Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 226 Boppard, Städtisches Museum zw. 1573 und 1578

Beschreibung

Fragment einer Inschriftentafel von einem Epitaphaltar für Margaretha NN., seit unbekanntem Zeitpunkt im Magazin des Städtischen Museums in der ehemaligen Kurfürstlichen Burg (Inv.-Nr. K II, 26)1). Querrechteckiges Fragment aus Schiefer mit Sterbe-, Altarstiftungs- und Spruchinschrift zwischen fünf vorlinierten Zeilen. Aufgrund der Befestigungsspuren an den geraden Rändern (und des anzunehmenden Textverlustes) dürfte ein gutes Drittel des rechten Teils der Tafel fehlen.

Maße: H. 14,5, B. 24 (frgm.), Bu. 2 cm.

Schriftart(en): Kapitalis.

Bild zur Katalognummer 226: Fragment der Inschriftentafel des Epitaphaltars für Margaretha NN.

Dr. Eberhard J. Nikitsch (ADW) [1/2]

Bild zur Katalognummer 226: Nahaufnahme des Fragment der Inschriftentafel des Epitaphaltar für Margaretha NN.,nach rechts geneigte Kapitalis
  1. AN(N)O 15[7.a) DI]E 4 IVN[II - - -]/SIMA FOEMINA MARGAR[ETA - - - CVIVSb)] / HAEREDES ARA(M) HANC D[EDICAVERVNTb) - - -]/VENS VALENSQ(V)E PLVSc) [- - -]/RVMQ(V)E INOPIAE SVBLE[- - -]

Übersetzung:

Im Jahr 15(7.) am 4. Juni starb die (...) Frau Margareta NN., deren Erben diesen Altar aufgestellt haben (...).

Kommentar

Die schlanke, stark nach rechts geneigte Kapitalis zeigt durchgehend Linksschrägenverstärkung sowie weit überstehende Serifen an den Buchstabenenden. Zudem fallen weitere Besonderheiten auf: spitzes A mit langer, exakt gearbeiteter Spitze2), C mit deutlicher Serife am oberen Bogenende und spitz auslaufendem unteren Bogenende, E mit deutlichen Serifen an allen Balkenenden, M mit etwa zur Zeilenmitte hochgezogenem Mittelteil, R mit leicht geschwungener und spitz unter die Grundlinie auslaufender Cauda sowie S mit steil stehendem Mittelteil und kleinerem oberem Bogen. Einige Versalien sind erhöht ausgeführt, Worttrenner fehlen.

Da die hervorragend ausgeführten Buchstaben der Tafel in allen Belangen mit den Merkmalen der Schrift aus der Werkstatt des gut bekannten Trierer Bildhauers Hans Ruprecht Hoffmann übereinstimmen3), ist mit großer Sicherheit anzunehmen, daß die Schrifttafel (und auch der zugehörige Altar) dort zwischen 1570 und 1600 hergestellt worden sind. Zudem dürfte die große Ähnlichkeit mit der Schrift auf der Schiefertafel für den Trierer Erzbischof Jakob III. von Eltz4) eine engere Datierung der Bopparder Tafel in die Frühzeit der Hoffmannschen Produktion erlauben. Dazu paßt die Lesung der 7 in der Jahreszahl. Mit der durch den Schriftvergleich gesicherten Zuweisung des bislang unbeachteten Fragmentes an die Hoffmann-Werkstatt5) kann deren Wirken erstmals auch am engeren Mittelrhein6) nachgewiesen werden.

Das Epitheton ist vermutlich zu HONESTISSIMA zu ergänzen, da die Alternative ILLVSTRISSIMA in Boppard nur für hochadelige Angehörige des Benediktinerinnen-Klosters Marienberg vorstellbar ist und dort dann geistliche Titel folgen. Als ursprünglicher Standort kommen daher entweder die vom Bopparder Bürgertum als Begräbnisstätte genutzte Pfarrkirche St. Severus oder das Karmeliterkloster in Frage.

Textkritischer Apparat

  1. Nach der 5 ist noch die untere Spitze eines Schrägschaftes zu erkennen; da dieser nicht unter die Grundlinie reicht, handelt es sich um eine 7. Danach folgt noch ein unterer rechter Bogenabschnitt, der zu den Ziffern 3, 5, 6, 8 paßt.
  2. Ergänzung hypothetisch.
  3. Vom Beginn des folgenden Wortes ist noch ein Schaft erkennbar.

Anmerkungen

  1. Herrn Vincenzo Cardinale, Leiter des Städtischen Museums, danke ich für seine freundliche Unterstützung.
  2. Zudem zieht sich der linke Schaft beim Anfangs-A unter die Grundlinie.
  3. Es fehlen lediglich unter die Grundlinie gezogene Schleifen. - Vgl. dazu und zum Folgenden ausführlich Fuchs, Schrift pass. mit dem Katalog der Merkmale S. 151f.
  4. Vgl. dazu ebd. 158f. mit Abb. 13.
  5. Vgl. dazu immer noch Balke, Hoffmann pass. sowie Schmid, Grabdenkmäler 535 Anm. 56 mit Hinweisen auf die neuere Literatur.
  6. Der spätestens seit 1567 in Trier arbeitende und 1616 verstorbene Hans Ruprecht Hoffmann schuf zahlreiche Altäre, Epitaphien, Kanzeln und Brunnen vor allem für Trier selbst sowie für die kurtrierischen Orte entlang der Mosel; allerdings lieferte er auch in die Eifel, den Hunsrück und an die Lahn, vereinzelt sogar nach Eltville im Rheingau und ins hohenlohische Öhringen; vgl. dazu Schmid, Grabdenkmäler 535f. und 552 mit der Karte 'Absatzgebiet der Werkstatt H. R. Hoffmanns'.

Nachweise

  1. Kdm. Rhein-Hunsrück 2.1, 417.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 226 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0022601.