Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 298† Boppard, ehem. Benediktinerinnen-Kloster Marienberg 1612

Beschreibung

Epitaph der Nonne Anna von Disteling. Das 1773 von d'Hame beschriebene und in Abschrift überlieferte Epitaph hing auf der Epistelseite der Kirche dem Chor zugewandt bei den Stufen zum Altar. Es handelte sich wohl um eine Tafelmalerei ("tabulam pictam") mit der Darstellung der Verstorbenen als kniende Beterin vor dem Bild der Jungfrau Maria und der hl. Anna. Zu beiden Seiten des Bildes befanden sich jeweils vier gemalte Ahnenwappen ("insignia genealogia adpicta").

Nach d'Hame.

  1. D(eo) T(er) M(aximo) Sponso suo religiosa ac nobilis virgo a Distlincx filia in Odenhausen triplex illud suavissime redolens sertum quod a primaeva fere aetate hoc in monasterio illi paraverat solemnique voto iam dedicaverat ut offeret coelesti illius perpetuo iungenda thalamo hinc obiit 1612 vigesima iulii

Übersetzung:

Dem dreimal größten Gott, ihrem Bräutigam, gab die fromme und edle Jungfrau von Disteling, Tochter in Odenhausen, diesen dreifach süß duftenden Kranz, den sie ihm beinahe von Kindheit an in diesem Kloster bereitet und durch das feierliche Gelübde geweiht hatte, damit er ihr die Verbindung in der beständigen himmlischen Ehe gewähre. Sie starb dann 1612, am 20. Juli.

Wappen:
DistelingBlanckard
BeckerzemSchenk von Nideggen
RoechBeissel von Gymnich
BrandlinckFlohdorf

Kommentar

Anna war eine (genealogisch bislang nicht belegte) Tochter aus der Ehe des vermutlich aus dem Gelderlande stammenden Heinrich von Disteling1) mit Arnolda von Blanckard zu Odenhausen, die einer gut bezeugten rheinischen Familie2) angehörte. Heinrich selbst war Landdrost der niederländischen Grafschaft Zutphen, kurkölnischer Geheimer Rat und Kämmerer sowie Oberst in der Reiterei des spanischen Königs Philipp III. Seiner zusammen mit ihrer Tante Anna von Blanckard3) im weit entfernten Kloster Marienberg lebenden Tochter Anna schenkte er im Jahr 1609 ein wertvolles "Breviarium"4).

Zusätzlich zu dem Epitaph mit seiner außergewöhnlichen, christusmystische Vorstellungen thematisierenden Inschrift erhielt Anna eine herkömmliche Grabplatte in der Kirche5).

Anmerkungen

  1. Vgl. dazu und zum Folgenden Schleicher, Oidtmann Tafel S. 171. - Für hilfreiche Literaturhinweise danke ich meiner Bonner Kollegin Dr. Helga Giersiepen.
  2. Vgl. dazu Strange, Beiträge 79 und Fahne, Geschichte 36.
  3. Vgl. Nr. 336.
  4. Vgl. dazu ausführlich d'Hame 444f.
  5. Vgl. dazu die folgende Nr. mit abweichendem Todesdatum.

Nachweise

  1. d'Hame, Confluvium II 2, 445f.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 298† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0029802.