Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 6† Boppard 5.-1.H.6.Jh.?

Beschreibung

Grabstein eines Unbekannten. Vermutlich zwischen 1945 und 1955 bei Bauarbeiten "an der Simmer Straße 19"1) entdeckt, dürfte der Fund dem Städtischen Museum zugeführt worden sein und ist dort heute nicht mehr nachweisbar. Das sowohl in schmematischer Nachzeichnung als auch in einem fotografischen Ausschnitt überlieferte Fragment ist diagonal gebrochen und zeigt zwei Zeilen einer zwischen Linien stehenden Inschrift mit einem darunter eingeritzten Palmzweig. Vom Text der oberen Zeile sind nur noch ansatzweise die unteren Buchstabenenden zu erkennen.

Text nach der Abb. bei Pauly, Maße nach Nick.

Maße: H. 15, B. 17 cm.

Schriftart(en): Vorkarolingische Kapitalis, Typ 1 (Spätrömisch-christliche Schrift).

Bild zur Katalognummer 6: Ausschnitt aus dem Grabsteinfragment eines Unbekannten

Reproduktion: Pauly, St. Severus, S. 17 [1/2]

Bild zur Katalognummer 6: Fragment des Grabsteins eines Unbekannten
  1. [- - -]N[.]V[a) - - - / - - - VIX]ETb) D(IES) XVc) [- - -]

Übersetzung:

(...) lebte 15 Tag3e.

Kommentar

Die hypothetische Ergänzung der Inschrift orientiert sich an dem in frühchristlichen Inschriften häufigen Formularteil des Lebensalters. Dabei ist die vom klassischen Latein abweichende Form VIXET statt VIXIT zwar nicht im Bopparder Material, sonst aber öfters bezeugt2). Falls die Ergänzung zutrifft, muß es sich bei dem Verstorbenen um einen Säugling gehandelt haben.

Aufgrund des Gebrauchs der nicht-fränkischen Schriftform und des christlichen Symbols des Palmzweiges ist das Fragment der Gruppe der älteren Bopparder Grabsteine3) zuzuweisen.

Textkritischer Apparat

  1. Die Nachzeichnung von Nick überliefert N mit verkleinert hochgestelltem V. Dagegen erlauben die noch erkennbaren Reste der unteren Schaftenden auf dem Foto und der Abstand zwischen N und V auch eine hypothetische Ergänzung zu NIV[S].
  2. Von E sind nur noch die Enden der drei Balken zu sehen.
  3. Nach dem mit verkürztem rechtem Schrägschaft gestalteten V folgt ein weiterer Buchstabe, der wiederum als ein X gelesen werden könnte. Allerdings scheint er nur eingeritzt und keinesfalls mit den tiefen Kerben der anderen Buchstaben ausgeführt worden zu sein. Möglicherweise handelt es sich dabei um den Rest einer Verzierung, die sich oberhalb dieses Buchstabens zu wiederholen scheint.

Anmerkungen

  1. So die Angabe bei Nick. - Der von Pauly lediglich als Foto mit der Bildunterschrift "Fragment einer Grabinschrift" kommentarlos veröffentlichte und in der Literatur bislang nicht zur Kenntnis genommene Fund konnte erst durch das freundliche Entgegenkommen von Herrn Heinrich Nick, Boppard, dem Verfassser Einblick in den schriftlichen Nachlaß seines Großvaters Jean Nick zu gewähren, zweifelsfrei den frühchristlichen Grabsteinen Boppards zugerechnet werden.
  2. Vgl. etwa Gauthier, Recueil Nrr. 17, 84a, 132, 180 und 228 sowie DI 51 (Wiesbaden) Nr. 5.
  3. Vgl. Einleitung Kap. 4.1.1.

Nachweise

  1. Nick, Zeichnung.
  2. Pauly, Geschichte 1, Abb. 10.
  3. Pauly, St. Severus, Abb. S. 17.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 6† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0000605.