Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 150 St. Goar, Evang. Stiftskirche 1503

Beschreibung

Grabplatte eines unbekannten Bürgerlichen, innen an der Nordwand der Krypta befestigt. Große schmale Platte aus Schiefer mit Umschrift zwischen Linien (A). Im Feld reliefierte Figur des Verstorbenen mit turbanartigem Hut und Sendelbinde in kragengeschnürtem, pelzbesetztem Mantel1), dazu einen Rosenkranz in den gefalteten Händen. In den oberen Ecken befinden sich zwei kleine, sich zuneigende Wappenschilde, der vom Betrachter aus gesehen rechte vermutlich mit Initialen (B) bezeichnet. Die Leisten der Platte sind zum Teil erheblich beschädigt, zudem fehlen die obere linke Ecke und das gesamte untere Viertel.

Maße: H. 150 (frgm.), B. 82, Bu. 7 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Bild zur Katalognummer 150: Grabplatte eines unbekannten Bürgerlichen

Brunhild Escherich (ADW) [1/1]

  1. A

    [An]no · d(omi)ni · Mille(simo) · ccccc / iii · i(n) · die · purific[ationis · ]a) marie · Obiit · honestus [- - - / - - - cu]ius · anima · requiescat · inb) · pace · amen

  2. B

    o [c]

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1503 am Fest Maria Reinigung (2. Februar) starb der ehrsame (...), dessen Seele in Frieden ruhe möge, Amen.

Wappen:
unbekannt2)unbekannt3)

Kommentar

Die schlanke Minuskel weist zwei elegant gestaltete Versalien auf, wobei dem M-Versal der unziale halbgeschlossene Typ zugrundeliegt, dessen teils runde, teils gebrochene Bögen sich überschneiden. Das zweite i bei domini und Obiit ist jeweils als i-longa ausgeführt. Als Worttrenner dienen kleine, zum Teil oben und unten mit Zierhäkchen versehene Quadrangeln.

Die qualitätvolle Ausführung der Grabplatte, die reiche, ausgesprochen modische Kleidung und das Epitheton lassen auf einen vermögenden St. Goarer Bürger schließen, der vielleicht als hoher Beamter in landgräflich-hessischen Diensten4) stand.

Textkritischer Apparat

  1. ... Mille CCC .. III jan ... Ensgraber.
  2. Der rechte Schaft des n ist wie ein i-longa gebildet.

Anmerkungen

  1. Über der rechten Schulter liegt ein nicht eindeutig zu identifizierendes Objekt, vielleicht eine Kappe (vgl. dazu Nikitsch, Stadtkirche Michelstadt 130 Taf. 3 mit ähnlicher Darstellung) oder das gefranste Ende der um den Hut gewickelten Sendelbinde (freundlicher Hinweis von Frau Gepa Spitzner, Mainz); vgl. dazu Kühnel, Bildwörterbuch 235 mit Abb. 120.
  2. Marke Nr. 7.
  3. Zwillingsschragen, begleitet von den Initialen o [c].
  4. Vgl. dazu die neu aufgefundene Grabplatte des Schultheißen Johann Thebis Nr. 186.

Nachweise

  1. Ensgraber, Chronik 194 (teilw.).

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 150 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0015008.