich um den Michaelsaltar (Nr. 100), den Katharinen-, (Nr. 9), den Margarethen-, Felix- und Adauctus-, Dreifaltigkeits- (Nrr. 52-54) und einen Tragaltar.
- Nicht nur in diesem Fall, sondern bei den Altären der hl. Margarethe, Felix und Adauctus und des Dreifaltigkeitsaltars, deren Inschriften Hensel abschrieb, gab Helwich eine Kurzzusammenfassung der jeweiligen Weiheinschrift, vgl. Helwich, Syntagma 173f.
- Zumindest ist für die Konsekration die Beschaffung von Reliquien mehrerer Heiliger erforderlich, vgl. Hinschius, Kirchenrecht IV 401 mit Anm. 6. Dabei ist die Niederlegung dieser Reliquien für die Gültigkeit der Konsekration vorgeschrieben, s. ebd. 402. Zu zahlreichen Beispielen für Weiheinschriften, an die eine Liste der im Altar geborgenen Reliquien angehängt ist, vgl. MGH SS XV 2, 1270-1282 (Trier, dort auch erhaltene von 1124, 1148, 1196, künftig in DI Trier); 1287f. (Fulda); vgl. auch als zeitlich frühere, erhaltene Beispiele DI 29 (Worms) Nr. 10, Weiheinschrift des Bischofs Arnold von 1055, Nr. 11 Weiheinschrift der Nikolauskapelle am Dom von 1058.
Nachweise
- Helwich, Syntagma 173.
- Hensel, in: Liber seniorum fol. 90r-v; ed. Roth, Geschichtsquellen III 169.
- Bär/ Stoff, Eberbach III 316f.
- Rossel, Kirche 4.
- Kraus, Christl. Inschriften II Nr. 275.
- Braun, Altar I 723.
Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 5† (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0000501.
Kommentar
Die Konsekration des Altars durch den Schweriner Bischof Berno stellt eines der bedeutsameren Ereignisse unter dem seit 1177 amtierenden Abt Arnold von Eberbach dar. Berno, einst Konventuale des Zisterzienserklosters Amelungsborn und während des Aufenthaltes des Mainzer Erzbischofs Christian I. in Italien von 1172 bis 1183 auch in der Mainzer Diözese tätig, befand sich noch im März 1178 in Italien, von wo er im Juni desselben Jahres zurückkehrte, um dann wieder im März 1179 am Laterankonzil teilzunehmen.2) Die Altarweihe wurde zu einem Zeitpunkt vollzogen, als sich die durch das Kirchenschisma um Papst Alexander III. beeinträchtigten Verhältnisse in Eberbach normalisiert hatten3) und die zwischen 1160 und 1170 anzunehmende Bauunterbrechung längst überwunden gewesen sein dürfte. Man kann annehmen, daß die Weihe dieses Altars wie auch die des in der mittleren Ostkapelle des Nordquerhauses stehenden, 1178 erstmals geweihten und 1366 erneuerten Michaelsaltars (vgl. Nr. 100) die mutmaßliche Fertigstellung der Ostteile der Kirche markiert. Sie waren nach der Planänderung um 1170 die am weitesten fortgeschrittenen Bauteile.4) Angesichts der Probleme durch das alexandrinische Schisma muß sich die Bauforschung allerdings fragen, ob die Weihe von 1178 zeitlich nicht vielleicht einige Jahre von der Fertigstellung der entsprechenden Bauteile entfernt gelegen haben kann, sieht es doch so aus, als habe Erzbischof Christian seinen Beauftragten Berno nach Beendigung des Schismas für kurze Zeit in die Mainzer Kirchenprovinz geschickt, um vorher blockierte Aufgaben zu erledigen. Die belegten Aufenthalte in Chur und Zwiefalten im Sommer 1178 scheinen nämlich ebenfalls Weihehandlungen gedient zu haben.5)
Mehrere Weihetexte befanden sich bis 1631 auf Stein- oder Holztafeln, die an den Altären befestigt waren.6) Die Textüberlieferung verdanken wir dem Eberbacher Obersakristan Heinrich Hensel, der 1629 insgesamt sieben Weihenachrichten erfaßte.7) Domvikar Helwich hatte zwar die einzelnen Altäre bei seinem Besuch am 27. Juni 1614 aufgelistet, gab aber keine wörtlichen Texte wieder. Bei dem Peter- und Paulaltar,8) den er als Nr. 4 in seiner Aufzählung nannte, faßte er die obige Weiheinschrift zusammen und vermittelte zugleich die Namen der Reliquien, die in den Altar eingelegt worden waren: „et reliquiae impositae hae: S. Andreae Apost., S. Jo(hann)is Baptistae, Bartholom., Viti m(arty)ris, Mauritii, septem fratrum, Romani E(pisco)pi et m(arty)ris, Oswaldi m(arty)ris, Martini E(pisco)pi et Confess(oris), Gregorii Papae, Agnetis Virg(inis), undecim milliu(m) virginum“. Es stellt sich hier die Frage, ob diese Reliquienliste nicht ebenfalls inschriftlich ausgeführt und an die eigentliche Weiheinschrift angehängt worden war.9)