Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)
Nr. 255 St. Goar, Evang. Stiftskirche 1597
Beschreibung
Epitaph für Anna Maria Schott, im westlichsten Joch des südlichen Seitenschiffs an der Wand befestigt. Rollwerktafel aus rotem Sandstein mit eingelegter Schieferplatte, darauf die Sterbeinschrift (A) in fünf Zeilen, gefolgt von einer zweizeiligen Spruchinschrift (B). Die Buchstaben sind golden gefaßt, der Rahmen ist leicht beschädigt.
Maße: H. 39, B. 60, Bu. 2 cm.
Schriftart(en): Kapitalis (A, B), Fraktur (A) und humanistische Minuskel (B).
- A
ANNO CHR(IST)I · M · D · XCVII · den XXI · De=/cembris, ist im herren see- liglich Endtschaf=fena), Anna Maria, Reinhard Schottenb), / Döchterlein Seines Alters VII. Jar vnnd / VII. wochna)
- B
Ps(almus) XC · / Transit(us) celer est. et auolam(us)1)
Übersetzung:
Die Verwandlung geschieht schnell, und wir fliegen davon.
Textkritischer Apparat
- Sic!
- Scholten Ensgraber.
Anmerkungen
- Der Text ist in dieser Form weder in Ps 90 noch anderswo in der Bibel nachweisbar. Es handelt sich offenbar um eine Rückübersetzung des Psalms 90,10 der Luther-Bibel "Denn es feret schnell da hin / als flögen wir dauon", und zwar in Kenntnis des alten Hieronymustextes von Ps. 89,10 "quoniam transivimus cito et avolavimus" bzw. mit entsprechender Futurkonstruktion.
- Vgl. Nr. 248.
Nachweise
- Ensgraber, Chronik 209.
Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 255 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0025504.
Kommentar
Die höchst qualitätvoll ausgeführte Inschrift zeigt trotz ihrer Kürze eindrucksvoll die Möglichkeiten der Verwendung dreier zeitgenössischer Schriftarten: Kapitalis mit deutlicher Linksschrägenverstärkung für die Datumszeile und die Zahlzeichen, Fraktur für den deutschen Text und humanistische Minuskel für die lateinische Spruchinschrift. Satzzeichen haben die früheren Worttrenner abgelöst, sie kommen als Quadrangeln bzw. Punkte nur noch bei der Kapitalis vor.
Anna Maria war eine Tochter des Reinhard Schott, der seinem im gleichen Jahr verstorbenen Vater ein Epitaph2) setzen ließ. Beide Todesfälle dürften mit der 1597 im Rheintal grassierenden Pest zusammenhängen.