Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 9† Boppard 2.H.6.-7.Jh.?

Beschreibung

Grabstein des Chrodebertus. Im Dezember 1868 bei Ausschachtungsarbeiten auf dem Gebiet des damit entdeckten fränkischen Gräberfeldes "Im Proffen" in situ aufgefunden1), wurde er 1879 dem geplanten Museum der Stadt Boppard übergeben und ist dort heute nicht mehr nachweisbar2). Kleiner hochrechteckiger Quader aus Kalkstein mit sechszeiliger Inschrift zwischen Linien. Die linke untere Ecke und vermutlich eine weitere Zeile fehlen.

Nach Bendermacher (Nachzeichnung).

Maße: H. 21, B. 11 cm.

Schriftart(en): Vorkarolingische Kapitalis, Typ 2 (Fränkische Schrift).

  1. HIC REQV/ISCIT IN / PACE CH/RODEBER/[TV]S VIXIT / [ANN]VS [- - -]

Übersetzung:

Hier ruht in Frieden Chrodebertus. Er lebte (...) Jahre.

Kommentar

Auch wenn die exakt wirkende Nachzeichnung nicht alle Feinheiten der Schriftausführung wiedergeben dürfte, so lassen sich doch mit der Schaftverlängerung bei B, D und E sowie der Verwendung des rautenförmigen O die Eigenheiten der fränkischen Schrift erkennen. Weitere auffällige Formen sind spitzes A mit linksschrägem Mittelbalken, rundes C mit zusätzlichem Schaft am äußeren Bogenabschnitt, unziales Q sowie S mit linksschrägem, beidseitig verlängertem Schaft und daran angesetzten Bögen.

Die vulgärlateinischen Formen REQVISCIT statt REQVIESCIT und ANNVS statt ANNOS sind auch in anderen rheinischen Inschriften dieser Zeit nachzuweisen3). Die seit dem 6./7. Jahrhundert für Hrodebert nachweisbare, jedoch inschriftlich so nicht mehr bezeugte Namenform Chrodebertus4) könnte ein weiterer Beleg für die damalige fränkische Bevölkerung Boppards sein. Da aber Chrode/o die romanisierte Form des germanischen-fränkischen Namenelements *Hrod- repräsentiert5), ist nicht auszuschließen, daß es sich bei dem Verstorbenen auch um einen Romanen gehandelt hat.

Der Grabstein wurde von Boppert "eher ins 7. als ins 6. Jh."6) datiert.

Anmerkungen

  1. Der von den Ausgräbern mit (K) bezeichnete Grabstein lag zwischen zwei damals aufgedeckten Sarkophagreihen und dürfte - wie beim Nonnus-Stein nachgewiesen - ursprünglich auf einem der stets unbeschrifteten Sarkophage zur Bezeichnung des Grabstätte des Verstorbenen gelegen haben; vgl. dazu den Lageplan mit der zeichnerischen Wiedergabe des Befundes bei Eltester, Boppard, Anhang Taf. III.
  2. Vgl. dazu den Hinweis bei Neumayer.
  3. Vgl. dazu Boppert 131.
  4. Vgl. dazu Reeb, Inschriften 45 sowie die Belege aus anderen Quellen bei Morlet, Noms I 136 und Förstemann, Namenbuch 892ff.
  5. Hr- war für Romanen unsprechbar und wurde durch die Lautkombination kr, geschrieben cr oder chr, ersetzt. Im späten 8. Jh. entsteht aus *Hrod-bert romanisch Ro(d)bert bzw. althochdeutsch Ruodpert bzw. später Rupert (freundlicher Hinweis von Herrn Prof. Dr. Wolfgang Haubrichs, Saarbrücken, vom 11. Juli 2001).
  6. Boppert 131.

Nachweise

  1. K.Z., Boppard.
  2. Bendermacher, Grabstätten 100 mit Nachzeichnung S. 101.
  3. Kraus, Inschriften I 132 Nr. 270 mit Nachzeichnung.
  4. Le Blant, Recueil Nr. 68 mit Nachzeichnung.
  5. CIL XIII 2.1 Nr. 7559.
  6. Diehl, Inscriptiones II 3177 A.
  7. Becker, Boppard 26.
  8. Boppert, Inschriften 130 mit Nachzeichnung.
  9. Pauly, St. Severus 13 mit Nachzeichnung.
  10. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 416.
  11. Neumayer, Grabfunde 167.
  12. Wegner, Denkmäler 759.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 9† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0000901.