Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 398 St. Goar, Museum Schloß Rheinfels 1660

Beschreibung

Wappenstein aus Schloß bzw. Festung Rheinfels, spätestens seit 1980 im damals eröffneten Museum aufgestellt1). Hochrechteckiger Sandstein, im Feld farbig gefaßtes, reliefiertes Prunkwappen, darüber auf einem Spruchband Bibelzitat (A) in zwei Zeilen, flankiert von der geteilten Jahreszahl (B). Unter dem Wappen von zwei Putten gehaltene Kartusche mit der fünfzeiligen Bauinschrift (C1), die mit einem Sinnspruch (C2) endet. Der teilweise stark verwitterte Stein hat links unten eine schräg verlaufende Bruchstelle; seine rote Farbfassung und die Tingierung des Wappens sind modern, die Schrift wurde - gelegentlich nachlässig - schwarz nachgezogen bzw. aufgemalt.

Maße: H. 124, B. 86, Bu. 2-2,5 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Bild zur Katalognummer 398: Wappenstein mit Bauinschrift aus Schloß bzw. Festung Rheinfels

Dr. Eberhard J. Nikitsch (ADW) [1/1]

  1. A

    TVRRIS · FORTISSIMA · NOMEN DOMINI: / P(RO)VERB(IORVM) [18] C(APVT) V(ERSVS) 10a)2)

  2. B

    16 // 60

  3. C1

    ERNESTVS DEI GR[AT]IA LANDGRAVIVS / HASSIAE, PRINCEPS [HIRSF]ELDIAE, COMES / IN CATZENELLENB[O]GEN, DIETZ, / ZIEGENHAIN, NIDDA ET [SC]HAWENBVRG / HOC EXTRVI FE[C]ITb)

  4. C2

    ALTERIVS NON SIT, QVI SVVS ESSE POTEST3)

Übersetzung:

(A) Der Name des Herrn ist ein sehr fester Turm. - (C1) Ernst, von Gottes Gnaden hessischer Landgraf, Fürst zu Hersfeld, Graf in Katzenelnbogen, Diez, Ziegenhain, Nidda und Schauenburg hat dies machen lassen. - (C2) Einem anderen gehöre nicht, wer sich selbst gehören kann.

Versmaß: Ein Pentameter (C2)

Wappen:
Hessen-Kassel4)

Kommentar

Beide Inschriften sind mit erhöhten Versalien versehen. Die breit proportionierte Kapitalis der Bauinschrift zeigt Linksschrägen- und Bogenverstärkung. Der untere Balken des Z ist geschwungen ausgeführt.

Aufgrund der Zeitstellung dürfte die bislang unbeachtete Bauinschrift zu einem Teil der Befestigung bzw. einem Turm des Forts Scharfeneck5) gehört haben, das von Landgraf Ernst von Hessen-Rheinfels zwischen 1657 und 1667 im Zuge des Ausbaus von Schloß Rheinfels zu einer Festung errichtet wurde. Möglicherweise hängt der forcierte Ausbau der Befestigungsanlagen zu dieser Zeit mit der endgültigen Verlegung seiner Kanzlei und Residenz von Rotenburg nach Rheinfels am 31. August 1660 zusammen6). Die Bauinschrift beschließt ein pointiert Eigenständigkeit thematisierender Sinnspruch7).

Textkritischer Apparat

  1. Statt der 0 eine 6 ausgemalt.
  2. Zeile zentriert.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Ensgraber, Museum mit Abb. S. 61. - Die Bauinschrift wurde in der bisherigen Literatur nicht erwähnt.
  2. Spr 18,10.
  3. Walther, Carmina II/1 Nr. 874.
  4. Quadriert und belegt mit Mittelschild (Hessen), 1. Hersfeld, 2. Ziegenhain, 3. geteilt: oben Katzenelnbogen, unten Nidda, 4. geteilt: oben Diez, unten Schauenburg.
  5. Vgl. dazu Nr. 419.
  6. Vgl. dazu den Hinweis bei Ensgraber, Persönlichkeiten 83.
  7. Der Spruch gilt als Wahlspruch des berühmten Arztes und Naturforschers Paracelsus von Hohenheim; vgl. Bartels, Geflügelte Worte 18.

Nachweise

  1. Ritter, Landgraf Ernst 140 (C2).

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 398 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0039808.