Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 194† Boppard, Kath. Pfarrkirche St. Severus 1547

Beschreibung

Grabdenkmal des kurtrierischen Zollbeamten Christoph Eschenfelder. Im Jahr 1773 durch d'Hame "in ecclesia parochiali Boppardiae" nur in Abschrift ohne weitere Beschreibung überliefert, ist es seit unbekannter Zeit verschollen. Vermutlich war das "Epitaphium" mit der von d'Hame als Nachzeichnung beigegebenen Marke im Wappenschild ("insignia Eschenfelderi") versehen.

Nach d'Hame.

  1. Hic sua Christophorus tegit Eschenfeldius ossa Qui pietate fuit magnus et ingenio Trevericis qui principibus dum vita manebat Consilio curis profuit atque fide Hunc Boppardia praefectum celebremque telonama) Lustris plus octo vidit adesse sibi Dilectus populo vixit sine labe quaerelae Ullius iustaeb) pacis amator erat Hunc desiderius scriptis celebravit Erasmus Atque aliquorum fama probata viget Quinquaginta annos servans connubia prima Tandem convivis iubila grata dedit Huic postquam vitae bis septem lustra peregit Annos et septem transiit ad superos

    Anno domini 1547 27 Aprilis

Übersetzung:

Hier hat Christoph Eschenfelder seine Knochen bedeckt, der groß war an Frömmigkeit und Begabung, und der den Trierer Fürsten während seines ganzen Lebens durch Rat, Bemühungen und Treue nützte. Diesen sah Boppard als Amtmann und es sah ihn mehr als acht Lustren (40 Jahre) als Vorsteher des bedeutenden Zollhauses. Er lebte vom Volk geliebt ohne die Schande irgendeiner berechtigten Klage und war ein Liebhaber des Friedens. Diesen hat Erasmus voll Sehnsucht mit Schriften gefeiert und sein trefflicher Rat blühte für so manchen. Fünfzig Jahre bewahrte er die erste Ehe und gab endlich für die Gäste eine schöne Jubelfeier. Nachdem er zweimal sieben Lustren und sieben Jahre (77 Jahre) seines Lebens vollbracht hatte, ging er zu den Himmlischen hinüber. Im Jahr des Herrn 1547, am 27. April.

Versmaß: Sieben Distichen.

Wappen:
Eschenfelder1)

Kommentar

Der laut Inschrift im Jahr 1470 geborene Christoph Eschenfelder stammte offensichtlich aus dem hessischen (Groß-)Gerau2) und wird erstmals 1502 als Mainzer Notar im Bezirk Limburg bezeugt. Am 1. August 1513 zum kurtrierischen Zollschreiber und später auch zum Amtmann in Boppard ernannt, übernahm er ab 1519 zusätzlich noch die Verwaltung des ehemals sponheimischen Zollanteils. Seine bedeutende Position in der kurfürstlich-trierischen Finanzverwaltung hinderte ihn offenbar nicht daran, literarische und philosophische Studien zu treiben, die zu einem ungewöhnlichen Zusammentreffen führten: Als Erasmus von Rotterdam im Jahr 1518 während einer Schiffsreise an der Bopparder Zollstelle Halt machen mußte, wurde er von Eschenfelder erkannt und ins Haus gebeten, wo unter den Zollpapieren die Bücher des Erasmus lagen. Die kurze, aber intensive Begegnung muß auf den berühmten Humanisten einen nachhaltigen Eindruck hinterlassen haben, da er mit dem gebildeten Bopparder Zollschreiber nicht nur einen langjährigen Briefwechsel3) begann, sondern ihm auch seine letzte Schrift "De puritate ecclesiae Christianae" widmete. Zudem wurde Eschenfelder durch die Bekanntschaft mit Erasmus - gemeinsam mit dem ebenfalls humanistisch tätigen Bopparder Johann Flaming4) - schnell zum Anlaufpunkt für die den Rhein bereisenden Humanisten.

Aus der langen Ehe mit seiner Frau Elisabeth hatte Eschenfelder drei Söhne, die später zum Teil ebenfalls als Zollbeamte tätig waren. Seine sonst nicht bezeugte Tochter Elisabeth wird 1511 unter den "religiosae nobiles" des oberhalb Boppards gelegenen Benediktinerinnen-Klosters Marienberg genannt5).

Textkritischer Apparat

  1. Sic! Das Wort telona läßt sich sonst nicht nachweisen; es handelt sich um eine Abwandlung von teloneum.
  2. Nur an dieser Stelle setzt der Überlieferer einen Punkt auf die Zeilenmitte; deshalb wurde der Punkt als Zäsur im Vers und als Sinntrenner verstanden.

Anmerkungen

  1. Marke Nr. 14.
  2. Vgl. zum Folgenden Heyen, Eschenfelder pass., Volk, Boppard 205 und Frauenberger, Bürgerbuch 1, 172.
  3. Humanistischen Gepflogenheiten nach nannte er ihn Ciniscampius; vgl. dazu Keil, Humanisten 186-189 und 41ff.
  4. Vgl. zu ihm ausführlich Nr. 189.
  5. Vgl. d'Hame 425. - Dies war offensichtlich der Anlaß für den damaligen Marienberger Schaffner, die sonst nicht überlieferte Grabinschrift ihres Vaters abzuschreiben und in sein umfangreiches Werk mitaufzunehmen.

Nachweise

  1. d'Hame, Confluvium II 2, 426.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 194† (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0019400.