Inschriftenkatalog: Rhein-Hunsrück Kreis

Katalogartikel in chronologischer Reihenfolge.

DI 60: Rhein-Hunsrück-Kreis I (2004)

Nr. 186 St. Goar, Evang. Stiftskirche 1.V.16.Jh.?

Beschreibung

Grabplatte des Schultheißen Johann Thebis. Entdeckt im Juli 2000 während Ausschachtungsarbeiten zum Einbau einer Kirchenheizung, gegenwärtig in der Krypta rechts neben der Treppe zum Kirchenschiff aufbewahrt. Die in zwei großen Teilen aufgefundene Platte diente als Füllmaterial einer bis dahin unbekannten Gruft im westlichen Mittelschiff. Große Platte aus gelbem Sandstein mit Umschrift auf erhöhten Leisten, im vertieften Feld unter Maßwerkbogen reliefierte Figur des Verstorbenen in bürgerlicher Tracht mit Hut und pelzbesetztem Mantel, dazu einen Rosenkranz in den gefalteten Händen. In der linken oberen Ecke Marke im Wappenschild. Stark abgetreten, zudem fehlt ein großer Teil der rechten Seite, dadurch auch Verlust der zweiten Marke.

H. 200, B. 95, Bu. 7 cm. - Gotische Minuskel mit Versalien. Abb. 153

Bild zur Katalognummer 186: stark beschädigte Grabplatte des Schultheißen Johann Thebis

Dr. Eberhard J. Nikitsch (ADW) [1/1]

  1. Im jar [- - - / - - - d]ag des heiligen bab/sta) ist gestorben der ersame / Meister Johan Thebis der Iunge dem Got genedig sy amen

Wappen:
Johann Thebis1)

Kommentar

Die Versalien der sorgfältig ausgeführten, schlanken Minuskel weisen durch ihre als Schwellzüge gestalteten Schäfte charakteristische Elemente der Fraktur auf.

Ein Johann Thebis wird am 21. Dezember 1492 und am 10. Mai 1493 als landgräflich-hessischer Schultheiß zu St. Goar erwähnt2). Darüberhinaus ist über die weitere Dauer seiner Amtszeit und seine sonstigen biographischen Daten nichts bekannt. Sollte es sich bei dem Verstorbenen um den Schultheißen von St. Goar (und nicht um seinen Sohn) gehandelt haben, unterstreicht die aufwendige und qualitätvolle Ausführung der Grabplatte seine Stellung als ranghöchster Vertreter des Stadtherrn. Die vorgenommene Datierung orientiert sich sowohl an der Verwendung der frakturähnlichen Versalien als auch am frühen Gebrauch der deutschen Sprache3).

Textkritischer Apparat

  1. Die eigenwillige Formulierung des Datums folgt der Konstruktion "an dem dienstage vor sancte Giorgindage des heiligin babistis"; vgl. Grotefend, Zeitrechnung I 73. Obwohl aus den Buchstabenresten kein Heiligenname zu rekonstruieren ist, dürfte auch hier wegen der Prominenz dieses Papstes der Gregorstag (12. März) gemeint sein.

Anmerkungen

  1. Marke Nr. 13.
  2. Vgl. dazu Demandt, Rheinzollerbe 1, Nr. 27 und ders., Personenstaat 2, Nr. 3016.
  3. Vgl. dazu Einleitung Kap. 4.1.3.

Zitierhinweis:
DI 60, Rhein-Hunsrück-Kreis I, Nr. 186 (Eberhard J. Nikitsch), in: www.inschriften.net, urn:nbn:de:0238-di060mz08k0018607.