Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 88 Oberwesel, Kath. Pfarrkirche St. Martin 1470

Beschreibung

Grabplatte des Propstes Dr. Johannes Fluck aus Boppard, außen an der Wand des südlichen Seitenschiffs befestigt. Große Platte aus gelbem Sandstein mit Umschrift auf nach außen abgeschrägten Leisten. Im Feld unter Kielbogenarkade flachreliefierte Figur des Verstorbenen im priesterlichen Gewand1), vor der Brust mit beiden Händen den Kelch haltend. Stark abgetreten und verwittert, im oberen Drittel ein durchgehender Bruch.

Maße: H. 210, B. 110, Bu. 5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

Bild zur Katalognummer 88: Grabplatte des Propstes Dr. Johannes Fluck aus Boppard

Thomas G. Tempel (ADW) [1/1]

  1. anno d(omi)ni // m cccc / lxx vicesima p(ri)maa) mens(is) octobris obiit vene(r)abil(is) d(omi)n(u)s / ioh(ann)es fluckeb) de bopardia / decretor(um) docto(r) hui(us) eccl(es)ie p(re)p(osi)tus c(uius) a(n)i(m)a req(uiescat) in pace amen ·

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1470, am 21. Tag des Monats Oktober starb der ehrwürdige Herr Johannes Fluck aus Boppard, Doktor des Kirchenrechts, Propst dieser Kirche, dessen Seele in Frieden ruhen möge, Amen.

Kommentar

Der in einer schlichten Minuskel ohne Worttrenner ausgeführte Text weist einerseits erstaunlich große Wortabstände auf, ist aber andererseits stark gekürzt.

Der wohl aus Boppard stammende Johannes Fluck2) bewarb sich seit 1418 zunächst als Kleriker, seit 1423 als Priester im Gebiet zwischen Köln und Konstanz um eine Vielzahl von Kanonikats- und Pfarrstellen. Als erste Pfründe erhielt er 1421 eine Stiftsherrenstelle an St. Severus in Boppard, zu der 1426 eine zweite am Stift St. Goar in St. Goar kam. 1435 zum Propst des Stiftes St. Martin in Oberwesel berufen, wurde ihm 1436 zusätzlich noch ein Kanonikat an Liebfrauen zu Oberwesel verliehen. Er war Mitglied der dortigen Fabrikbruderschaft3). In seiner Funktion als Propst4) und damit als ranghöchstes Mitglieds des Kapitels war Fluck weder zur Seelsorge noch zur Residenz verpflichtet, da es sich hier um eine reine Ehren- bzw. Versorgungspfründe handelte. Sein - aufgrund der bisher nur teilweise entzifferten Inschrift - unbekanntes Todesdatum wird durch den 1470 erfolgten Amtsantritt seines Nachfolgers in der Oberweseler Propstei bestätigt, sein in den Quellen bislang nicht aufscheinendes Doktorat - das ihn als Gelehrten auf kirchenrechtlichem Gebiet ausweist - könnte er sich nach 1461 in Erfurt5) erworben haben.

Textkritischer Apparat

  1. mcccc [./.] Kdm.
  2. [..] Kdm. - Letzter Buchstabe unsicher.

Anmerkungen

  1. Albe und Kasel, Manipel über dem linken Arm, auf dem Kopf ein hohes rundes Birett.
  2. Vgl. zum Folgenden die Nachweise bei Pauly, Stifte 545 (Reg.).
  3. Vgl. dazu Heinzelmann, Fabrikbruderschaft 72.
  4. Vgl. dazu Pauly, Stifte 444f.
  5. Weissenborn, Acten I 287 verzeichnet für dieses Jahr einen inskribierten "Iohannes Flugk de Wisalia". - Pauly, Stifte 485 hält eine Identität beider namensgleicher Personen allerdings für unwahrscheinlich, da Fluck bislang nur bis 1462 als Propst bzw. bis 1463 als Stiftsherr in Liebfrauen nachweisbar war.

Nachweise

  1. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 555 mit Abb. 391.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 88 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0008807.