Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 284 Oberwesel, Kath. Pfarrkirche Unserer Lieben Frau 1606

Beschreibung

Epitaph für Heinrich Eberhard von Schönburg auf Wesel, eingelassen in die Nordwand des nördlichen Seitenchors. Ädikula aus gelbem Sandstein. Seitliche Lisenen mit jeweils drei weitgehend verlorenen Wappen und Beischriften rahmen eine flache Rechtecknische, vor deren drapiertem Grund das nahezu vollplastische Hüftbild des Verstorbenen steht. Heinrich Eberhard hat eine lange Kette um den Hals und trägt mit der spanischen Tracht zeitgenössische Kleidung: Wams mit Stehkragen und Pluderhose, den hohen Hut zur Rechten abgelegt. Im Giebel zwei Wappen sowie eine ovale Schiefertafel mit der vorlinierten, golden ausgemalten, 13zeiligen Inschrift (A), bekrönt von einem Totenkopf und umgeben von Engelsköpfen sowie seitlichen Voluten mit Fruchtgehängen. Im Unterhang eine querovale, schwarz eingefärbte Rollwerkkartusche mit der vorlinierten, golden gefaßten Sterbeinschrift (B). Das notdürftig restaurierte Denkmal ist insgesamt in einem schlechten Zustand, die linke Hand des Verstorbenen ist abgeschlagen, zudem fehlen vier Wappen und alle zugehörigen Beischriften.

Maße: H. 270, B. 150, Bu. 3-4,5 (B) cm.

Schriftart(en): Kapitalis, farbig gefaßt.

Bild zur Katalognummer 284: Beschädigtes Epitaph für Heinrich Eberhard von Schönburg auf Wesel

Thomas G. Tempel (ADW) [1/2]

Bild zur Katalognummer 284: Obere ovale Schiefertafel des Epitaph für Heinrich Eberhard von Schönburg auf Wesel
  1. A

    HENRICVS / EBERHARDVS A SCHO(N)=/BVRG SIM(ONIS) RVDOL- PHIa) F(ILIVS) NOBILIS/SIMVSb) OPTIMAE SPEI ADOLESCENSc) / IN IPSO AETATISd) FLOREe) QVODf) MOR/TALEg) FVIT RELIQVITb) VT QVODf) IMMOR/TALEg) EST CONSEQVERETVRh), FILŸ / DILECTISSIMI IMMATVRA / MORTE PEREMPTI ACERBVM / FVNVS PARENTES MOESTIS=/SIMI ORDINE TVRBATO / SVPERSTITES WESALIAMi) / CONDVXERVNT

  2. B

    OBŸT IN MONTIGNI / AN(N)O INCARNATId) VERBI · M · D · C · VI / AETATIS SVAE XVI / DIE IVLŸ XXI

Übersetzung:

Heinrich Eberhard von Schönburg, hochedler Sohn Simon Rudolfs, ein die besten Hoffnungen erweckender Jüngling, ließ in der Blüte seiner Jahre das, was sterblich gewesen war, zurück, um das, was unsterblich ist, zu erlangen. Den traurigen Leichnam des hochgeliebten, ihnen durch allzu frühen Tod entrissenen Sohnes haben die über die in Unordnung geratene (natürliche) Abfolge tiefstbetrübten, überlebenden Eltern nach Wesel überführen lassen. - Er starb in Montigny im Jahr des fleischgewordenen Wortes 1606, im 16. Jahr seines Alters, am 21. Juli.

Wappen:
Schönburg auf Wesel (Stamm IIb)[Naves]1)
fehltfehlt
Langelnunbekannt2)
fehltfehlt

Kommentar

Die in nahezu einheitlicher Strichstärke ausgeführte, mit zahlreichen Ligaturen, Buchstabenverbindungen und erhöhten Versalien versehene Kapitalis der Hauptinschrift zeigt abgesehen von G mit eingestellter Cauda, M mit schrägen Schäften und niedrigem Mittelteil keine weiteren auffälligen Formen. Inschrift (B) hat je einmal A mit verlängertem rechten Schaft und rundbogigem Anschluß des linken sowie V mit oben leicht nach links gebogenem Schrägschaft. Worttrenner fehlen.

Heinrich Eberhard3) war einer der zahlreichen Nachkommen aus der Ehe Simon Rudolfs von Schönburg auf Wesel mit Magdalena von Naves. Während sein Bruder Johann Karl die Linie der katholischen Schönburger fortsetzte, wurde Heinrich Eberhard bereits in jungen Jahren von seinem Vater zum Propst des Stiftes St. Martin in Oberwesel präsentiert. Obwohl die Propstei als Ehren- oder Versorgungspfründe galt und weder Priesterweihe noch Residenzpflicht vorgeschrieben waren, erhielt er 1598 aus der Hand des Abtes von St. Maximin in Trier die Tonsur. Heinrich Eberhard verstarb auf einer der luxemburgischen Burgen seines Vaters, wurde nach Oberwesel überführt und - wie auch später seine Eltern4) - in der Schönburger Familiengruft im nördlichen Seitenschiff der Liebfrauenkirche beigesetzt.

Wenn auch die Inschriften von jeweils anderer Hand ausgeführt sein dürften, ist doch aufgrund der großen Ähnlichkeiten mit dem Kenotaph für den ein Jahr zuvor verstorbenen Johann Friedrich von Schönburg5) und auch mit dem seines Vaters dieselbe unbekannte Werkstatt als Hersteller anzunehmen.

Textkritischer Apparat

  1. P dem L klein eingestellt.
  2. I dem L klein eingestellt.
  3. E dem L klein eingestellt, NS wegen Platzmangel kleiner geschrieben.
  4. I dem T klein eingestellt.
  5. O dem L klein eingestellt.
  6. Ligatur VD mit o über dem V.
  7. E dem L klein eingestellt.
  8. O dem C klein eingeschrieben.
  9. I dem L klein eingeschrieben, M aus Platzgründen kleiner geschrieben.

Anmerkungen

  1. Das Wappen ist zwar vorhanden, das Wappenbild läßt sich jedoch nicht mehr erkennen bzw. wurde nicht ausgeführt. - Da der Verstorbene unverheiratet geblieben war und sich auch das weiter unten erhaltene Lilienwappen in den Ahnenwappen der Schönburger nicht nachweisen läßt, dürften sich die ehemaligen Wappen auf der rechten Seite des Epitaphs auf die Ahnen seiner Mutter Magdalena von Naves bezogen haben.
  2. Acht 3:2:3 gestellte Lilien.
  3. Vgl. zum Folgenden Möller, Stammtafeln AF I Taf. 35 und Pauly.
  4. Vgl. Nrr. 290 und 345.
  5. Vgl. Nr. 283.

Nachweise

  1. Rhein. Antiquarius II 7, 353.
  2. NN, Liebfrauenkirche 28.
  3. Lehfeldt, Bau- und Kunstdenkmäler 612.
  4. Campignier, Rundgang 51 (übers.).
  5. Pauly, Stifte 488 (B).
  6. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.2, 338 mit Abb. 203.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 284 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0028407.