Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis
Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.
DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)
Nr. 209† St. Goar, ehem. evang. Pfarrhaus 1564
Beschreibung
Spruchinschriften an einem der ehemaligen, in der Oberstraße gelegenen Pfarrhäuser. Es handelte sich offenbar um einen datierten, vierzeilig gereimten Spruch (A) und um ein darunter stehendes lateinisches Distichon (B). Erstmals 1697 überliefert, 1848 als verloren bezeichnet.
Nach Winkelmann.
- A
Was uns genommen hat der Brand Erstattet Gottes milde Hand Dem ich Johannes Erlebach Befehlen thu all meine Sach. 1564.a)
- B
Mille fluunt anni quingenti bisque triginta Unus et in cineres cum male versa fui.
Übersetzung:
Eintausend fünfhundert zweimal dreißig und ein Jahr (1561) waren verflossen, als ich durch ein Unglück in Asche verwandelt wurde.
Versmaß: Deutsche Reimverse (A), Distichon (B).
Textkritischer Apparat
- anno 1564 Grebel. - Ebd. ist die Jahreszahl von zwei Kreuzchen eingefaßt.
Anmerkungen
- Vgl. dazu und zum Folgenden Grebel 96f. und 411f.
- Vgl. zu ihm Pauly, Stifte 174f. und Rosenkranz, Rheinland 2, 119. - Auf seiner neu aufgefundenen Grabplatte wird Erlenbach dagegen als aus Homberg stammend bezeichnet; vgl. dazu Nr. 234.
- Dieses Haus stand nach Grebel 373 "an der Stelle des jetzt (1848 d. Verf.) der Wittwe Gutenberg gehörigen Hauses".
Nachweise
- Winkelmann, Beschreibung 118.
- Knoch, Antiquitates § 135.
- Grebel, St. Goar 412.
- Nikitsch, Inschriften 39.
Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 209† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0020903.
Kommentar
Das Distichon bezieht sich auf einen durch das St. Goarer Ratsprotokoll gut bezeugten Großbrand1), der am 8. November 1561 im Gasthaus "Zum Helm" ausbrach und den überwiegenden Teil der die Pfarrkirche umgebenden Häuser zerstörte. Bei dem in der Inschrift erwähnten, abgebrannten Gebäude handelt es sich um eines der beiden ehemaligen Stiftshäuser in der Obergasse, die nach Einführung der Reformation an protestantische Geistliche als Wohnsitz gegeben wurden. Der vermutlich 1523 in Weilburg (Lkrs. Limburg-Weilburg) geborene Johannes Erlenbach2) amtierte nach seinen Studien in Marburg bis zu seinem Tod 1587 als Pfarrer an der ehemaligen Stiftskirche St. Goar. Er erhielt jenes Gebäude als Pfarrhaus zugesprochen, das früher dem Inhaber der St. Antonius-Vikarie zustand. Die an dem 1564 wiederaufgebauten Haus3) angebrachten, Gottvertrauen vermittelnden Sprüche dürften von ihm selbst verfaßt worden sein.