Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)
Nr. 316 Boppard, Kath. Pfarrkirche St. Severus 1614
Beschreibung
Epitaph für das Ehepaar Jakob Adenau und Margretha Brant, befestigt an der Südwand des Chors. Architektonisch gerahmtes Grabdenkmal aus Sandstein. Im Sockel Rollwerktafel mit unvollständiger Grabinschrift (A) in vier Zeilen, darüber säulengerahmte Rechtecknische mit kleinformatiger Beterreihe im Vordergrund: linksaußen der Vater mit sechs Söhnen, rechtsaußen die Mutter mit sechs Töchtern. Darüber Relief mit der Darstellung des Propheten Ezechiel im Tal der Knochen inmitten der sich wiederbelebenden Skelette; im Gebälk Rollwerkkartusche mit dies thematisierendem Bibelzitat (B) in fünf Zeilen. Seitlich der säulentragenden Konsolen je ein Wappenschild, der linke bezeichnet mit den Initialen des Stifters (C). Bis auf die fehlenden Hände des Propheten gut erhalten; die ehemalige Fassung blättert ab. Die Inschriften sind durchgehend vorliniert und waren ehemals golden gefaßt.
Maße: H. 126, B. 123, Bu. 2 cm.
Schriftart(en): Kapitalis.
- A
IACOB(VS) ADENAV · SECRET(ARIVS) AC PRO TEM=/PORE AEDILIS HVIIVSa) CIVIT(ATIS) CVM CON=/IVGE MARGRETHA BRANTIN, P(II) P(OSVERVNT)b) ANNO / 1614c) OBIIT ILLE A(NNO)d) 〈- - -〉e)
- B
H AEC DICIT D(OMI)N(VS) DEVS: EGO APERIAM / TVMVLOS VESTROS (ET) EDVCAM VOS DE SE=/PVLCHRIS VESTRIS POPVLVS MEVS (ET) INDV=/CAM VOS IN TERRAM ISRAEL EZECH / XXXVIIo CAP.1)
- C
I(ACOBVS) A(DENAV)
Übersetzung:
(A) Jakob Adenau, Stadtschreiber und zur Zeit Baumeister dieser Stadt, und seine Ehefrau Margretha Brant, haben fromm (dieses Werk) errichtet im Jahr 1614. Jener starb im Jahr (...). - (B) So spricht Gott der Herr: Ich werde eure Gräber öffnen und euch, mein Volk, aus euren Grüften herausführen und euch in das Land Israel geleiten.
Adenau2) | Margretha Brant3) |
Textkritischer Apparat
- Sic!
- Befund PP.
- 1641 Kdm.; danach auch die Angabe bei Frauenberger, Bürgerbuch 1, 33.
- Suspensive Kürzung durch ein tiefgestelltes Zeichen in Form einer Schleife mit Abschwung angezeigt.
- Der Rest der Tafel mit Platz für 3 1/2 Zeilen ist freigelassen, hier sollte offensichtlich mit dem Todesdatum des Ehemannes fortgefahren werden.
Anmerkungen
- Ez 37,12.
- Marke Nr. 71.
- Marke Nr. 72.
- Sein Vater war vermutlich Anton Adenau, der für die Jahre 1562 und 1591 als Mitglied des Koblenzer Rates bezeugt ist; vgl. dazu Eiler, Stadtfreiheit 143 und 330.
- Vgl. dazu Reif, Ämterbuch 2 und Frauenberger, Bürgerbuch 1, 33.
- Vgl. dazu Maier, Boppard 425.
- Vgl. zur Familie Frauenberger, Bürgerbuch 1, 91.
- Die in Ezechiel Kapitel 37 thematisierte und im Mittelalter oft dargestellte Auferstehung der Toten des jüdischen Volkes verweist zwar einerseits auf die Ereignisse des Jüngsten Gerichtes, dient aber in diesem Fall zunächst als Sinnbild des Niedergangs und Wiedererstehens des jüdischen Volkes; vgl. dazu Smith, Ezechiel 717f.
- Vgl. Nr. 351.
- Vgl. Nr. 332.
Nachweise
- Kubach/Verbeek, Denkmälerinventar I 82.
- Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 255 mit Abb. 148.
Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 316 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0031600.
Kommentar
Die breit proportionierte Kapitalis zeigt zahlreiche, für Vergleiche nützliche Besonderheiten, die aber nicht bei allen Buchstaben vollkommen gleichmäßig vorhanden sind: B mit sich nicht berührenden Bögen, C mit weit eingebogenen Bogenenden und Sporn am unteren Bogenende, G mit nicht eingestellter Cauda, M mit flachem Mittelteil, R mit leicht geschwungener, weit unter die Grundlinie geführter Cauda und T mit achsensymmetrisch angesetzten Sporen.
Der wohl aus Koblenz stammende Adenau4) ist seit 1590 als Schöffe und Ratsherr bezeugt, zudem zwischen 1591 und 1597 als Bopparder Stadt- bzw. Gerichtsschreiber5). Während er in diese verantwortungsvolle Funktion direkt durch den Erzbischof von Trier als Stadtherrn eingesetzt wurde, wurde er als Stadtbaumeister6) vom Bopparder Stadtrat gewählt. Damit zählte Adenau zu den einflußreichsten Bürgern der Stadt: als Stadt- bzw. Gerichtsschreiber war er für die rechtliche Seite, mit seinem zweiten Amt war er auch für die städtische Finanzverwaltung und das Stadtbauwesen zuständig, darüberhinaus übte er auch noch die Aufsicht über das Polizeiwesen und die Zünfte aus. Seit 1585 war Jakob Adenau mit Margretha verheiratet, Tochter von Hans und Katharina Brant7). Da von den zwölf aus dieser Ehe hervorgegangenen und auf dem Epitaph auch dargestellten Kindern nur sieben namentlich bekannt sind, dürften die anderen fünf sehr jung verstorben sein. Unklar bleibt, warum die offensichtlich zur Fortsetzung bestimmte Grabinschrift des zu Lebzeiten des Ehepaars gestifteten Epitaphs mit der ungewöhnlichen Darstellung des Propheten Ezechiel8) nach dem am 20. August 1629 erfolgten Tod des Ehemannes nicht vervollständigt wurde. Möglich wäre dies etwa durch die in Boppard wohnenden, den Vater überlebenden Söhne Conrad oder Johannes9) gewesen.
Aufgrund der Ähnlichkeit im Aufbau mit dem Andachtsbild Ley/Valwig10), vor allem wegen der deutlichen Übereinstimmung bei den Schriftformen ist eine gemeinsame Werkstatt anzunehmen.