Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 41 Oberwesel, Kath. Pfarrkirche Unserer Lieben Frau (aus St. Martin) M.14.Jh.

Beschreibung

Reliquienschrein (bzw. Altarretabel), ehemals an der Nordostwand der Apsis, dann in der Kunstkammer von St. Martin1), seit 1998 im südlichen Nebenchor von Liebfrauen. Von den neun (ehemals zehn) farbig gefaßten Flachreliefs aus Nußbaum mit Darstellungen aus dem Leben Jesu sind jeweils zwei übereinanderliegende Szenen auf einer Tafel zusammengefaßt. Das zweite Relief in der oberen Reihe zeigt die Verkündigung an die Hirten mit der schwarz auf Weiß gemalten Inschrift (A) auf einem Spruchband. Auf dem dritten Relief der unteren Reihe Kreuzigung mit Titulus (B), rechts unter dem Kreuz auf den Gekreuzigten deutender, stehender Ritter mit Wappenschild. Der Schrein wird durch einen breiten mit fünf Reliquienkammern versehenen Mittelbalken geteilt, darin hinter Glas - neben nicht identifizierten - auch handschriftlich bezeichnete Reliquien der Heiligen Bartholomäus, Erasmus und Katharina. Die zwei beiderseits bemalten, inschriftlosen Flügel wurden erst Ende des 15. Jh. hinzugefügt. Das Retabel wurde 1992-94 restauriert.

Maße: H. 75, B. (des Schreins) 67, Bu. 0,5 cm.

Schriftart(en): Gotische Minuskel.

  1. A

    gloria in ex[celsis]2)

  2. B

    i(hesus) n(azarenus) r(ex) i(udeorum)3)

Wappen:
Schönburg auf Wesel (Stamm IIb)4)

Kommentar

Obwohl der heutige Zustand der offenbar mehrmals nachgezogenen Schrift keine nähere Datierung zuläßt, spricht nichts gegen die von kunsthistorischer Seite5) vorgenommene Einordnung des Schreins in die Mitte des 14. Jahrhunderts. Da mit dem Neubau von St. Martin erst gegen 1350/55 begonnen wurde, könnte es sich noch um ein Ausstattungstück aus der Vorgängerkirche handeln. Der verhältnismäßig kleine Reliquienschrein weist Ähnlichkeiten mit zeitgenössischen Elfenbeinarbeiten auf, ohne jedoch deren Feinheit in der Ausführung zu erreichen. Der Stifter war ein Angehöriger der Familie von Schönburg auf Wesel, die das Mitpatronat über St. Martin innehatte.

Anmerkungen

  1. Vgl. zum Folgenden Kdm. 528ff.
  2. Nach Lk 2,14 (bzw. 19,38).
  3. Joh 19,19.
  4. Ein Lilienszepter.
  5. Vgl. Pauly, Stifte 456f., Ronig, Kunst unter Balduin 506 und Kdm. 529.

Nachweise

  1. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2 mit Abb. 361 (Detail).

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 41 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0004103.