Inschriftenkatalog: Rheingau-Taunus Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

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DI 43: Rheingau-Taunus-Kreis (1997)

Nr. 1 Mainz, Landesmuseum (aus Oestrich) 7./8.Jh.

Beschreibung

Ring mit Spruchinschrift, Bronze. 1856 beim Eisenbahnbau an der nordwestlichen Ortsgrenze Oestrichs in einem fränkischen Reihengräberfeld gefunden, dann ins Museum nach Mainz verbracht.1) Die Inschrift ist auf der quadratisch ausgeformten Frontpartie des Ringes dreizeilig eingraviert. Daneben zwei kreisförmige Ornamente. Auf der Rückseite gegenüber der Schriftplatte kleines, eingeritztes, sechsstrahliges Sternchen.

Maße: H. Platte 1, B. 1,1, Bu. 0,2 cm.

Schriftart(en): Frühchristliche Schrift.

DI 43, Nr. 1 - Mainz, Landesmuseum (aus Oestrich) - 7./8.Jh.

Forschungsstelle Die Deutschen Inschriften bei der Akademie der Wissenschaften und der Literatur Mainz, Foto: TGTempel [1/1]

  1. IN D(E)Ia) / NVMI/NEb) A(MEN)c)

Übersetzung:

In Gottes Namen. Amen.

Kommentar

Der Inschrift liegt die christliche Berufung auf den in Paternoster und Credo geheiligten Namen Gottes zugrunde. Statt der Auflösung DEI wäre auch D(OMIN)I denkbar; anders als in der Bibel findet sich in frühchristlichen Texten die Verwendung von „nomen Dei“ sowie mehrfach in Grabinschriften die längere Formel in nomine dei patris et filii et spiritus,2) so daß die Auflösung zu DEI überzeugender erscheint. In der in christlichen Inschriften nicht selten vorkommenden Form NVMINE3) zeigt sich die verbreitete Vokalverschiebung von o zu u,4) während AMEN bei Diehl für Inschriften des 5. bis 7. Jahrhunderts belegt ist.5) Die Schriftform widerspricht dem aus diesen Kriterien gewonnenen Datierungsansatz des Stückes nicht. Die Hastenenden der eingravierten Buchstaben wurden punktförmig durch ein kurzes Einbohren des Ritzinstrumentes betont. Beim M setzt der kurze Mittelteil versetzt an der linken, leicht nach außen geneigten Haste an, das A zeigt einen gebrochenen Mittelbalken, das E einen überlangen Mittelbalken. Die Grundlinie wurde nicht eingehalten.

Fingerringe besaßen seit hellenistischer bis in die frühchristliche Zeit hinein neben ihrer Verwendung als Schmuck zugleich Amulettfunktion und/oder eine Bedeutung als Ehrenzeichen.6) Der Oestricher Fundring dürfte jedoch ursprünglich nicht als Siegelring verwendet worden sein, da sonst die spiegelbildliche Anbringung der Inschrift zu erwarten wäre und überdies für die Anfertigung von Siegelringen meist antike Gemmen dienten.

Textkritischer Apparat

  1. Über dem I ein langer Kürzungsstrich bis zur Mitte des D-Bogens.
  2. Statt NOMINE.
  3. Langer, leicht gebogener Kürzungsstrich.

Anmerkungen

  1. Inv.-Nr. N 1474, frdl. Hinweise der Herren Dr. Horst Reber und Dr. Karl V. Decker, Landesmuseum Mainz. Herrn Dr. Decker danke ich für die Möglichkeit zu eingehender Untersuchung des Ringes. Zur Fundgeschichte vgl. Jakob Becker, Älteste Spuren des Christentums. In: Nass. Ann. 7 (1864) 1-72, hier 52f. mit Abb. Taf. II Nr. 11; Ludwig Lindenschmit, Die vaterländischen Alterthümer der Fürstlich Hohenzollerschen Sammlungen zu Sigmaringen. Mainz 1860, 55 mit Abb. 38; ders., Die Alterthümer unserer heidnischen Vorzeit. Nach den in öff. u. Privatsammlg. befindl. Originalen zusammengestellt u. hrsg. v. d. Röm.-Germ. Centralmuseum in Mainz (...). Mainz 1858-1911, hier Bd. I, Mainz 1864, Heft 11, Taf. VIII Nr. 13.
  2. Beispiele für beide Versionen bei Diehl, Inscript. lat. I 475f. Nrr. 2441-2451.
  3. CIL XIII 2 Nr. 7814; auch Boppert 69 zum Menetrudis-Stein, wo die Form NVMINE in Verbindung mit dem Eigennamen vorkommt; auch ebd. 70 zu NOMINE. Wegen des Wortes IN ist kaum an eine Ableitung von „numen“ in der Bedeutung „göttliche Wundermacht, Walten“ zu denken; vielmehr dürfte eine Formel wie „in Dei nomine ora pro nobis“ Pate gestanden haben.
  4. So etwa auch auf dem Grabstein des Deudolfus (7./8.? Jh.) im Rheinischen Landesmuseum Bonn, vgl. Katalog Spätantike und frühes Mittelalter 108-110 Nr. 34, hier 109.
  5. Beachte die Nachweise bei Diehl, Inscript. lat. III Register 319.
  6. Vgl. etwa den in das 9.-10. Jh. datierten Ring im Stadtmuseum von Limoges, CIFM 2 (Limousin) 151f. Nr. 50 mit der Aufschrift EMANVEL, lt. frdl. Hinweis Dr. Rüdiger Fuchs, Mainz. Vgl. als frühes Beispiel den Inschriftring aus Trechtingshausen, Lkr. Mainz-Bingen, mit dem Text VIVAS / IN DEO, der sich im Rheinischen Landesmuseum, Bonn, befindet, dazu Katalog Spätantike u. frühes Mittelalter 229f. Nr. 103, Abb. 170.

Nachweise

  1. Lindenschmit, Die vaterländischen Alterthümer 55 mit Abb. 38.
  2. Becker, Älteste Spuren 52 Taf. II Nr. 11.
  3. Lindenschmit, Alterthümer I 11, Taf. VIII Nr. 13, 13a.
  4. Kraus, Christl. Inschriften I Nr. 57, Taf. XXI, 4.
  5. CIL XIII 3 Nr. 10024, 106.
  6. Diehl, Inscript. lat. I 476 Nr. 2448a.
  7. Kratz, Oestrich 51.

Zitierhinweis:
DI 43, Rheingau-Taunus-Kreis, Nr. 1 (Yvonne Monsees), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di043mz05k0000109.