Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 65 Berlin, Bode-Museum (aus Boppard, Benediktinerinnen-Kloster Marienberg) 1421

Beschreibung

Grabplatte des Ritters Conrad Beyer von Boppard und seiner Frau Maria (Merga) von Parroye. Die ursprünglich im Kapitelsaal befindliche Platte wurde nach der Aufhebung des Klosters an der Wand der südlichen Vorhalle befestigt und schließlich im April 1914 von dem Direktor des damaligen Kurhauses Marienberg zusammen mit zwei weiteren Grabplatten der Beyer von Boppard an das Kaiser-Friedrich-Museum in Berlin, das heutige Bode-Museum, verkauft (Staatliche Museen Berlin, Preußischer Kulturbesitz, Inventar der Skulpturensammlung, Inv.-Nr. AE 365)1). Die inzwischen von einem Eisenrahmen umschlossene Platte wird gegenwärtig im Magazin des Museums verwahrt. Sehr große Platte aus rotem Sandstein mit Umschrift zwischen Linien, in den vier Ecken je ein Wappenschild. Im Feld flachreliefierte Darstellung des adeligen Ehepaares unter zwei Kielbögen: links der gerüstete Ritter in kurzem Waffenrock mit zugespitzter Beckenhaube, offenem Visier und Helmbrünne, mit einem Fuß auf einem Wappenschild, mit dem anderen auf einem Löwen, die Hände vor der Brust gefaltet; rechts seine Ehefrau in Kleid und Mantel, das Haupt von einem Kruseler bedeckt, ebenfalls mit einem Fuß auf einem Wappenschild, mit dem anderen auf einem Hündchen, die Hände vor der Brust gefaltet. Zwischen den Häuptern der Verstorbenen ist der Turnierhelm des Ritters plaziert, darüber zwischen den Bögen zwei Löwen mit Wappenstandarten in den Pranken. Abgesehen von kleineren Beschädigungen gut erhalten.

Maße: H. 315, B. 165, Bu. 6,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel mit Versalien.

Bild zur Katalognummer 65: Grabplatte des Ritters Conrad Beyer von Boppard und seiner Frau Maria (Merga) von Parroye.

Skulpturensammlung [1/1]

  1. · Annoa) · d(omi)ni · m° · cccxcv° · / via · die · mensis · noue(m)bris · o(biit) · d(omi)na · merga · de · parroye · vxor · d(omi)ni · conradi · beyer · de · bop(ar)d(ia) · cui(us) / · a(n)i(m)a · requiescat · in · pace · Annoa) · d(omi)ni · m° · ccccxxi° / · vicesi(m)a · via · die · mensis [ · ] octobris · obiit · nobilis · d(omi)n(u)s · conradus · beyer · de · bopardia · cui(us) · / a(n)i(m)a · requiescat · in · pace

Übersetzung:

Im Jahr des Herrn 1395 am sechsten Tag des Monats November starb die Frau Merga von Parroye, Ehefrau des Herrn Conrad Beyer von Boppard, deren Seele in Frieden ruhen möge. - Im Jahr des Herrn 1421 am 26. Tag des Monats Oktober starb der edle Herr Conrad Beyer von Boppard, dessen Seele in Frieden ruhen möge.

Wappen:
Beyer von Boppard2)Parroye3)
Lösnichunbekannt4)

Kommentar

Die beiden Versalien der gut ausgeführten Minuskel entsprechen bis auf den nach unten gebogenen Deckbalken und den leicht gewölbten, breiten Zierstrich des rechten Schaftes dem pseudounzialen A der gotischen Majuskel. Auffällig ist g mit leicht durchgebogenem rechten Schaft, t mit langem, rechts am Balken angesetzten Zierstrich und v mit nach links oben verlängertem linken Schaft.

Conrad5) war einer von zwei Söhnen des ebenfalls im Kloster Marienberg bestatteten Ehepaars Heinrich d. J. Beyer von Boppard und Lisa von Lösnich6). 1471 erstmals urkundlich bezeugt, fungierte Conrad seit 1383 als Rat seines Onkels, des Metzer Bischofs Dietrich Beyer von Boppard. Durch die Heirat mit Maria, Tochter des Ferri I. von Parroye und Erbin von Bayon, sowie durch seine vor 1411 geschlossene zweite Ehe mit Johanna von Pulligny entstand eine dauerhafte Verbindung des in Boppard alteingesessenen Geschlechts nach Lothringen. Dies hatte zur Folge, daß sich die zahlreichen Nachkommen der von Conrad und Maria ausgehenden Linie der Beyer von Boppard dauerhaft in Lothringen niederließen und dort bis zum Beginn des 17. Jahrhunderts bedeutende geistliche und weltliche Ämter bekleiden konnten7). Offensichtlich war aber die Anziehungskraft des Klosters Marienberg als Grablege der Beyer von Boppard dennoch so stark, daß sich vom lothringischen Zweig der Familie zumindest noch Conrad und Maria dort bestatten ließen. Abgesehen davon diente das Kloster den in Boppard Verbliebenen weiterhin als Begräbnisplatz8); zudem lebten dort stets weibliche Angehörige der Familie als Nonnen, zum Teil mit leitenden Funktionen.

Aufgrund der gleichförmigen Ausführung der qualitätvoll gearbeiteten Grabplatte ist davon auszugehen, daß sie erst beim Tode Conrads angefertigt wurde; als Vorbild diente mit Sicherheit die seiner Eltern. Erstaunlicherweise beeinflußte die wenige Monate vor Conrads Tod in Preßburg durch König Sigismund erfolgte Erhebung in den erblichen Freiherrenstand weder die Darstellung des Verstorbenen noch das Epitheton seiner Grabinschrift: Mit nobilis wurde bereits sein Vater Heinrich bezeichnet. Allein die Vermehrung seines Wappens um das seiner Mutter Lisa von Lösnich dürfte sich mit seiner neu errungenen Stellung erklären lassen.

Textkritischer Apparat

  1. Textbeginn Mitte der oberen bzw. der unteren Leiste nach einem sechsstrahligen Sternchen.

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu Einleitung Kap. 2.1.2.
  2. Quadriert von Beyer von Boppard und Lösnich.
  3. Drei 2:1 gestellte Löwen.
  4. Ein Balken.
  5. Vgl. zum Folgenden Möller, Stammtafeln AF I Taf. 20 und Europ. Stammtafeln NF VII Taf. 2 (Parroye) und NF IX Taf. 5 (Beyer von Boppard).
  6. Vgl. zu ihrer gemeinsamen Grabplatte Nr. 56.
  7. So wurde etwa ein Sohn des Ehepaars Landvogt im Elsaß, ein anderer Bischof von Metz; vgl. dazu Europ. Stammtafeln NF IX Taf. 5 und 6.
  8. So etwa für Conrads kurz nach ihm verstorbenen Schwester Adelheid (vgl. Nr. 67) oder seiner als Äbtissin amtierenden Enkelin Kunigunde (vgl. Nr. 92).

Nachweise

  1. d'Hame, Confluvium II 2, 631 (teilw.) und nach S. 661 (Nachzeichnung, bez. Nr. 3).
  2. Rhein. Antiquarius II 5, 338.
  3. Boulangé, Boppard 16 mit Taf. 3 (Nachzeichnung).
  4. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 583.
  5. Klein, Geschichte 224 (übers.).
  6. Kubach/Verbeek, Denkmälerinventar I 154.
  7. 850 Jahre Marienberg, Abb. S. 32.
  8. Böhme, Grabstein 57 mit Abb. 8.
  9. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 292 mit Abb. 183.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 65 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0006509.